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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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kann. Ich schaue auf und schuddere beim Anblick der kahlen Bäume, die ihre verwitterten Äste in den trostlosen trüben Himmel recken, der unter dichten grauen Wolken ächzt.
    Mein Handy piepst, und ich ziehe es kraftlos aus der Tasche. Das ist jetzt schon die fünfte SMS von Joel innerhalb der letzten Viertelstunde. Ich stecke das Telefon wieder in die Manteltasche und marschiere weiter. Eigentlich weiß ich gar nicht so recht, was mich da eben geritten hat, so Hals über Kopf vor ihm wegzulaufen; ich weiß nur, dass ich es keine einzige Sekunde mehr ertragen konnte, in seiner Nähe zu sein und nicht ich selbst sein zu dürfen.
    Aber jetzt tut es mir schon wieder leid, und ich wünschte, ich wäre bei ihm geblieben. Ich will nicht nach Hause gehen, und ich will nicht allein hier herumlaufen. Und doch marschiere ich immer weiter den Hügel hinauf und versinke bis zu den Knöcheln in Schlamm und Schneematsch, bis ich endlich oben bin, wo ich rein zufällig eine freie Bank entdecke, auf die ich michfallen lasse. Ich lehne mich zurück, schlage die Beine übereinander und ziehe die Schultern hoch, damit der Wind nicht mehr in meinen Mantel pfeift, während ich auf London hinabschaue, das sich majestätisch bis zum Horizont erstreckt. Mit dem Ärmel wische ich mir eine einzelne Träne von der Wange. Es ist so schön hier oben, aber irgendwie fühle ich mich völlig fehl am Platz. Vielleicht sollte ich einfach alles hinschmeißen, meine Sachen packen, nach Norfolk zurückgehen und mich in mein Schicksal fügen: das stille, beschauliche Landleben ohne umwerfend gutaussehende Männer und glamouröse Jobs in der Modeindustrie.
    Ich schniefe erbärmlich, just als jemand an mir vorbeigeht und sich dann neben mich setzt. Aus den Augenwinkeln schiele ich auf meinen Banknachbarn und frage mich, wer außer mir an einem Tag wie heute allein durch den Park läuft. Er wirkt traurig, als fehlte auch ihm jemand an seiner Seite. Durch den Tränenschleier schaue ich ihn an.
    »Sam!«, jauchze ich erfreut.
    »Evie!«, ruft er erstaunt und dreht sich zu mir um. »Ich hab dich gar nicht erkannt, wie du so mit eingezogenem Kopf dagehockt hast. Was machst du denn hier?«
    »Ich wohne gleich um die Ecke, schon vergessen?«, sage ich und lache meine rasch trocknenden Tränen weg. »Aber was machst du denn hier?«
    Eine kleine Pause entsteht. »Ähm, na ja, komisch, dass du danach fragst«, setzt er etwas unsicher an und schaut mich an, als suche er in meinem Gesicht nach einem Zeichen. »Das ist eine lange Geschichte, die ich dir eigentlich längst schon mal erzählen wollte …«
    »AUTSCH!«, kreische ich, als mich plötzlich ein Ball mit voller Wucht am Schienbein trifft, und zwei rotznasige Bengel kommen angerannt, schnappen sich den Ball und kegeln dann wieder denHügel hinunter, wobei sie sich den Ball gegenseitig zuspielen und vor Freude glockenhell auflachen.
    »Verzogene Gören«, fluche ich und reibe mir das Schienbein. Dann drehe ich mich zu Sam um. »Das hat echt wehgetan! Wieso sorgen ihre Eltern nicht dafür, dass ihre Blagen keine unschuldigen, nichtsahnenden Menschen attackieren, die einfach nur in Ruhe auf der Bank sitzen und die sonntägliche Aussicht genießen wollen?« Ich unterbreche mich, denn Sam scheint etwas schockiert von meinem Ausbruch. »O Gott!«, piepse ich kleinlaut. »Ich klinge ja wie ein kinderfressendes Ungeheuer!« Ungläubig schüttele ich den Kopf, und er lacht. »Aber mal ehrlich, manchmal frage ich mich wirklich, warum gewisse Leute eigentlich Kinder bekommen, wenn sie sich dann nicht darum kümmern. Ich meine, das ist doch kein Halbtagsjob; das kostet Zeit und Nerven, und man benötigt alle verfügbaren Kräfte. Ich wünschte bloß, das wäre allen Eltern klar. Dann gäbe es weniger frustrierte Kinder und weniger kaputte Familien …«
    Ich plappere ohne Punkt und Komma, aber nun richtet mein Zorn sich nicht mehr gegen die beiden Achtjährigen, die meinem Bein unabsichtlich schwere Muskelschäden zugefügt haben. Nein, jetzt denke ich mehr an Delilah und Will, die, wie es mir scheint, jede Gelegenheit nutzen, ihre Kinder bei mir abzuladen, damit sie ungestört Karriere machen können. Und das stößt mir gerade sauer auf.
    »Ach«, meint Sam und rutscht unbehaglich auf der Bank herum. Vermutlich versucht er unauffällig von der Irren neben ihm abzurücken.
    »Entschuldige, Sam.« Ich lege ihm eine Hand aufs Knie. »Ich glaube, ich habe da einige angestaute Aggressionen, mit denen ich mich bisher

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