Ein Weihnachtswunder zum Verlieben - Roman
verschwinden. Dann schaue ich mich unauffällig um, ob mich auch niemand sieht, und schon wandert auch eines der köstlich aussehenden Schokoladentrüffeltörtchen in meine Serviette. Das cremig-sahnige Erdbeerdessert im Glas schmuggele ich lieber nicht mit raus; schließlich ist das nicht meine Handtasche.
Einen Moment später bringt ein Kellner zwei Gläser rosa Champagner an den Tisch, worauf ich ihn schuldbewusst angrinse und meine mit Kuchen vollgestopfte Handtasche an mich drücke, nur für den Fall, dass er über einen Röntgenblick verfügt und geradewegs hindurchschauen kann. Gerade nippe ich am Champagner, als Joel zurückkommt, und ich beobachte, wie er lässig herüberschlendert, während ich mir die prickelnden Kribbelperlen auf der Zunge zergehen lasse. Wobei mir auffällt, dass die meisten anderen anwesenden Frauen ihn ebenfalls nicht aus den Augen lassen.
»Mmm, Champagner«, murmelt er genießerisch und greift nach seinem Glas. »Ich mag eure englische Teestunde, aber es geht doch nichts über ein Gläschen Blubberwasser, oder?«
Ich nicke fröhlich und trinke noch ein Schlückchen.
»Also, Joel«, setze ich an, weil ich unbedingt noch ein bisschen mehr über ihn erfahren will. »Sie sagten, Sie arbeiten auch im Einzelhandel. Was machen Sie denn genau?«
Er überlegt kurz, ehe er antwortet. »Nun ja, eigentlich arbeite ich als Berater, das heißt, ich helfe Kaufhäusern in finanziellen Fragen.«
»Ach, verstehe.« Ich nicke, als wüsste ich genau, wovon er redet. »Und das tun Sie derzeit auch für Hardy’s?«
Er rutscht ein wenig auf seinem Stuhl herum. »Ähm, sozusagen. Wobei das eine ziemliche Mammutaufgabe ist. Hardy’s kämpft gerade ums nackte Überleben.«
Ich nicke betrübt, und die Stimmung sackt kurz in den Keller.
Mit leuchtenden Augen beugt Joel sich zu mir vor. »Aber außer meinem Brotjob habe ich auch noch ein eigenes Familienunternehmen, ein Kaufhaus in meiner kleinen Heimatstadt in Pennsylvania.« Sein Blick geht in die Ferne. »Daran hängt eigentlich mein Herz.«
»Wirklich?«, rufe ich entzückt. Ein Mann mit einem eigenen Laden? Sofort höre ich Lilys und Iris’ Stimme in meinem Kopf: Eine unwiderstehliche Mischung, uralt und doch immer noch berauschend. Shopping und Sex. Und ehrlich gesagt macht mich seine Begeisterung für sein Familienunternehmen mehr an als alles andere. Plötzlich scheint er mir wie eine verwandte Seele.
»Erzählen Sie mir davon«, sage ich, lehne mich in meinem Sesselchen zurück und nippe am Champagner.
»Das Kaufhaus heißt Parker’s«, sagt er mit einem Lächeln. »Es ist so ein netter kleiner Laden in der Hauptgeschäftsstraße von Willow Grove in Pennsylvania, aber leider läuft er dieser Tage nicht mehr so gut. Meinem Vater fehlt die kaufmännische Weitsicht, eine Vision für die Zukunft. Ich träume davon, wieder zurückzugehen und mitzuhelfen, alles in die richtige Richtung zu lenken. Aber das ist nicht so einfach. Seit dem Finanzcrash haben kleine Geschäfte es nicht leicht. Die Leute fahren lieber zum nächstgelegenen Walmart und kaufen dort alles unter einem Dach, von Schuhen über Kleidung bis hin zu Haushaltswaren, und wenn nicht, dann fahren sie nach Philadelphia oder New York in die großen Kaufhäuser. Es scheint fast, als bräuchte keiner mehr ein Parker’s.«
»Genau wie Hardy’s«, murmele ich.
Er schaut mich an, und plötzlich ist da ein tieferes Verständnis zwischen uns. Er nickt und lächelt wehmütig. »Wissen Sie, Hardy’s erinnert mich sehr an unser kleines Familienunternehmen.Es steckt eine Menge Potential darin, aber die Leute wollen heutzutage einfach was anderes. Irgendwie scheint es keinen Bedarf mehr an netten, kundenorientierten Traditionskaufhäusern zu geben. Traurig, aber wahr.«
Energisch schüttele ich den Kopf, wobei meine Haare sich über die Schultern fächern. Dank Carly sind sie heute leicht wie eine Feder. »Da muss ich widersprechen«, entgegne ich bestimmt.
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut Joel mich an und setzt sich ganz gerade hin. »Wissen Sie, ich habe schon gehört, Sie hätten einige tolle, sehr fortschrittliche Ideen für das Geschäft«, sagt er und trinkt einen Schluck Tee. »Die würde ich gerne hören von einer hochgelobten Ausnahme-Einkaufsberaterin.«
»Und wer, wenn ich fragen darf, hat Ihnen all diese Sachen über mich erzählt?«, frage ich neckisch, weil ich unbedingt wissen will, wer da so ein großer Fan von Carly ist.
»Rupert, wenn Sie es ganz genau wissen
Weitere Kostenlose Bücher