Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
»Ich muss mir das Buch besorgen, von dem Sie sprachen. Es scheint nicht mehr zu genügen, sich nur mit dem Gesetz auszukennen, nicht wahr, Sir?«
»Sehr richtig.«
Mr Pitney verbeugte sich zum Abschied, und als er das Gebäude verließ, scharten sie sich um Giles.
»Erinnere mich daran, dass ich nie versuche, dich zu belügen!«, neckte Minerva ihn. »Deine Fähigkeit, die Wahrheit aufzudecken, ist beängstigend.«
»Sie waren brillant!«, schwärmte Maria. »Absolut brillant!«
»Wirklich?«, entgegnete er und sah Minerva fragend an.
»Das weißt du nur zu gut!«, sagte sie. »Tu nicht so bescheiden!«
Er zwinkerte ihr zu. »Heißt das, es ist mir gelungen, dich zu beeindrucken?«
»Ein wenig vielleicht«, räumte sie lächelnd ein.
»Das muss gefeiert werden! Es war meine einzige Verhandlung für heute, also habe ich den Nachmittag frei. Ich muss kurz in mein Büro, um mich umzuziehen, aber ich dachte, wir vier könnten danach vielleicht ein spätes Mittagessen zu uns nehmen. Ich weiß das perfekte Lokal dafür.«
»Gott sei Dank!«, seufzte Freddy. »Ich bin völlig ausgehungert.«
»Wie immer«, bemerkte Maria.
»Wir sollten Mr Jenks auch mitnehmen«, schlug Minerva vor, als sie sah, wie Giles’ Gehilfe den Blick senkte. »Er war uns heute eine große Hilfe, da wollen wir ihn doch nicht ausschließen.«
»Natürlich nicht«, sagte Giles. »Jenks, Sie kommen mit.«
»Vielen Dank, Sir.«
Als Giles Minerva am Arm nach draußen führte, flüsterte er ihr zu: »Du hast gerade einen Freund fürs Leben gewonnen. Anwaltsgehilfen verdienen nicht viel und lassen sich sehr gern zu einem guten Essen einladen.«
»Und du hast in Freddy einen Freund fürs Leben gefunden. Er lässt sich immer gern zu einem guten Essen einladen, ganz gleich, was er verdient.«
Der Kutscher fuhr Giles’ Kutsche vor, und sie zwängten sich alle hinein. Als sie losgefahren waren, sagte Maria: »Mr Masters, vielen Dank dafür, dass Sie uns zu dieser Verhandlung eingeladen haben!«
»War es aufregend genug für Sie, Lady Stoneville? Wie ich hörte, haben Sie eine Schwäche für besonders blutige, grausige Verbrechen.«
Maria errötete. »Nun, in dieser Hinsicht hat es vielleicht ein wenig gemangelt, doch es war dennoch schrecklich interessant. Und es war sehr clever von Ihnen zu erahnen, dass Miss Tuttle gelogen hatte.«
»Es war keine bloße Ahnung.« Er nahm seine Perücke ab und sah mit seinen zerzausten Haaren ganz hinreißend aus. »Jenks und ich haben einige Stunden in Ware verbracht und erfahren, dass die Dinge anders lagen, als sie zu sein schienen.«
»Aber wie bist du überhaupt darauf gekommen, dass du den Sachverhalt näher untersuchen solltest?«, fragte Minerva. »Die meisten hätten die Aussagen für bare Münze genommen. Sie hätten dem Coroner geglaubt und wären davon ausgegangen, dass die Zeugin die Wahrheit sagt.«
»Nicht Mr Masters!«, warf Mr Jenks mit einem Anflug von Stolz ein. »Er zählt nicht zu denen, die alles unbesehen glauben.«
»Mein Mandant hat von Anfang an beteuert, dass er unschuldig ist«, erklärte Giles. »Und ich wusste bereits, dass Tod durch Ertrinken schwerer zu beweisen ist, als viele meinen. Ich dachte, dass man in einem Städtchen wie Ware, wo jeder jeden kennt, die Wahrheit herausbekommen kann, wenn man die richtigen Fragen stellt. Ich habe nur ein paar Stunden gebraucht. Es war kein großer Aufwand.«
»Ich denke jedoch, viele Anwälte würden diese Mühe nicht auf sich nehmen«, sagte Maria.
»Mr Pitney jedenfalls nicht«, bemerkte Minerva. »Dabei hätte er sich besonders bemühen müssen, den Dingen auf den Grund zu gehen.«
»Da stimme ich Ihnen zu, Lady Minerva«, erklärte Mr Jenks entschieden. »Mr Pitney hat schlampig gearbeitet. Zumindest hätte er Miss Tuttle gründlicher verhören müssen.«
»Wir werden sehen, ob Sie immer noch so reden, wenn wir in die Etage der Kronanwälte aufgestiegen sind«, entgegnete Giles mit unverhohlener Belustigung. »Wie ich hörte, sind die Herren völlig mit Arbeit überladen. Vielleicht fehlt ihnen die Zeit, um so gründlich nachzuforschen wie wir.«
»Warum willst du dann überhaupt Kronanwalt werden?«, wollte Minerva wissen. »Ich nehme an, die Position ist eher politisch interessant als lukrativ.«
Er sah sie durchdringend an. »Ich möchte mehr tun, als nur Honorare kassieren. Ich will, dass Recht gesprochen wird, und vor allem, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird, was viel zu selten geschieht. In dieser Stadt gibt
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