Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
Sache als Einkaufsberaterin ganz famos gemacht hat, aber dieses Talent scheint sich nicht auf Führungsqualitäten zu erstrecken.«
»Und was soll ich jetzt machen?«, fragt Rupert. »Ich kann sie doch nicht wieder zur Einkaufsberaterin degradieren. Die Abteilung war ohnehin überbesetzt, und selbst mit den vielen neuen Kunden ist die Nachfrage eigentlich nicht groß genug. Mein Urgroßvater stellte sich unter Kundenfreundlichkeit, wie er sie sich für Hardy’s wünschte, vor, man solle jedem Kunde das Gefühl vermitteln, er habe die ungeteilte Aufmerksamkeit eines Verkäufers, der ihm während seines gesamten Einkaufs im Haus mit Rat und Tat zur Seite steht. Das nenne ich persönliche Einkaufsberatung. Das ist keine eigene Abteilung, das ist die grundlegende Philosophie des ganzen Hauses.« Sein Blick geht wehmütig in die Ferne. »Mein Traum, sollte Hardy’s es überstehen, wäre, mehr Verkäufer pro Kunde zu haben als jeder andere Laden. Wir orientieren uns an amerikanischen Einzelhandelsstandards, behalten aber die etwas reserviertere, zurückhaltendere britische Art bei, dem Kunden nicht zu sehr ›auf die Pelle‹ zu rücken.«
Ich muss mir das Glucksen verkneifen, als ich Rupert diesen saloppen Ausdruck benutzen höre, aber als er weiterredet, werde ich ganz schnell wieder ernst.
»Ich weiß nicht, Sharon, Carly stiftet so viel Unfrieden im Haus, wenn sie es nicht schafft, das Ruder in ihrer Abteilung herumzureißen – oder sich wenigstens angemessen zu benehmen –, dann muss ich sie leider wieder zurückstufen und auf lange Sicht eventuell auch ganz gehen lassen. Vielleicht wäre sie ohnehin bei einer modernen Warenhauskette besser aufgehoben? Ich meine, Elaine hatte nicht ganz unrecht mit ihren Bemerkungen über die Designer, die wir hier bei Hardy’s präsentieren sollten. Sie mag vielleicht nicht so schick und hip sein wie Carly, und zugegeben, sie ist ziemlich träge, aber sie weiß, was sie tut, und sie hat in denanderen Abteilungen wirklich wunderbar ausgeholfen. Alles in allem erweist sie sich als durchaus teamfähig.«
»Nun ja, du solltest tun, was deiner Meinung nach das Beste fürs Geschäft ist: Schließlich bist du hier der Chef«, entgegnet Sharon, um dann etwas schüchtern hinzuzufügen: »Und noch dazu ein ganz großartiger.«
»Oh, vielen Dank, Sharon.« Auch ohne Ruperts Gesicht zu sehen, kann ich mir lebhaft vorstellen, dass er dabei hochrot geworden ist. »Da gibt es noch was, worüber ich mit dir reden wollte, Sharon, etwas, ähm, ein bisschen Persönlicheres.« Er hüstelt verlegen. »Wärst du … hättest du … also, hättest du eventuell Zeit, ich meine, um womöglich irgendwann mit mir essen zu gehen? Genauer gesagt, heute Abend … vielleicht schon?«
»Rupert, nichts lieber als das«, haucht Sharon. Und dann spazieren die beiden zur Tür hinaus, die hinter ihnen zuschlägt.
Erschöpft und besorgt zugleich sinke ich gegen die Regale und vergrabe das Gesicht in den Händen. Arme Carly, sie hat ja keine Ahnung, dass sie womöglich bald schon auf der Straße steht, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie das verkraften würde. Das arme Mädel ist ganz tief unten, und ich weiß sehr genau, wie sie sich fühlt. Ja, ehrlich gesagt kommt es mir gerade vor, als hätte Carly mein Pech geerbt, und irgendwie habe ich das Gefühl, es ist alles meine Schuld. Ich meine, irgendwohin muss das Universum mein Unglück doch schicken, oder? Und nachdem ich mir so inständig gewünscht habe, es möge sich etwas ändern in meinem Leben, ist genau das auch passiert – aber gleichzeitig scheint das Glück Carly völlig verlassen zu haben.
Just in dem Augenblick klingelt mein Handy, und ein kaum zu beschreibendes Durcheinander aus heller Panik und blinder Begierde überkommt mich, als ich Joels Namen im Display aufleuchten sehe. Abgesehen von einer SMS mit einer Entschuldigung für meinen überstürzten Abgang am Sonntag habe ich bisjetzt noch nicht mit ihm gesprochen. Er sagte zwar, er wolle mich anrufen, aber irgendwie habe ich das nicht so recht geglaubt. Und sein Anruf erinnert mich nur daran, dass eigentlich Carly an meiner Stelle sein sollte. Sie sollte mit dem umwerfend gutaussehenden Amerikaner ausgehen, das wäre gut für ihr Selbstbewusstsein, und sie würde sich großartig fühlen, und dadurch würde sie auch ihre Arbeit besser machen und sich in ihrem Job wohler fühlen. Ich weiß, was es ausmachen kann, von einem Mann wie Joel beachtet zu werden. Darum
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