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Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman

Titel: Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Harris
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entsetzt, dass Wills teurer Dunhill-Mantel dort am Kleiderhaken hängt. Von oben hört man laute Stimmen, also scheuche ich die Kinder rasch ins Spielzimmer und knalle die Tür geräuschvoll hinter uns zu, damit Delilah und Will mitbekommen, dass wir zuhause sind. Dann schalte ich den BBC-Kindersender ein und drehe die Lautstärke auf.
    »Wir dürfen fernsehen ?«, staunt Lola. »Nachmittags?« Ehe ich es mir wieder anders überlege, klettert sie schnell auf das riesige, knautschige Sofa, und hat ihre volle Blase wohl vollkommen vergessen.
    »WOW!«, wundert sich Raffy, als die Züge von Chuggington auf dem Bildschirm erscheinen, und krabbelt flugs neben seine Schwester auf die Couch.
    »ChuggingTON!«, singe ich laut, als ich Delilahs gedämpftes Geschrei aus dem Hintergrund höre, »Chugga-chugga-chugga-chugga …«
    »CHUG-GINTON!«, fallen Lola und Raffy fröhlich ein, und ich hocke mich neben sie, lege die Arme um ihre Schultern und drücke sie an mich, während wir gemeinsam aus voller Kehle trällern, und ich komme mir ein bisschen vor wie die Maria aus dem Musical Meine Lieder   – Meine Träume , wie sie den Kindern der Familie von Trapp ein Lied vorsingt, um den Sturm zu übertönen, der draußen tobt.
    Just in dem Moment höre ich ein energisches Klopfen an der Haustür und werfe rasch einen Blick auf die Kinder, aber die scheinen nichts davon mitbekommen zu haben. Leise schlüpfe ich aus dem Spielzimmer und schließe die Tür hinter mir. Oben ist es ganz still geworden, was beinahe genauso beunruhigend ist wie das Geschrei und Gebrüll von vorhin. Müde reibe ich mir das Gesicht und gehe zur Haustür.
    »Mum!«, rufe ich, als ich meine Mutter auf der Schwelle stehen sehe, den Blick auf den Boden geheftet, den kleinen Übernachtungskoffer sorgfältig neben sich abgestellt. »Gott sei Dank, dass du da bist!« Ich falle ihr um den Hals und erwarte ihre warme, herzliche Umarmung. Doch die bleibt aus. Ihre Arme hängen schlaff herunter, und ich spüre, wie sie am ganzen Leib zittert. Ich mache einen Schritt zurück, und sie schaut mich an, und ihre sonst so strahlenden Augen sind leer und stumpf.
    »Darf ich reinkommen?«, fragt sie leise, und ich trete beiseite. »In der Wohnung kann ich nicht übernachten. Dein Vater hat ein Verhältnis, weißt du«, fügt sie etwas zittrig, aber erschreckend nüchtern hinzu, während sie den Mantel abstreift und an die Garderobe hängt. Meine Mutter ist genau wie ich: selbst im Angesicht der Katastrophe noch ordentlich.
    Ich schlage die Hand vor den Mund und starre sie entsetzt an.
    »Was? Wieso?«
    »Wo sind die Kinder?«, fragt sie und übergeht meine Frage. »Ich möchte sie gerne sehen. Und wie geht es Delilah?«
    Man hört ein Knarren auf der Treppe und sieht Delilahs Füße auftauchen, während ihr restlicher Körper und ihr Gesicht noch verborgen sind.
    »Evie, ich muss dir unbedingt was Wichtiges erzählen«, ruft sie herunter und läuft die Treppe hinab, Will dicht auf ihren Fersen. Sie macht ein ernstes Gesicht. »Will hat keine Affäre, Evie, es war Dad …« Dann bleibt sie wie angewurzelt stehen, als sie mich mit Mum im Arm dastehen sieht, der jetzt die Tränen in Strömen über das Gesicht laufen. Fassungslos stolpert sie die letzten Stufen herunter, schlingt die Arme um uns beide und fängt auch an zu weinen. Irgendwann schaut sie auf, sieht mich über die Schulter unserer Mutter an und schüttelt den Kopf. Delilah ist noch in ihren Morgenmantel gewickelt und leichenblass, aber in ihrem Gesicht spiegeln sich Stärke und Hoffnung, die sie aus unserer zerbrechlichen, am Boden zerstörten Mutter zu schöpfen scheint.
    Wieder knarzen die Stufen, und dann steht Will am Fuß der Treppe und sieht uns mit langem Gesicht bedauernd an.
    »Ladys«, sagt er mit Blick auf seine Frau und seine Schwiegermutter leise und mit besorgter Miene, »ich setze erst mal Wasser auf. Ich glaube, wir können alle einen starken Tee vertragen.«
    »Will?«, frage ich, als er an mir vorbeigeht. »Was ist los?«
    »Zuerst der Tee«, entgegnet er sanft, aber bestimmt und geht dann an mir vorbei ins Souterrain, und kurz danach hört man, wie er den Wasserkocher anklickt.
    Mum zittert ganz leicht die Hand, als sie nach ihrer Teetasse greift und uns alle anschaut. Wir sitzen um den großen Esstisch aus Eiche und versuchen, das ganze Drama irgendwie zu begreifen. Die Kinder hocken immer noch fröhlich vor dem Kinderkanal, während Will uns erzählt, was er bereits seit einem Monat

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