Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
Gastgeber beleidigt.
„Was ist los?“ Phillip setzte sich neben ihn.
„Ich konnte mal wieder meinen Mund nicht halten und hab mich komplett zum Idioten gemacht.“ Wally blickte auf. Durch das Fenster sah er Dakota auf dem Weg ins Haus. Er schaute nicht sehr glücklich drein.
Kapitel 5
„W ER zum Teufel, glaubt der eigentlich, wer er ist?“, stieß Mario hervor. Dakota schaute Wally nach, der ihnen den Rücken gekehrt hatte und vor sich hinbrummelnd zum Haus zurückging. „So ein kleines Kerlchen und so ’ne große Klappe. Wenn der keinen Napoleon – Komplex hat, weiß ich auch nicht.“
Als die Fliegentür zugefallen war, wandte Dakota sich wieder Mario zu. „Ich weiß nicht, was er hat, aber das krieg’ ich schon raus.“ Dakota schaute zum Vorderfenster. Es sah so aus, als hätte Wally sich auf das Sofa fallen lassen. Mit der Absicht, eine Erklärung zu verlangen, ging Dakota auf die Haustür zu. Auf halbem Wege blieb er jedoch stehen und atmete erst einmal ein paar Mal tief durch. Dieser Mann war sein Gast, also musste er auch so behandelt werden.
Sobald er sich wieder ein wenig gefangen hatte, setzte er seinen Weg fort und zog die Tür ruhig auf. Er trat ins Wohnzimmer und starrte den Mann auf dem Sofa finster an, doch sein Ärger verschwand. Große blaue Augen blickten ihn aus dem schmalen Gesicht, das von kurzem, blondem Haar umgeben war, an. Was zum Teufel hatte er überhaupt vorgehabt – hätte er den Mann verprügeln wollen? Ihn anschreien? Wally wog doch höchstens 60 Kilo, großzügig geschätzt und wenn er aufrecht stand, reichte er Dakota vielleicht gerade mal bis zur Schulter.
„Es tut mir leid, dass ich meine Klappe so weit aufgerissen habe. Das ist deine Ranch und ich bin nur Gast hier.“
Verdammt noch mal, der Mann war ja bezaubernd, wenn er so an seiner Unterlippe nagte. Dakota ließ sich in einem Sessel nieder und starrte Wally unverhohlen an.
„Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen, dass ich erst vor kurzem meinen Abschluss in Tiermedizin gemacht habe. Während der letzten drei Jahre habe ich immer nur versucht, Tiere zu heilen. Auch solche mit Schusswunden.“
Dakota bemerkte kaum wie Phillip leise das Zimmer verließ. Er musste feststellen, dass er von dem kleinen Mann, der da auf seinem Sofa saß, völlig fasziniert war. Wally schien so aufrichtig und ernsthaft, dass er nicht länger böse sein konnte. Außerdem liebten ihn die Hunde und Sadie auch, was einiges zu bedeuten hatte. Dakota hatte schon immer gesagt, dass Tiere gute Menschen instinktiv erkennen konnten.
„Ich kann mir vorstellen wie du dich fühlen musst, aber die Wölfe nehmen uns jedes Jahr einige Kälber. Sie reißen sogar einen ausgewachsenen Jungochsen, wenn sie hungrig genug sind und das Rudel groß genug ist. Ich muss meine Herde beschützen.“ Dakota sah wie Wallys große Augen traurig wurden. „Das ist eben die harte Wirklichkeit, mit der wir hier draußen zurechtkommen müssen.“
„Ist wohl so.“ Wally blinzelte ein paar Mal und dann erhellte sich seine Miene. „Das soll jetzt nicht heißen, dass es mir gefällt, aber ich kann es verstehen.“
Verdammt, der kleine Kerl gab nicht einen Zentimeter nach, wenn er es verhindern konnte. Dakota musste unwillkürlich lächeln. „Du bist bestimmt ein guter Tierarzt.“
„Ich habe gerade erst meinen Abschluss gemacht und eigentlich würde ich am liebsten mit Großtieren arbeiten. Bisher habe ich damit nur theoretische Erfahrung. Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich mich mit deinem Tierarzt treffen kann, solange ich hier bin. Ich würde ihm gerne mal über die Schulter schauen.“
„Na dann, was hältst du davon, wenn wir uns ein paar Pferde satteln und ein wenig ausreiten? Sobald ihr ausgepackt habt, natürlich.“ Dakota hielt inne, als ihm aufging, dass er etwas Wichtiges vergessen hatte. „Du kannst doch reiten?“
Wally nickte. „Ja.“
Ein seltsamer Ausdruck huschte über das Gesicht des kleinen Mannes, aber er schien sich nichts weiter anmerken lassen zu wollen. Dakota stand auf. „Dann komm in einer halben Stunde zu mir in den Stall. Und bring Phillip mit.“ Auf dem Weg zur Tür drehte er sich noch einmal zu Wally um, der immer noch unbehaglich auf dem Sofa hin und her rutschte. „Nun mach dir mal keine Gedanken. Du hast ja nur deine ehrliche Meinung gesagt. Das ist keine Schande und geschadet hat’s auch niemanden.“
Das brachte ihm ein Nicken und ein zaghaftes Lächeln ein. Dakota ging zurück zum Stall, wo er Mario
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