Ein Vollidiot kommt selten allein! - Rick ; Bd. 4
ein Seehund vorwärtsrobbe …«
»Dann tauchst du mit der Rübe zuerst ins Eiswasser.
Das ist so sicher, wie Gismos Püpse stinken«, fiel er mir ins
Wort. »Nein, kommt nicht infrage. Wir müssen ihn irgendwie
vom Eis herunterlocken.«
»Wie wär’s, wenn wir ihn mit Schneebällen bewerfen
und ihn so auf die andere Uferseite treiben? Oder noch besser: Ich werfe ihn ab und du wartest drüben und schnappst
ihn dir.«
Finn schwieg, und ich dachte schon, ihm würden mal
wieder tausend Dinge einfallen, die dagegensprachen. Aber
dann zuckte er seufzend mit den Schultern. »Es könnte
sein, dass er einbricht, wenn er sich ruckartig bewegt.
Andererseits ist das vielleicht die einzige Chance, die wir
haben. Okay, probieren wir’s!« Und schon rannte er davon.
Ich formte aus dem Schnee einen Vorrat an Munition,
legte mir die Bälle in einer Reihe auf dem Brückengeländer
zurecht und wartete darauf, dass Finns schmaler Körper
am anderen Ufer auftauchte.
»Alles klar, es kann losgehen!«, rief er mir zu.
Ich holte aus und – WUMMS – erwischte ich Gismo genau
an seinem dicken Katerpo. Bevor er überhaupt schnallte,
wo die Hinternattacke hergekommen war, hatte ich schon
die nächsten drei Schneebälle auf ihn abgefeuert. Beim
fünften zog er voll durch und sprintete los.
Wow, wie eine Hummel, ging es mir durch den Kopf. Eine
dicke, schwarz-grau gestreifte Hummel auf vier Beinen.
Mein Plan ging auf. Alles lief super. Absolut perfekt. Rick
Michalski ist ein Genie. Jawohl. Morgen wird auf der Titelseite
der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung groß zu
lesen sein, was für genialer Typ ich doch bin, dachte ich zufrieden.
Doch da passierte es: Ein paar Meter vor Finn und dem
rettenden Ufer ertönte ein Knacken und dann war Gismo
plötzlich aus meinem Sichtfeld verschwunden. Leider nicht vom Erdboden verschluckt, sondern wohl eher vom
eisigen Teich.
Finn kreischte wie verrückt und ich gab Vollgas.
Ich kam drüben an, als Finn sich bereits ein paar
Schritte aufs Eis gewagt hatte. Er lag flach auf dem Bauch
und robbte vorsichtig vorwärts. An dieser Stelle war das
Wasser unter dem Eis noch nicht so tief, dass man nicht
mehr stehen konnte. Das wusste ich von einem nicht ganz
freiwilligen Bad, das ich hier letzten Sommer genommen
hatte. Trotzdem schrie ich ihn an: »Bist du irre?! Komm
sofort vom Eis runter!«
Außerdem war das mein Plan gewesen. Doch Finn, dieser
Oberblassbackendickschädel, wollte einfach nicht hören.
Also musste ich hinterher. Ich nahm Anlauf und schlitterte
so weit wie möglich aufs Eis. Es knirschte und knackte,
aber es hielt. Jetzt sah ich auch deutlich das Loch, in dem
Gismo verschwunden sein musste. Selbst wenn wir hier
stehen konnten, der übergewichtige Kater hatte dafür eindeutig
zu kurze Stummelbeine. Das war schon mal klar.
Langsam ging ich in die Hocke und pflanzte mich auf
den Boden. Ich atmete noch einmal tief durch und rutschte
dann Zentimeter für Zentimeter vorwärts, bis ich das Loch
erreicht hatte.
Finn lag ein Stückchen entfernt von mir und schaute mir
gebannt zu. »Rick, was hast du vor?«, keuchte er.
»Gismo retten. Was denn sonst?«, gab ich zurück. »Sieh
zu, dass du vom Eis kommst und Hilfe holst. Lauf zu Linda
zurück. Schnell!«
Und, oh Wunder, Finn gehorchte. Er kroch ans Ufer zurück
und rannte los. »Ich verständige die Feuerwehr!«, rief
er mir noch zu. Dann hatte die Dunkelheit ihn verschluckt.
Ich hatte nun fast das Loch erreicht und langsam, aber
sicher machte sich eine fiese Angst in mir breit, dass es zu
spät sein könnte, dass Gismo längst … Unsinn. An so etwas
durfte ich gar nicht denken. Gismo war ein Wunderkater.
Germany’s next Topcat!
Das Eis unter mir knarrte heftig. Es glich quasi dem achten
Weltwunder, dass es nicht längst weggebrochen war.
Aber es hielt. Heiliger Eiszacken, es hielt!
Dann hatte ich endlich meine Hände samt Unterarmen
so weit nach vorn in Position gebracht, dass ich ins Wasserloch
greifen konnte. Doch da war nichts. Keine Spur von
Gismo. Ich war zu spät gekommen.
Panik stieg in mir auf. Und eine unglaubliche Wut. Und
Verzweiflung. Das durfte nicht sein! Unser dicker Pupskater
durfte nicht ertrunken sein. Was sollten wir denn ohne
Gismo anfangen?
Und Wutz? Und ich? Ich meine, ich kannte Gismo schon
fast mein ganzes Leben. Er war so etwas wie mein tierischer
Bruder. Nein, das durfte ich nicht zulassen. Auch
wenn ich echt stocksauer auf ihn war wegen dieser ganzen
Abhauaktion und der Schramme, die er mir vorhin
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