Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
von etlichen »Aaaahs«.
Und dann höre ich jemanden zetern: »Was passiert denn jetzt? Ich sehe nichts!«
Es klingt, als spiele sich ein Stockwerk tiefer ein wahres Drama ab. Und genau das beunruhigt mich. Das Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich mich hinter Gwen stelle, die selbst angestrengt versucht, jemand anderem über die Schulter zu schauen. Näher wage ich mich nicht heran. Ich habe panische Angst davor, was ich da unten zu sehen bekommen könnte. Was, wenn Guy einen Tobsuchtsanfall hat, oder schlimmer noch, gerade von Rupert gefeuert wird? Ich versuche, irgendwie ins Untergeschoss zu spähen und herauszufinden, was zum Teufel da unten los ist. Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Ich hätte einfach die Finger davonlassen sollen.
»Was ist denn los?«, erkundige ich mich im Flüsterton bei Gwen, die sich nicht mal nach mir umdreht.
»Guy hat Kunden da unten«, wispert sie entzückt. »Ganze Horden! Er rennt wie ein Irrer durch seine Abteilung! Ganz ehrlich, so was habe ich noch nie gesehen.«
Neugierig quetsche ich mich in eine kleine Lücke am Geländer und luge nach unten. Zu meinem Erstaunen sehe ich Guy von einer Traube männlicher Kunden umringt, die ihm irgendwelche Sachen unter die Nase halten, die sie entweder anprobieren oder kaufen möchten. Er hält Hof wie der Kaufhausmagnat Sir Philip Green und ist offenbar ganz in seinem Element.
Dann schaut er zu uns hoch und winkt uns mit großer Geste zu. »Steht da nicht rum und haltet Maulaffen feil«, trompetet er. »Könnte bitte irgendwer runterkommen und mir helfen? Ich habe hier Kunden zu bedienen!«
Becky aus der Lederwarenabteilung saust die Treppe hinunter, um zur Hand zu gehen, während wir anderen oben stehen bleiben und die herrliche Aussicht genießen.
»Sieht aus wie eine Szene aus einem Vierziger-Jahre-Film«, meint Gwen seufzend, und ich könnte fast platzen vor Stolz, als ich nach unten sehe und feststelle, dass meine kleine Idee aufgegangen ist.
Gestern Morgen habe ich ein paar Stunden damit zugebracht, einen Entwurf für die komplette Neugestaltung der gesamten Abteilung zu machen. Mein Ziel war es, Hardy’s beste Ware auf coole und klassische Art und Weise zu präsentieren. Also stellte ich mir vor, wie die Auslagen bei Hardy’s wohl zu seinen besten Zeiten ausgesehen haben könnten. Ich wollte das altbekannte Bild des Londoner Geschäftsmanns wiederbeleben, mit elegantem Anzug, Trenchcoat, Hut und Regenschirm. Und ich war mir sicher, wenn man sie richtig präsentierte, würden die männlichen Schaufensterpuppen in Hardy’s altmodischer Lagerware lässig und modern wirken. Als ich Clark Gable zeichnete, musste ich an die Fotos der großen Filmstars an den Wänden von Lilys Teesalon denken, und auf einmal wusste ich, wie ich die eingeschlafene Herrenoberbekleidung wieder zum Leben erwecken könnte.
Also bin ich heute Morgen besonders früh gekommen, habe die Kiste mit den Trilbys in die Herrenabteilung geschleppt und dann all die anderen Requisiten geholt, die ich im Lager ausgegraben hatte. Ich habe vier Mannequins die Jeans ausgezogen, sie in einer Reihe mitten in der Abteilung aufgestellt und dann jedem einen schicken Anzug und einen lässig schief aufgesetzten Trilby verpasst. Irgendwie wusste ich einfach, dass es toll aussehen würde. Als i-Tüpfelchen habe ich dann dem einen einen Schirm in die Hand gegeben, ein anderer hat eine Ausgabe des Evening Standard unter dem Arm, den ich flugs bei Brian, dem Zeitungsverkäufer auf der anderen Straßenseite, erstanden habe, der nächste hält eine altmodische Geldbörse und der letzte versucht mit erhobenem Arm ein Taxi anzuhalten. Ich war ganz zufrieden mit Stufe eins meiner Idee. Aber es wartete noch eine Menge Arbeit auf mich.
»Diese Hüte sehen so cool aus«, wispert Jenny atemlos.
»Warum ziehen die Männer heutzutage so was eigentlich nicht mehr an?«, meint Paula aus der Einkaufsberatung. »Immer diese sackartigen Jeans, aus denen der Hintern raushängt. So was von unschön.«
»Das ist alles sehr altmodisch «, sinniert Carly, die ganz vorne steht. »Ich weiß nicht, ob die Männer, die ich kenne, solche Hüte tragen würden.«
Da muss ich ihr entschieden widersprechen. Sofort habe ich Sam mit einem Trilby auf dem Kopf vor Augen, und ich finde, er könnte so was durchaus tragen; es hätte was angesagt Popstarmäßiges. Und Joel, oh Mann, der sähe damit aus wie ein Kino-Idol aus der guten alten Zeit. Und mein Dad sähe aus wie ein Geschäftsmann aus den
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