Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
liegen sah. »Maria hat eines – auch wenn sie es nie benutzt.« Er und seine Frau wechselten bedeutungsvolle Blicke, die Minerva auf die Nerven gingen.
»Ich will gar kein eigenes«, erklärte sie. »Ich bin glücklich mit einem gemeinsamen.«
»Außerdem werden sie Zimmer für ihre Kinder brauchen«, warf die Großmutter ein. »In diesen Stadthäusern sind die Räume immer knapp.«
Ihre Bemerkung ließ Minerva innehalten. Wie sollten Kinder in diesem Haus aufwachsen, wenn die Eltern uneins waren? Es erinnerte sie viel zu sehr an das Leben mit ihren Eltern.
Der Gedanke war ihr unerträglich. »Kommt, ich zeige euch den Garten!«
Oliver hakte sich bei ihr unter, als hätte er ihre plötzliche Missstimmung gespürt. »Er geht doch wohl nicht jeden Abend aus und lässt dich hier allein, oder?«
»Natürlich nicht«, entgegnete sie leichthin.
»Er geht nicht einmal in seinen Klub?«, hakte Oliver überrascht nach.
»Er kommt nach der Arbeit gleich nach Hause und isst mit mir zu Abend«, erklärte sie. »Du musst dir keine Sorgen machen.«
»Freut mich zu hören«, entgegnete er, auch wenn er nicht ganz überzeugt zu sein schien.
»Selbst Oliver sucht gelegentlich seinen Klub auf.« Maria schenkte ihrem Mann ein Lächeln. »Aber er bleibt nie lange.«
»Dazu besteht auch kein Grund«, sagte Oliver und tätschelte ihre Hand. »Ich habe alle Unterhaltung zu Hause, die ich mir nur wünschen kann.«
Gabe und Celia schnaubten, doch Minerva verspürte einen Anflug von Verzweiflung. Dachte Giles wie Oliver? War er lieber mit ihr zu Hause als in seinem Klub? Oder wollte er in der Anfangszeit nur den Schein wahren? Würde er schon bald jeden Abend ausgehen, um Zerstreuung zu suchen?
Sie wünschte sich, dass ihre Ehe mit der Zeit wurde wie die ihres Bruders, aber Oliver und Maria waren verliebt – und Giles war es nicht.
Dennoch, er hatte versprochen, ihr treu zu sein. Er hatte ihr allerdings auch versprochen, sie nicht zu belügen, und dieses Versprechen hatte er bereits kurz nach ihrer Hochzeit gebrochen.
»Was für ein Zimmer ist das denn?«, fragte Gabe, als sie auf dem Weg in den Garten an einer geschlossenen Tür vorbeikamen.
»Giles’ Arbeitszimmer.«
Gabe öffnete die Zimmertür und ging hinein.
Giles hatte nie gesagt, sie dürfe den Raum nicht betreten, doch er hatte sie auch noch niemals hereingebeten. Als sie ihn kurz nach der Rückkehr aus Calais das erste Mal dort aufgesucht hatte, war er in seinem Sessel hochgeschreckt, hatte rasch etwas in eine Schreibtischschublade gesteckt und sie ziemlich kurz angebunden gefragt, was sie von ihm wolle.
Später war sie noch einmal hineingegangen, weil sie hatte wissen wollen, was er vor ihr versteckt hatte. Doch sämtliche Schubladen seines Schreibtischs waren abgeschlossen gewesen. Es hatte ihr einmal mehr schmerzlich bewusst gemacht, dass sie nicht in alle Aspekte seines Lebens eingeweiht war. Danach hatte sie das Zimmer nie wieder betreten.
Das war wahrscheinlich der Grund, warum ihr nicht ganz wohl war, als ihre Familie nun hineindrängte. Was absolut lächerlich war. Schließlich war Giles nicht Ritter Blaubart und hatte keine toten Frauen in seinem Kabinett versteckt oder so etwas.
»Großer Gott!«, rief Gabe. »Seht euch das an! Er ist ja genauso schlimm wie du!«
Minerva stutzte, dann ließ sie den Blick über die Regale schweifen, in denen die Bücher ordentlich nach ihrer Gattung und alphabetisch nach den Autorennamen sortiert waren. Auf dem Schreibtisch stand das Tintenfass in einer geraden Linie neben dem Federhalter und den Wachssiegeln. Sie hatte sich nichts dabei gedacht, als sie es erstmals gesehen hatte, doch nun brach sie in Gelächter aus. Alles war genauso angeordnet wie auf ihrem Schreibtisch. Giles und sie hatten offensichtlich beide gern die Kontrolle über ihre Umgebung.
Celia kicherte. »Gabe kann sich nicht vorstellen, dass jemandem Ordnung lieber ist als das Durcheinander auf seinem Schreibtisch.«
Gabe runzelte die Stirn. »Ich mag es nur nicht, wenn die Dinge irgendwo versteckt sind, wo ich sie nicht finden kann.«
»Was bedeutet, dass du sie auf sämtlichen verfügbaren Flächen ausbreitest«, erwiderte Celia und lächelte Minerva an. »Ich für meinen Teil finde es hinreißend, dass ihr beide in euren Arbeitszimmern so vorbildlich Ordnung haltet.«
»Danke, Schwesterherz.« Schade nur, dass in ihrer Ehe keine solche Ordnung herrschte!
»Da fragt man sich, wie es bei euch im Bett zugeht«, bemerkte Gabe. »Wahrscheinlich
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