Ein Vollidiot kommt selten allein! - Rick ; Bd. 4
Willi Wiesel bahnte Finn sich
einen Weg durch die langsam vor sich hin schleichenden
Autos und war auch schon auf der anderen Straßenseite
angekommen.
Unbeweglich stand ich da und sah zu, wie Finn sich Gismo
packte und ihn mit beiden Armen fest an die Brust presste.
Heiße Erleichterungstränen stahlen sich mir in die Augen.
Und als hätte der Himmel während unserer Katersuchaktion
vor Spannung die Luft angehalten, fing es plötzlich
wieder zu schneien an. Dicke Flocken schwebten leise und
sacht zur Erde. Und auf einmal war mir irgendwie sehr
weihnachtlich zumute.
Aber bevor ich noch damit anfing, vor Rührung
Vom
Himmel hoch, da komm ich her
zu trällern, ging ich lieber
zu Finn auf die andere Straßenseite und klopfte ihm anerkennend
auf die Schulter.
»Klasse gemacht, Finn«, flüsterte ich. »Jetzt wird alles
wieder gut.« Und in diesem Moment, da war er für mich
der größte Held aller Zeiten.
Hätte ich geahnt, dass wir Lichtjahre vom Ende-gut-alles-gut entfernt waren, meine Weihnachtsstimmung wäre
schlagartig in Friedhofsstimmung umgeschlagen.
Weder Finn noch ich hatten in der Aufregung daran gedacht,
unsere Handys für die Katzensuche mitzunehmen.
Und den ganzen Weg nach Hause wieder zurückzulaufen,
so nass, arschkalt und komplett erledigt, wie wir waren,
dazu hatten wir echt keinen Bock. Also drückte Finn mir
den pitschnassen Kater auf den Arm und verschwand
zum Telefonieren in das Restaurant
Die Insel
, das sich ein
Stückchen entfernt am Maschsee befand. Ich krallte meine
Finger in Gismos Fell und betete, dass nicht irgend so ein
blöder Riesenkarpfen auf die Idee kam, aus dem Wasser zu
springen und mir den dicken Katerleckerbissen zu entreißen.
Wer die Karpfen im Maschsee kennt, der weiß, dass diese Sorge nicht ganz unbegründet war. Na ja, und bei
meinem Pech momentan …
Aber alles ging gut. Die Karpfen blieben artig in ihrem
See, die Hundemeute jagte lieber den Fuchs statt Gismo,
und Finn kam zurück und meinte, dass seine Mutter auf
dem Weg sei, um uns abzuholen. Alles war auf einmal irgendwie
paletti.
Es dauerte auch wirklich nicht lange, bis Lindas Auto
am Straßenrand anhielt und sie wie ein aufgescheuchtes
Huhn auf uns zugestürmt kam.
»Waschnenpassier?«, fragte sie hektisch.
»Waschnenpassier?«, raunte ich Finn zu. »Was ist Waschnenpassier?«
»Sie hat sich so aufgeregt«, erklärte er mir, während wir
uns mit Gismo auf den Rücksitz pflanzten. »Da redet sie
manchmal ein bisschen komisches Zeug.«
Na ja, mir egal, Hauptsache, es geht nach Hause, dachte
ich, als ich mich ins Polster kuschelte und Linda den Wagen
startete. Aber El Nixo! Das Auto schlitterte nur ein paar
Zentimeter hin und her und das war’s dann.
Linda stöhnte genervt und gab Vollgas. Ich hatte ja noch
keinen Führerschein, aber mal ehrlich, ob Vollgas die passende
Reaktion auf Eis und Schnee war?
Wir schlitterten ein wenig mit der Schnauze nach links
und standen schließlich quer auf der Straße.
»Oh Gott, oh Gott!«, rief Linda panisch, so als ob der uns
jetzt großartig helfen könnte.
Hinter uns hupte es. Linda ließ das Fenster runter und keifte: »Was soll das denn? Meinen Sie, ich stehe hier, weil es mir Spaß macht, oder was?!«
Dann gab sie wieder Vollgas. So lange, bis wir uns einmal
komplett gedreht hatten. Okay, jetzt standen wir wenigstens
wieder am Straßenrand, wenn auch verkehrt herum.
Die anderen Autos tuckerten langsam an uns vorbei und
Linda ließ verzweifelt den Kopf auf das Lenkrad sinken.
»Warum?«
Ähm … weil die Auto fahren können, Linda-Schatzi, und
du
nicht?
Das sagte ich natürlich nicht. War ja nicht lebensmüde.
Finn war auch ungewöhnlich still. Normalerweise hatte
er doch für jede Situation einen superintelligenten Ratschlag auf Lager.
»Vielleicht solltest du Pa anrufen«, traute ich mich vorzuschlagen.
»Aber sicher«, fauchte Linda angepisst. »Weil Männer
besser Auto fahren können, oder was willst du mir damit sagen?!«
Ihre Augen funkelten so zornig, und ihre Unterlippe
zuckte so verdächtig, dass ich mir jeden weiteren Kommentar verkniff.
Linda stieg aus und stampfte einmal ums Auto herum.
Zwei Spaziergänger erbarmten sich schließlich und boten
ihre Hilfe an. Und auch ich drückte Finn den Kater auf den
Schoß und stieg aus. Mit vereinten Kräften versuchten wir,
Lindas kleine Knutschkiste aus der eisigen Schneeverwehung
zu schieben. Als ich schon keine Luft mehr bekam und trotz der Kälte in Schweiß ausbrach, da tuckerte das
Auto mit Linda
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