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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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Tränen, meine Wangen sind gerötet vor Anstrengung und vom Weinen, und so gerne ich mich wie sonst auch immer hinter meinen langen glatten Haaren verstecken würde, knülle ich es stattdessen zu einem losen Dutt im Nacken zusammen, so wie Carly es auch manchmal trägt, und binde es mit einem Gummi fest, das ich auf dem Boden entdecke. Dann gehe ich zum Gang mit den Kosmetikartikeln und ziehe ein Kompaktpuder heraus, Wimperntusche und transparenten Lipgloss und trage dann das Make-up mithilfe des kleinen Spiegels in der Puderdose auf. Dann erst trete ich wieder vor den gesprungenen bodentiefen Spiegel in der Ecke des Lagerraums, schließe die Augen und mache sie wieder auf.
    Ich sehe wie ein vollkommen anderer Mensch aus.
    Verdutzt mustere ich mich und vergleiche mein Spiegelbild mit dem, das mir sonst jeden Morgen entgegenschaut. Mit untypischer Courage beschließe ich, meine Wirkung in der Öffentlichkeit zu testen, und zwar an den Menschen, die jeden Tag in meiner Mittagspause auf der Straße achtlos an mir vorbeilaufen und mich allem Anschein nach nicht im Geringsten zur Kenntnis nehmen. Nachdem ich einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel geworfen habe, marschiere ich entschlossen aus dem Warenlager und flitze durch die menschenleere Parfümerie. Schnell bin ich am Personaleingang, wo Dave von der Tagschicht inzwischen für Felix den Dienst übernommen hat. Er hat die Füße auf den Schreibtisch gelegt und sieht aus, als schliefe er. Ich drehe michum, und mein Blick fällt auf die Fotos sämtlicher Mitarbeiter im Gang, die ich mir heute Morgen angeschaut habe, von wo auch Carly mich mit strahlendem Lächeln als »Angestellte des Monats« angrinst.
    Und dann wandert mein Blick ganz nach unten, wo mein Foto hängt. Meine langen, glatten Haare sehen eigentlich ganz hübsch aus, wie ich erstaunt bemerke, als hätte ich mir an dem Tag die Zeit genommen, sie ordentlich trocken zu fönen. Vielleicht sollte ich mir öfter die Mühe machen. Das macht tatsächlich einen Unterschied, auch wenn man mit allem Lippenstift, Gesichtspuder und Schminke der Welt nicht das Sieben-Tage-Regenwetter-Gesicht übermalen könnte, das ich ziehe.
    Noch tiefer wandert mein Blick, und ich sehe mit Entsetzen, dass unter dem Foto meine Tätigkeit und mein Name stehen. Nur ist es nicht mein Name. Da steht »Sarah Evans«. Und als meine Augen zurück zu dem Bild flitzen, fällt es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Das Mädchen auf dem Foto bin gar nicht ich. Das ist meine Vorgängerin. Und auf einmal erinnere ich mich auch wieder daran, wie ich Sarah an meinem ersten Tag kennengelernt habe: ein unauffälliges Mädchen ohne irgendwelche Besonderheiten, bis auf die beinahe greifbare Enttäuschung, die sie umgab. Jetzt kann nicht mal ich selbst uns noch auseinanderhalten.
    Scheint, als gäbe es bestimmte »Typen«, die sind einfach die geborenen Warenlagermeister, denke ich unglücklich.
    Mit diesem niederschmetternden Gedanken im Kopf schleppe ich mich zum Schalter des Wachdienstes und schnappe mir den Kuli, mit dem Felix heute Morgen sein Sudoku ausgefüllt hat.
    Dave hebt nicht mal den Kopf. Wild entschlossen und wütend kreuze ich das Foto mit einem Strich durch, streiche den Namen darunter und schreibe stattdessen in dicken fetten schwarzen Großbuchstaben »EVIE TAYLOR«. Und dabei schwöre ich mir,auf dem Weg nach Hause in einem Passfotohäuschen ein paar Bilder machen zu lassen. Ich mag zwar nicht in den Verkauf befördert worden sein, aber trotzdem wird es langsam Zeit, dass die Leute hier mich endlich kennenlernen.
Fünftes Kapitel
    E igentlich wollte ich das Top bloß ein kleines Weilchen anlassen. Ich wollte nur ein paar kurze Minütchen das Gefühl haben, eine andere sein zu können als ich selbst. Aber aus den paar Minuten wurde erst eine halbe Stunde und dann eine ganze, und jetzt habe ich mich so an den weich fließenden Stoff gewöhnt, der meine Haut streichelt, ich denke schon gar nicht mehr daran, dass ich es noch anhabe. Wieder schaue ich in den Spiegel im Lagerraum und hebe zaghaft die Hand an mein Gesicht. Zum ersten Mal im Leben kann ich mich gar nicht sattsehen an meinem eigenen Spiegelbild. Vielleicht liegt es an den goldenen Pailletten, die mir dieses bislang unbekannte Strahlen verleihen. Bestimmt liegt es am warmen Licht, das meine Haut wie einen Pfirsich strahlen lässt, weich und rosig, nicht so blass wie sonst, und auch meine Haare sind nicht so öde mausgraubraun wie gewöhnlich. Selbst meine Augen

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