Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)
vorfand, der die Boxen kontrollierte und Kevin Anweisungen gab. „Die Boxen von Sadie und Chestnut müssen heute noch fertig werden. Die anderen können bis morgen warten.“ Kevin eilte davon und warf Dakota im Vorübergehen ein Lächeln zu.
„Hast du ihm den Kopf gewaschen?“, fragte Mario.
„Wir haben geredet.“
„Wenn es nach mir ginge, hätte ich dem Typ innerhalb von zwei Sekunden ’nen Tritt in seinen schwulen Arsch verpasst, dass er von der Ranch geflogen wäre.“
Dakota starrte den Mann überrascht an. Einige von den Jungs gaben gelegentlich derartige Bemerkungen von sich, aber von Mario hatte er so etwas noch nie gehört. Dakota hielt den Mund und wandte sich zum Gehen, aber schon nach zwei Schritten blieb er stehen, drehte sich wieder um und winkte Mario in die Sattelkammer. Er machte die Tür hinter ihnen zu. „Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber solche Sprüche dulde ich hier nicht. Nicht von den Jungs und ganz bestimmt nicht von dir“, presste Dakota zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Mario hob in gespielter Kapitulation die Hände. „Was zum Teufel, soll das denn jetzt heißen?“
„Mario.“ Dakota hatte ein Gefühl im Bauch, als würden eine Million Grashüpfer gleichzeitig darin herumhüpfen. „Ich bin schwul und ich kann den Scheiß nicht mehr hören. Seit ich ein Kind war, musste ich mir von den Männern sowas anhören und das lasse ich mir nicht mehr bieten!“
All die Telefonate mit Phillip während der letzten sechs Monate, ihre ganzen Gespräche darüber, dass er lernen musste, zu sich zu stehen—endlich hatte Dakota es begriffen. Je länger er sich versteckte, desto weniger war er im Einklang mit sich selbst. Dakota trat einen Schritt zurück und wartete auf Marios Reaktion. Aber eines wusste er, solche Sprüche würde er sich in seinem eigenen Haus nicht mehr gefallen lassen. Ihm war bereits viel leichter zumute, auch wenn er sich innerlich schon darauf gefasst machte, sich einen neuen Vormann suchen zu müssen.
Er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit dem was nun kam: Gelächter.
„Ich mach’ keine Witze, Mario. Das hier ist kein Scherz und du regst mich langsam ziemlich auf.“ Dakota wurde allmählich richtig sauer.
Das Kichern seines Vormanns wurde zu einem schallenden Lachen. „Ich weiß, dass das kein Scherz ist.“ Mario brauchte ein paar Minuten, um sich wieder einzukriegen. Inzwischen konnte Dakota ihn nur wütend anstarren, obwohl er ihm am liebsten eine reingehauen hätte.
„Was ist denn dann so verdammt witzig, zum Teufel?“ Machte sich Mario etwa über ihn lustig? Wenn ja, war Dakota nämlich bereit, ihm in den Hintern zu treten. Das hatte er vor Jahren schon mal getan und er würde es wieder tun.
Mario sah ihm fest in die Augen. „Ich bin auch schwul.“
Sprachlos sah Dakota seinen Vormann an. Dann brach er selbst in Gelächter aus. „Wir sind schon so ein Paar.“ Er schüttelte den Kopf. „Was sollte dann die Bemerkung vorhin?“
„Selbstschutz, schätze ich.“ Mario schaute ein wenig beschämt drein. „Hab’ jahrelang versucht, so zu tun, als wär’ ich wie alle anderen, nur damit niemand Verdacht schöpft.“
Dakota nickte zustimmend; er wusste wie das war. „Warum hast du jetzt was gesagt?“ Da hörte er Schritte vor der Tür. „Wir reden später weiter.“ Er öffnete die Tür und sah Wally durch den Stall wandern. „Hey, Wally. Kommt Phillip auch?“
„Er wollte in ein paar Minuten hier sein.“ Wally blickte sich im Stall um. „Das ist toll. Also, welches Pferd soll ich reiten?“
„Ich wollte dir Sadie geben. Anscheinend mag sie dich.“ Dakota sah den Ausdruck auf Wallys Gesicht. „Lass dich nicht täuschen – sie ist vielleicht schon etwas älter, aber sie ist lebhaft und wirft jeden ab, den sie nicht mag.“
„Wo ist ihr Sattel? , fragte Wally, offensichtlich freudig erregt. „Ich bürste sie und zäume sie auf.“
„Ist alles in der Sattelkammer, beschriftet mit dem Namen jedes Pferdes“, antwortete Dakota und deutete auf die Tür. „Wenn du etwas nicht findest, schrei einfach. Ich sattle inzwischen Barney für Phillip.“
Dakota ging an die Arbeit, wobei er mit einem Ohr nach Wally lauschte. Er hörte wie sich die Stalltür öffnete, dann das Geräusch von Hufe, als Sadie in die Box neben ihm gebracht wurde. „Also, wie lange ist es her, seit du das letzte Mal geritten bist?“
„Ungefähr zehn Jahre“, antwortete Wally hinter der Trennwand. „Bis ich vierzehn war, habe ich
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