Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
Ravenswood getroffen, dem Untersekretär des …«
»Ich weiß, wer er ist«, sagte sie. »Die beiden sind alte Freunde. Sie kennen sich seit der Schulzeit.«
»Alte Freunde treffen sich aber nicht bei Tagesanbruch in einem Bootshaus im Hyde Park. Sie kommen und gehen nicht getrennt. Und sie betreiben nicht so einen enormen Aufwand, um nicht zusammen gesehen zu werden.«
Minerva rang nach Atem. Sie war erschüttert. Warum wollten die beiden nicht zusammen gesehen werden? Schließlich waren sie auf der Hochzeit doch noch ganz freundschaftlich miteinander umgegangen. Was hatte das zu bedeuten? »Haben Sie zufällig gehört, was …«
»Was zum Teufel machen Sie hier mit meiner Frau, Pinter?«, wetterte plötzlich eine vertraute Stimme.
Minerva und Mr Pinter fuhren erschrocken auf. Mit klopfendem Herzen sah sie zu Giles auf, der grollend im Türrahmen stand. Erst in diesem Moment wurde ihr klar, wie es aussehen musste, dass Mr Pinter neben ihr auf dem Sofa saß und sie miteinander tuschelten, als tauschten sie Vertraulichkeiten aus.
Dann unterdrückte sie ihre Schuldgefühle jedoch. Sie hatte nichts Böses getan. Sie hatte das Recht, sich jederzeit mit Mr Pinter zu beraten, wenn sie es wünschte. Und es war ja nun nicht so, als kümmerte es Giles wirklich, wie sie ihre Zeit verbrachte.
Obwohl er nun den Eindruck machte, als kümmerte es ihn sehr wohl. Er schien förmlich zu kochen vor Wut.
Mr Pinter erhob sich jählings. »Ich wollte den Frischvermählten einen kleinen Besuch abstatten«, log er souverän. »Aber Sie waren nicht da, als ich eintraf.«
Giles’ Zorn schien keinen Deut nachzulassen. »Und da dachten Sie, Sie könnten sich während meiner Abwesenheit an meine Frau heranmachen?«
»Giles!« Minerva sprang auf. »Sei nicht so unhöflich!«
Ihr Mann kam mit zusammengekniffenen Augen auf sie zu. »Ich kann sein, wie ich will! Das ist
mein
Haus und
mein
Arbeitszimmer, und du bist
meine
Frau.«
»Das ist
unser
Haus«, sagte sie bestimmt. »Jedenfalls dachte ich das, als du mich geheiratet hast.«
»Ich … äh … sollte mich verabschieden«, murmelte Mr Pinter und ging zur Tür.
»Gute Idee«, stieß Giles hervor, ohne Minerva aus den Augen zu lassen. Als Mr Pinter an ihm vorbeiging, wandte er sich ihm jedoch zu und knurrte: »Wenn ich Sie noch ein Mal allein mit meiner Frau erwische, prügele ich Sie windelweich, haben Sie das verstanden?«
»Oh, ich habe Sie sehr gut verstanden, Sir«, entgegnete Mr Pinter. Doch als er den Raum verließ, sah Minerva ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen.
Natürlich war er amüsiert. Männer fanden solch ein besitzergreifendes Getue bei anderen immer amüsant. Doch obwohl sie Eifersucht bisher für eine rüpelhafte, unzivilisierte Regung gehalten hatte, fand Minerva sie bei Giles ziemlich aufregend. Es war das erste Zeichen dafür, dass sie vielleicht doch mehr für ihn war als eine bloße Annehmlichkeit.
Was jedoch nicht bedeutete, dass sie ihm sein Verhalten durchgehen lassen wollte. Kaum war unten die Haustür ins Schloss gefallen, sagte sie: »Du benimmst dich wirklich lächerlich. Und was machst du überhaupt schon so früh zu Hause? Es ist nicht einmal drei Uhr.«
Das schien ihn nur noch mehr zu ärgern. »Der Prozess war um die Mittagszeit vorbei, und ich Narr dachte, ich komme schnell nach Hause und verbringe Zeit mit meiner Frau. Ich wusste ja nicht, dass du andere Pläne hast.«
»Ich hoffe, du willst damit nicht andeuten, dass ich etwas Unrechtes getan habe!«
»Er saß praktisch auf deinem Schoß!«
»Was für ein Unsinn! Ich kann nicht glauben, dass du eifersüchtig auf Mr Pinter bist.«
»Ich bin nicht eifersüchtig!«
»Wie willst du diesen männlichen Temperamentsausbruch denn sonst nennen?«
Giles kam mit finsterem Blick auf sie zu und zwang sie zurückzuweichen. »Ich habe lediglich mein Recht als Ehemann geltend gemacht, das ist alles. Immerhin habt ihr sehr vertraut getan, als ich hereinkam.«
»Er ist ein Freund der Familie!« Sie wusste nicht so recht, ob sie sich über Giles’ Verhalten freuen oder ärgern sollte. »Wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis!«
»Ein gutes Verhältnis! So nennst du es, wenn ein Mann viel zu nah bei dir sitzt und dir etwas ins Ohr flüstert und kurz davorsteht, dich zu küssen?«
Sie musste über das ungeheuerliche Bild lachen, das er von dem prüden Mr Pinter zeichnete. »Du hast den Verstand verloren!«
»Ach, wirklich?« Er drängte sie gegen seinen Bücherschrank. »Du warst weitaus
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