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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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anzurufen. Bitte sei mir nicht böse. Ich hatte so einen traumhaften Abend,und ich hatte mir wirklich vorgenommen dich anzurufen. Ehrlich.«
    »Tja, das reicht aber nicht, Evie«, sagt sie zickig, obwohl ihr Ärger bereits merklich verraucht. Sie geht zwar schnell in die Luft, kommt aber meist auch schnell wieder runter. Ich bin es bloß nicht gewohnt, dass ihr Zorn sich an mir entlädt. »Außerdem«, fügt sie zuckersüß hinzu, »habe ich mir wirklich Sorgen um dich gemacht, Evie.«
    Worauf mich gleich die Gewissensbisse ganz entsetzlich zwacken, weshalb ich mich überschwänglich entschuldige und sie um Verzeihung bitte, bis sie endlich einlenkt.
    Eine Stunde später bin ich schon wieder in seliger Hochstimmung, vor allem, weil Sharon nicht gemerkt hat, dass ich zu spät gekommen bin, und auch sonst niemand. Manchmal zahlt es sich eben doch aus, unsichtbar zu sein. Dann geht irgendwann knarrend die Tür zum Lagerraum auf, und Jane aus der Dessousabteilung steckt den Kopf herein. Ich höre kurz auf, das völlig verhedderte Knäuel altmodischer Strass-Ohrringe zu entwirren, und schaue auf.
    »Hi, Sarah«, sagt sie traurig. »Hast du Zeit für eine Tasse Tee?« Sie fragt das entschuldigend, als bäte sie mich um einen Riesengefallen. Für Jane habe ich immer Zeit. Sie ist so ein wunderbarer Mensch, warmherzig und schlagfertig, und sie hat ein unwiderstehlich ansteckendes Lachen. Sie ist ein Pfundsweib, in jeder Hinsicht; die langen wallenden Locken ringeln sich über ihren Rücken, und ihr wunderschöner weicher Körper verströmt pure Weiblichkeit. Zumindest war das immer so. In letzter Zeit sieht sie irgendwie matt und blass aus; weniger selbstbewusst, sehr in sich gekehrt.
    »Komm rein, Jane! Für eine Tasse Tee mit dir ist immer Zeit«, sage ich fröhlich, während ich den verhedderten Schmuckklumpen beiseitelege und aufstehe. »Ich habe den Schreck immer noch nicht ganz verdaut, dass ich heute Morgen verschlafen habe und eine ganze Stunde zu spät gekommen bin. Zum Glück hat Sharon nichts davon gemerkt. Da hab ich noch mal Schwein gehabt!«
    »Das kannst du aber laut sagen«, meint Jane mit einem schmallippigen Lächeln. »Diese Frau hat Augen wie ein Luchs; der entgeht nichts. Heute Morgen hat sie schon die Nase in meine Abteilung gesteckt und mir erklärt, die Auslagen seien ›einfach nicht gut genug‹ und ›warum ich noch keine Kunden habe, Gwen und Guy können sich kaum noch retten vor dem Ansturm, bla, bla, bla …‹. Ich meine, es ist nicht mal elf Uhr morgens! Weißt du was?«, meint sie seufzend. »Ich glaube, wenn ich mir nicht bald was einfallen lasse und meine ganze Abteilung auf den Kopf stelle, dann stecke ich bis zum Hals in Schwierigkeiten. Aber ich kann bloß Körbchengrößen ausmessen, nicht große, ausgefallene Kaufhausdekorationen kreieren. Und außerdem geben beige BHs und Oma-Unterhosen einfach nicht viel her.«
    Darüber muss ich lachen. Es stimmt, die Dessousabteilung bei Hardy’s ist ausschließlich auf über sechzigjährige Damen ausgerichtet und beschämend unerotisch.
    »Und warum bist du so spät gekommen?«, fragt Jane mich und setzt sich, wobei sie mit ihrem kurvenreichen Körper anmutig auf das Sofa sinkt.
    Mir steigt die Röte ins Gesicht. Ob ich Jane von Joel erzählen soll? Es ist so schön, dass sich zur Abwechslung mal jemand für mich interessiert. Gerade überlege ich, wie ich ihr am besten erkläre: »Ich hab noch mit meinem neuen Liebhaber im Bett gelegen, nachdem wir uns die ganze Nacht wild und hemmungslos geliebt haben«, ohne zu viele unerwünschte Detailinformationen preiszugeben, als Jane lange und tief aufseufzt und wehmütig in die Küche starrt, wo ich gerade unseren Tee aufbrühe.
    »Du hast nicht zufällig ein paar Kekse da oder so was?«, fragt sie hoffnungsvoll. »Ich brauche ein bisschen Nervennahrung.«
    Ich hole eine Packung Rosinenschnecken aus dem Regal.
    Janes Augen strahlen, doch dann schüttelt sie den Kopf. »Ach, nein, lieber nicht. Ich versuche gerade ein bisschen abzunehmen«, sagt sie und schaut bedauernd an sich herunter.
    Jane trägt Kleidergröße 46, und solange ich sie kenne, kämpft sie schon mit ihrem Gewicht, aber noch nie habe ich sie so unglücklich mit sich und ihrem Körper gesehen wie heute. Gut, in letzter Zeit hat sie ein, zwei Kleidergrößen zugelegt, aber bei ihrer Figur steht ihr das gar nicht schlecht. Sie ist groß, hat eine üppige Oberweite, eine schmale Taille und lange Beine. Nur sieht Jane das alles leider nicht.

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