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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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ziehe ich mein Handy raus und wähle Sams Nummer. Ich brauche jetzt dringend ein bisschen Mitgefühl und Trost, etwas, das man nurvon einem richtig guten Freund bekommt. Doch ich werde gleich zur Mailbox weitergeleitet. Enttäuscht stecke ich das Handy in die Tasche und schaue niedergeschlagen aus dem kleinen Fenster, hinter dem dicke Schneeflocken herabrieseln. Sosehr ich mir wünsche, ich hätte jemanden zum Reden, dem ich erzählen könnte, wie enttäuscht ich gerade bin, so bin ich irgendwie auch ganz froh, allein in meinem Gefängnis zu sein. Seit beinahe zwei Jahren sitze ich hier nun schon meine Zeit ab, und eben gerade wurde meine Haft auf unbestimmte Zeit verlängert; und zwar ohne Aussicht auf Bewährung. Gequält stöhne ich auf beim Gedanken daran, wie ich heute Morgen vor Sam mit meiner unmittelbar bevorstehenden Beförderung geprahlt habe. Wieso konnte ich nicht ein Mal meine vorlaute Klappe halten? Jetzt muss er mich für einen Totalversager halten, wenn ich ihm erzähle, was passiert ist.
    Ich höre ein Rascheln, linse durch die Regale und sehe, dass Sharon noch da ist und die Lieferscheine durchgeht. Kurz bin ich versucht sie zu fragen, warum sie mich mal wieder bei der Beförderung übergangen hat, aber mir drängt sich der Eindruck auf, dass sie gerade nicht gestört werden möchte.
    Seufzend mache ich mich an die Arbeit und beschäftige mich damit, einen Haufen Sherlock-Holmes-Mützen farblich zu sortieren. Eine in einem warmen Braunton lege ich als verfrühtes Weihnachtsgeschenk für Sam beiseite. Das muntert mich kurz auf, aber als ich weitermache, fällt mein Blick auf meine schmuddelige weiße Bluse und die unansehnliche Hose, und als ich aufstehe, sehe ich im Spiegel über der Spüle meine ungewaschenen Haare, die mir schlaff ins Gesicht hängen wie gekochte Spaghetti, und mein ungeschminktes Gesicht. Und plötzlich steigen mir die Tränen in die Augen, und ich schlucke schwer, weil ich nicht will, dass Sharon mich hört. Seit Jamie mit mir Schluss gemacht hat, habe ich mich ziemlich gehen lassen; mein Selbstbewusstseinhat sich in Luft aufgelöst, und mit ihm der größte Teil meines Selbst. Auf einmal schießt mir das Bild von Carly – lachend und strahlend und so stylish – durch den Kopf. Könnte ich doch nur ein bisschen mehr so sein wie sie, dann wäre ich vielleicht nicht so … unsichtbar.
    Schließlich höre ich, wie Sharon rausgeht und die Tür des Warenlagers hinter ihr zuschlägt. Und in dem Moment sehe ich, wie mir etwas aus dem Stapel Kleidern heraus verführerisch zuzwinkert. Es ist das Oberteil von Florence Gainsbourg, das heute Morgen in der Lieferung war. Das gleiche Top, wie Carly es trägt. Ich schaue an meiner langweiligen weißen Bluse runter und beiße mir auf die Lippen, als mein Arm sich ohne mein Zutun nach der glitzernden Beute reckt. Meine Hand zittert, als ich die Plastikhülle berühre, und mit einer ruckartigen Bewegung ziehe ich das Teil aus dem Kleiderstoß und bewundere staunend dieses Prachtstück.
    Und wie ich es so hochhalte, geht mir auf, dass dieses Oberteil alles verkörpert, was ich gerne wäre. Es ist ein echter Hingucker, ein traumhaftes Vergissmeinnicht-Teil; besonders und auffallend und aufregend. Jede einzelne Paillette scheint ein Versprechen zu enthalten, wie das Leben sein könnte, würde ich nur hineinschlüpfen. Nervös schaue ich mich um. Wenn ich es kurz überstreife, nur für einen Moment, vielleicht färbt dann ein wenig von seinem Zauber auf mich ab. Und noch ehe ich weiß, was ich da tue, habe ich mir die Bluse vom Leib gerissen und achtlos hinter die Heizung gestopft. Von mir aus kann sie da verbrennen. Ein kleiner Schauer läuft mir über den Rücken, als ich das Top vorsichtig über den Kopf streife und mit geschlossenen Augen das Gefühl des Stoffs an meiner Haut genieße, das Raue der winzigen, aufwendig applizierten Pailletten außen ein scharfer Kontrast zu dem glatten satinartigen Futterstoff darunter. Dann werde ich leicht panisch, weil ich in dem teuren Kleidungsstückstecken bleibe, als ich versuche, es mir über den Kopf zu ziehen. Und dann komme ich mit dem einen Arm nicht durch. Einen Moment lang stolpere ich herum wie ein kopfloser einarmiger Zombie, krache in Kisten und verfluche meine Ungeschicklichkeit und spüre, wie mir schon wieder die Tränen in die Augen steigen. Aber schließlich gelingt es mir doch, das kostbare Oberteil anzuziehen, und ich riskiere einen Blick in den Spiegel. Meine Augen glänzen vor

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