Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
aus der Handtasche, die sie mir in die Hand drückt. »Das ist gleich um die Ecke. Gerade jetzt im Winter kann ein bisschen Farbe nicht schaden!« Sie lächelt mich an. »Dann sähe diese hübsche Bluse noch besser an dir aus. Die ist übrigens wirklich traumhaft. Ich wollte dich schon fragen, wo du die herhast. Habe ich bis jetzt noch nirgendwo gesehen.«
Ich freue mich wie ein kleines Kind, dass Carly mir ein Kompliment macht. Irgendwas scheine ich wohl richtig zu machen. Ich habe eine halbe Ewigkeit gebraucht, um mich zu entscheiden, was ich zu meiner Verabredung mit Joel heute Nachmittag anziehen soll, und schließlich habe ich mich für eine zarte cremefarbene Spitzenbluse aus den vierziger Jahren entschieden, mit bauschigen Ärmeln und einem runden Kragen, und dazu ein rostrotes Tunikakleidchen aus den Sechzigern. Eigentlich ist es mir ein bisschen zu kurz, aber ich glaube, mit der Bluse, der cremefarbenen Strumpfhose und der kleinen Perlenkette, die gerade unterhalb des Blusenkragens anliegt, sieht es wirklich süß und schick aus. Zumindest hoffe ich das. Ich erzähle Carly von dem kleinen Vintage-Laden in Islington, aber sie rümpft bloß die Nase.
»Vintage? Du meinst, Klamotten von toten alten Omas? Nein, danke. Aber ich muss schon sagen, der Friedhofsschick steht dir ganz gut.« Sie nippt an dem Tee, den ich ihr gemacht habe. »Und jetzt verrätst du mir, was es mit dem neuen Barfuß-Look auf sich hat, den du neuerdings trägst.«
Ich werfe einen Blick auf meine Füße und werde rot. Seit meiner Blitzverwandlung gestern Morgen wollte ich meine abgetragenen alten Schuhe gar nicht mehr anziehen. Sie kommen mir vor wie ein Symbol meines alten Ich, das ich lieber ablegen und vergessen möchte.
»Willst du einen neuen Trend kreieren, ohne Schuhe und mit dem Oma-Oberteil?« Lächelnd schaut sie mich an und legt ulkig den Kopf schief, und ich kann mir das Lachen nicht verkneifen. Wobei ich ihr auf keinen Fall die Wahrheit sagen kann. Mal davon abgesehen, dass sie mir ohnehin nicht glauben würde.
»Ach, weißt du, ich hatte die langweiligen alten Latschen einfach satt«, erkläre ich und wedele abwehrend mit der Hand Richtung Schuhe. Sie sind aus meinem Rucksack gepurzelt, der in einer Ecke des Lagerraums liegt. »Und irgendwie passen sie so gar nicht zu diesen Sachen.«
»Da hast du wohl recht, Schätzchen. Aber eigentlich passen sie zu gar nichts , oder?« Sie kichert scherzhaft. Eigentlich müsste mich das kränken, aber wo sie recht hat, hat sie recht. »Ich habe die perfekten Schuhe für dich oben in der Einkaufsberatung liegen. Am liebsten würde ich sie mir selbst weglegen, aber ichmuss jetzt leider bis Januar warten, bis ich mir die leisten kann. Soll ich dir nachher ein Paar vorbeibringen? Ich glaube, die sähen echt scharf aus zu deinem Outfit.«
»Das würdest du wirklich tun?«, japse ich verdattert und kann mein Glück kaum fassen. »Könntest du sie mir vielleicht noch vor drei Uhr runterbringen? Es ist bloß, weil ich nachher … noch verabredet bin.«
»Echt?« , sagt sie und stupst mich in die Rippen. »Ein heißes Date?«
»Sozusagen«, entgegne ich leise und spüre, wie die eiskalten Klauen meines Verrats nach mir greifen.
»Also gut, ich bringe dir die Schuhe, aber dafür musst du mir am Montag alles haarklein erzählen. Bis ins letzte Detail. Versprochen?«
Ich nicke und verschränke dabei die Finger hinter dem Rücken. »Versprochen.«
Während der Zeiger unaufhaltsam auf drei Uhr vorrückt, werde ich immer kribbeliger und nervöser. Ich kann einfach nicht still stehen. Es kommt mir fast vor, als hätte ich die Reisekrankheit, und mein Magen fühlt sich an wie ein einziger Knoten. Ich trage die Schuhe, die Carly mir netterweise gebracht hat, und kann einfach nicht aufhören, sie anzuschauen, so entzückend sind sie, schwarze Peeptoes mit nach unten schmaler werdendem Absatz. Aber ich muss mich erst noch daran gewöhnen. Wobei meine Beine damit zugegebenermaßen einfach unglaublich lang aussehen. Eine ganze Stunde lang stöckele ich jetzt damit schon durch das Lager, während ich die Bestellungen bearbeite. Davon gab es heute Nachmittag einige, was ziemlich eigenartig ist.
Wieder wandert mein Blick nach unten, als ich zu dem karierten Vintage-Cape greife, das ich mir aus dem Lager ausborgen will, wohl wissend, dass es ohnehin niemandem auffallenwird. Das werfe ich mir jetzt über die Schultern und nehme die kleine, weiche schwarze Clutch, die Carly mir zusammen mit den Schuhen
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