Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
sechziger Jahren, mit perfekt maßgeschneidertem Anzug, Schirm, Charme und Mantel.
»Tja, aber die schon!«, ruft Paula und zeigt auf die Schlange, die sich vor der Kasse bildet. Immer mehr Männer gehen mit Trenchcoats und Trilbys bewaffnet zu den Umkleiden. Ich muss lächeln, während ich meinen Kollegen lausche. Die Schaufensterpuppen sehen wirklich gut aus, muss ich schon sagen. Ich fand es immer eine Schande, dass diese wunderbaren Vintage-Hüte im Warenlager verstaubten. Grinsend sehe ich, wie Guy einem weiteren jungen Kunden einen davon an der Kasse abhält, der ihn dann auch gleich aufsetzt. Es ist schön, sich so bestätigt zu sehen.
Außerdem habe ich überall in der Abteilung noch weitere kleine Szenen arrangiert. Ganz hinten in der Ecke, kurz vor Lilys Teesalon, habe ich eine männliche Schaufensterpuppe an einen Tisch gesetzt. Mit übereinandergeschlagenen Beinen beugt er sich über den Tisch, als unterhalte er sich mit jemandem. Er trägt einen schnittigen Anzug und dazu eine Brille mit dunklem Gestell, und vor ihm auf dem Tisch liegt eine Packung Lucky Strikes (auch vom Zeitungskiosk gegenüber) neben einem Cocktailglas (das ich im Warenlager gefunden habe).
In einer anderen Ecke, wo früher Trainingsanzüge und Anglerbedarf hingen, stehen nun zwei wie Golfspieler gekleidete Schaufensterpuppen. Eine trägt eine karierte Hose, ein Poloshirt, eine lässige flotte Mütze und die roten Hosenträger, die ich gestern plötzlich in den Fingern hatte, als ich mich mit Joel unterhalten habe. Ich habe die Puppe so platziert, dass es aussieht, als habe sie gerade abgeschlagen. Inspiriert zu dieser Aufmachung hat mich das Foto eines Promis in einem Hochglanzmagazin, das einfach supercool aussah. Die Puppe gleich daneben hat die zartgelbe Hose an, die ich Joel gezeigt habe, kombiniert mit einem grauen Pullunder mit Rautenmuster von Pringle of Scotland, darunter ein weißes Poloshirt und dazu eine schicke schmale graue Krawatte. Auf die rosa Hosenträger habe ich lieber verzichtet. Ich habe die gesamte Sportwarenabteilung neu bestückt, indem ichdie meiner Meinung nach coolsten, stylishsten Stücke aus dem Lager ganz nach vorne geräumt und alles so arrangiert habe, dass es nach etwas aussieht, das ein modernder Mann tragen kann, selbst wenn er gerade nicht zum Golfspielen, Jagen, Schießen oder Angeln geht. Es gibt sogar eine Dekoration als Hommage an Guy Ritchie, mit coolen Tweedjacken und -hosen, und ich habe auch die Sherlock-Holmes-Mützen rausgeholt, die ich gestern durchgesehen habe, weil mir plötzlich aufgegangen ist, dass sie eigentlich nahezu perfekt sind für einen kalten, verschneiten Dezembertag und dringend angemessen präsentiert werden sollten.
»Oh, schaut mal !«, ruft Bernie aus der Kurzwarenabteilung ganz aufgeregt. Sie und ihre Schwester Susan sind bis jetzt ganz still gewesen. Veränderungen liegen ihnen nicht. Bis heute haben sie sich nicht für Rupert erwärmen können, und am liebsten täten sie, als lebten wir alle noch in den fünfziger Jahren. Weshalb ich auch die leise Hoffnung hatte, ihnen könnte meine Umgestaltung gefallen. Wenn es ihnen gefällt, muss es authentisch wirken. »Schaut mal, die gerahmten Bilder!«
»Solche Männer gibt es heute gar nicht mehr«, seufzt Susan wehmütig.
»Wer ist das denn?«, fragt Carly, krampfhaft bemüht, die Gesichter auf den Schwarz-Weiß-Fotos, die ich aufgehängt habe, zu identifizieren.
Susan und Bernie schnalzen verächtlich mit der Zunge und verdrehen die Augen. »Bloß einige der größten Filmstars, die je gelebt haben.«
»Sie sehen so weltmännisch aus«, schwärmt Jane sehnsüchtig.
»Wie echte Gentlemen«, stimmt Jenny ihr zu.
Lächelnd lasse ich den Blick durch die Herrenabteilung schweifen, wo ich die signierten Fotos aus Lilys Teesalon aufgehängt habe, in großen, reich verzierten goldenen Bilderrahmen,die vergessen im Lagerraum standen. Ich hoffe, Lily wird nichts dagegen haben.
Und dann fällt mir plötzlich siedend heiß ein, dass Joel sicher schon auf mich wartet. Das ist jetzt die perfekte Gelegenheit, unauffällig zu verschwinden, ohne dass irgendwer – und damit meine ich Carly – uns sieht.
Verstohlen schlüpfe ich zwischen den Kollegen durch und laufe, tief in Gedanken versunken und von den anderen unbemerkt, zur Tür. Meine kleine Idee hat noch besser funktioniert als erwartet. Was mich zu der Frage veranlasst: Wenn es bei Guy geklappt hat, müsste es dann nicht auch in allen anderen Abteilungen klappen? Vor
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