Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
einbildet, an ihrer Körperfülle.
»Sag mal«, setze ich leise an und winde mich innerlich vor dem, was jetzt kommt, »ich weiß, das ist jetzt sehr persönlich, aber als ihr das letzte Mal miteinander geschlafen habt, ist da irgendwas Außergewöhnliches passiert?«
Sie knüllt das Taschentuch in der Faust zusammen und hält es sich vor den Mund. »Also, das war vor vier oder fünf Monaten«, erzählt sie kleinlaut, »wir waren essen, und ich fühlte mich schrecklich unwohl in meiner Haut, weil ich, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, mich zu beherrschen, ein riesengroßesStück Käsekuchen zum Dessert gegessen hatte. Wir sind dann nach Hause gegangen, und unten im Flur fing Stuart an mich zu küssen. Er hatte ein bisschen Wein getrunken, wir hatten beide was getrunken, aber er verträgt nicht so viel wie ich, vermutlich, weil er viel schmaler ist als ich. Aber egal, er knipste also das Licht im Flur an und wurde … na ja … etwas hitzig.«
Sie wird rot, und ich versuche, es ihr nicht gleichzutun. Mal abgesehen von letzter Nacht bin ich nicht gerade eine Sexexpertin, weshalb ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich nicht gerade völlig auf dem Holzweg bin. Aber ich habe da so eine Vermutung, und deshalb beiße ich jetzt die Zähne zusammen und stehe das durch. Ich nicke also, und sie holt tief Luft und fährt fort.
»Ich habe mich rübergebeugt und das Licht wieder ausgemacht und bin dann die Treppe hinaufgegangen. Stuart war direkt hinter mir. Ich hatte ein Kleid mit Reißverschluss am Rücken an, und den hat er auf dem Weg nach oben aufgemacht. Weil ich darunter figurformende Wäsche anhatte und nicht wollte, dass er das sieht, habe ich mich, sobald wir im Schlafzimmer waren, schnell unter einem Vorwand ins Bad verkrümelt. Und als ich dann zwanzig Minuten später in Nachthemd und Morgenmantel wieder herauskam, schlief er schon tief und fest. Er wollte mich einfach nicht …« Wieder schüttelt sie den Kopf.
Ich nehme ihre Hände in meine, als sie losschluchzt, und wundere mich, wie man sich so missverstehen kann. »Aber merkst du das denn nicht? Es ist nicht so, dass er dich nicht wollte, sondern du wolltest ihn nicht! Ihm ist es doch piepegal, ob du ein Miederhöschen trägst oder nicht; er ist dein Mann, und wenn du mich fragst, ist er vollkommen verrückt nach dir. Er wünscht sich eine selbstbewusste Frau, die sich sexy und geliebt und wohl in ihrer Haut fühlt, aber du willst dich ihm nicht mal in Unterwäsche zeigen!«
Jane schaut erst mich zweifelnd an und dann an sich herunter. »Aber ich habe in letzter Zeit ordentlich zugelegt. Um ganzezwei Kleidergrößen. Ich meine, er behauptet zwar immer, er liebt meine Kurven, aber wie soll man das hier attraktiv finden?« Und damit zerrt sie an den kleinen weichen Fettpölsterchen unter ihrem sackartigen T-Shirt und ihrer noch sackartigeren Hose.
»Ähm, weil er dich liebt, Dummerchen?« Ich lache und boxe ihr spielerisch gegen den Arm. »Und als er dich geheiratet hat, da hat nicht nur er deinen Körper geliebt, sondern du auch. Ich sage dir, als ich dich das erste Mal gesehen habe, war ich hin und weg, wie umwerfend du aussahst.« Jane wendet sich ab und schüttelt ungläubig den Kopf. »Ungelogen! Ich bin selbst kein Magermodel, wie du weißt«, sage ich. »Ich habe immer mit mir gekämpft, weil ich gerne schlanker sein wollte, aber irgendwann habe ich einfach beschlossen, mich so zu nehmen, wie ich bin. Und als ich dann hier angefangen habe, habe ich dich gesehen, mit deinen traumhaften langen Locken und der Rubensfigur, wie die Sophie-Dahl-Doppelgängerin aus dieser Parfumwerbung, die verboten wurde, weil sie zu aufreizend war, und ich habe mir sehnlich gewünscht, so zu sein wie du.«
»Wirklich?«, fragt Jane leise, und ihre auffallend veilchenblauen Augen werden glasig vor Tränen.
»Jawohl«, entgegne ich lächelnd. »Man hatte einfach das Gefühl, du fühlst dich pudelwohl in deiner Haut. Du hattest immer tolle Sachen in leuchtenden Farben an, und es kam einem fast vor, als würdest du selbst von innen leuchten, weißt du?«
»Früher habe ich mich auch immer ganz wohlgefühlt«, murmelt Jane, als erinnere sie sich an die Frau, die sie mal war. »Ich war richtig stolz darauf, keine Magergröße 38 zu sein.«
»Und wieso hat sich das geändert?«, frage ich, denn ich bin mir sicher, dafür muss es einen Auslöser gegeben haben.
Ihre Augen verdunkeln sich kurz, während sie nach einer Antwort sucht. »Na ja, angefangen hat es wohl, als
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