Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
untereinander plaudern, dies und das aus den Regalen nehmen oder sich einfach in den verschiedenen Abteilungen umschauen. Die Stimmung ist heiterer, die Verkaufsabteilungen freundlicher, selbst die Angestellten sind fröhlicher. Ich sehe sie in kleinen Grüppchen zusammenstehen, während sie Ideen sammeln, wie sie ihre jeweiligen Abteilungen umgestalten könnten. Diejenigen, deren Abteilungen ich noch nicht umgekrempelt habe, helfen bereitwillig bei ihren viel beschäftigten Kollegen aus, füllen Regale auf oder bedienen die Kunden.
Könnten Häuser seufzen vor Wohlbehagen, ich glaube, dannwürde Hardy’s das jetzt tun. Ich weiß, was dem Kaufhaus in Zukunft droht. Und das macht es alles nur noch schlimmer.
Denn obwohl ich ganz aus dem Häuschen bin vor Freude über den Besucheransturm, weiß ich doch sehr wohl, dass wir noch Tausende Trilbys und Parfumflakons verkaufen müssten, um Hardy’s zu retten. Dass ein paar Menschen mehr als gewöhnlich vorbeischauen und bei uns einkaufen, reicht einfach nicht. Hardy’s muss seine Verkaufszahlen in diesem Monat nicht nur verdoppeln oder verdreifachen, nein, wir brauchen ein Umsatzplus von mindestens fünfhundert Prozent. Und Rupert hat keinen Zweifel daran gelassen, dass das Schicksal des Kaufhauses, sollten wir das nicht schaffen, besiegelt ist.
Ich schließe die Tür zum Warenlager, Lärm und Hektik des Ladens verstummen, und es wird wieder still um mich herum. Jetzt, wo ich gesehen habe, was in Hardy’s steckt, bin ich noch fester entschlossen, etwas zu bewegen, vor allem, da ich merke, wie viel es den anderen Angestellten bedeutet.
So wie Hardy’s sich verwandelt, verwandeln auch sie sich. Und viel wichtiger noch, mir ist bewusst geworden, dass meine Kollegen diesen Laden nicht nur brauchen, um ihre Brötchen zu verdienen; nein, es ist viel mehr als das. Ihre Freunde, ihr Selbstbewusstsein, ihr Selbstwertgefühl, das alles finden sie hier unter diesem Dach. Tatsächlich brauchen sie dieses alte Kaufhaus genauso sehr wie ich.
Und deshalb muss es doch noch mehr geben, was ich tun kann! Etwas, worauf ich bisher noch nicht gekommen bin. Ich schaue mich im Lagerraum um und halte verzweifelt Ausschau nach Antworten. In der Vorweihnachtszeit lieben die Leute es, in Kaufhäusern auf Einkaufstour zu gehen, wie also könnte Hardy’s sich von all den anderen absetzen? Unwillkürlich muss ich an die traurige, seelenlose Weihnachtsbeleuchtung in der Oxford Street denken, die ich Anfang der Woche gesehen habe, und die futuristischen Schaufenster, um die sich die Menschen scharten, und frage mich nicht zum ersten Mal, wohin wohl der wahre Geist der Weihnacht verschwunden ist.
Wie könnte man die Kunden dazu bringen, dass sie wieder scharenweise durch die Türen von Hardy’s strömen wie damals in der guten alten Zeit?
»Die gute alte Zeit!«, rufe ich entzückt und klatsche in die Hände, während ich im Geiste schon durch die Gänge des Warenlagers flitze. Blitzschnell sause ich in Gang sieben und komme ganz hinten in der Ecke schliddernd zum Stehen, wo ich einen alten, ramponierten Karton herausziehe, der völlig verstaubt ist und so altersschwach, dass er fast auseinanderfällt. Ich fahre mit dem Finger über den Deckel, der darauf eine lange Spur hinterlässt wie ein Schlitten im Schnee.
Das hier ist eins von gut zwei Dutzend Sets mit Weihnachtsschmuck, die ich entdeckt habe, als ich gerade angefangen habe, hier zu arbeiten. Mir zittern die Hände, die ungeduldig am Deckel herumfummeln, und plötzlich prasseln unzählige Bilder und Ideen auf mich ein, was Weihnachten ist und wie es sein sollte. Ich denke an die Farben: herrliches fröhliches Rot, sattes Grün, Keksbraun und Weiß natürlich, wie frischer Pulverschnee. Ich denke an die typischen Bilder und Gerüche, die man mit Weihnachten verbindet, an Zimt und Gewürze, an Lebkuchen und Eierlikör, an Glühwein und Tannennadeln, die unter den Füßen knacken. Ich denke an die kahlen Bäume in Primrose Hill, die aussehen wie mit Puderzuckerschnee bestäubt, ich denke an Schneekugeln und daran, wie Joel und ich am Somerset House Schlittschuh laufen waren, und wie weihnachtlich-festlich mir da zumute war. Ich denke an die alten Weihnachtsfilme, die ich schon als Kind geliebt habe, und die in mir den Wunsch auslösten, nach New York fahren und die Fifth Avenue entlangschlendern zu wollen, um einen Schaufensterbummel zu machen undwunderschön verpackte Geschenke für meine Lieben zuhause einzukaufen. Ich denke an die
Weitere Kostenlose Bücher