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Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition)

Titel: Ein weites Land – Miteinander (Geschichten aus der Ferne) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Grey
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aufgeregt miteinander, riefen sich den Kampf in Erinnerung, als hätten sie geraden die Ardennenschlacht gewonnen. Bei Wally entdeckte Dakota etwas ganz anderes. Seine Augen starrten blicklos in die Ferne, so als wäre er gar nicht wirklich da. Dakota nahm sein Bier, schob seinen Stuhl zurück und tat das, was er immer getan hatte.
    Er ging den Flur hinunter. Im Schlafzimmer seines Vaters hörte er den Fernseher laufen. Leise drückte er die Tür auf und sah seinen Vater von Kissen gestützt im Bett sitzen. Mit halb geschlossenen Augen schaute er ein Baseballspiel. „Kann ich mit dir reden?“
    Sein Vater nahm die spezielle Fernbedienung mit den größeren Tasten, die Dakota für ihn besorgt hatte und schaltete den Fernseher aus. „Sie hätten sowieso verloren.“ Heute Abend sprach er wieder undeutlich, Dakota konnte ihn kaum verstehen, aber das schien ihm nichts auszumachen. Die Augen seines Vaters blickten hell und wach. „Was ist?“ Wieder sprach er ganz verwaschen und Dakota machte sich gedanklich eine Notiz, am Morgen den Arzt anzurufen.
    Er setzte sich in den Stuhl neben dem Bett. „Ich habe Wally heute Nachmittag gesagt, dass ich möchte, dass er hierbleibt. Doktor Hastings hat ihm ja schon einen Job angeboten und alles. Er sagt auch, dass es ihm hier gefällt. Aber er hat mir noch keine Antwort gegeben und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich tun soll.“ Er übersprang geflissentlich die Episode am Fluss, als er und Wally sich geliebt hatten – obwohl sie die Worte nicht ausgesprochen hatten, wusste Dakota, dass es das gewesen war, zumindest für ihn—und ging stattdessen dazu über, seinem Vater von den Ereignissen um ihren Restaurantbesuch zu erzählen. „Ich brauche deinen Rat.“
    Dakota sah seinem Vater eine Zeit lang beim Nachdenken zu. „Du musst ihm einen Grund geben, hierzubleiben.“
    „Was soll das heißen?“, hakte Dakota nach. Von dem Mann, der seine ganze Kindheit hindurch so freigiebig mit seinen Ratschlägen gewesen war, hatte er sich ein bisschen mehr erhofft. Doch schon sah er, wie sein Vater die Augen schloss und sich entspannt in den Kissen zurücklehnte. Ein paar Sekunden später ging der Fernseher wieder an und sein Vater sah sich weiter das Spiel an. „Ist das alles, was du mir gibst?“ Dakota stand von seinem Stuhl auf.
    „Das ist alles, was du brauchst.“ Sein Vater war schon wieder in das Spiel vertieft. Also ging Dakota zur Tür und fragte sich dabei, ob seinem Vater langsam der Verstand verloren ging. Er drehte sich um, warf noch einen Blick zurück und verließ dann das Zimmer, um zurück in die Küche zu gehen.
    Irgendjemand hatte einen Satz Spielkarten gefunden. Phillip war am Austeilen. „Wir spielen Texas Hold' Em. Wenn du mitmachen willst, schnapp dir ein paar Käsecracker und setz dich.“ Er deutete auf den leeren Stuhl.
    „Käsecracker?“ Dakota glitt auf den Stuhl, während die Karten ausgeteilt wurden.
    „Nach so einem Abend dachten wir, ein wenig Futter für die Seele mit viel Biss und Kalorien ist genau das, was der Doktor verordnen würde.“ Phillip war mit dem Austeilen fertig.
    „Was bekommt der Gewinner?“, fragte Dakota, während er seine Karten ansah.
    „Hüftgold“, erwiderte Wally lächelnd, sehr zu Dakotas Erleichterung. Sie machten ihre Einsätze und bald waren alle mit soviel Ernst bei der Sache, als spielten sie um Riesensummen. Bucky kam herein und sie machten Platz für ihn am Tisch.
    „Warum seht ihr alle wie begossene Pudel aus?“ Bucky besah sich seine Karten und machte seinen Einsatz. Abwechselnd erzählten sie ihm, was am Abend passiert war. „Manchmal können Menschen ausgesprochen blöd sein.“ Bucky deckte seine Karten auf und strich den salzig-fettigen Pot ein.
    „Dazu sag’ ich Amen“, erklärte Wally ohne auch nur den Hauch eines Lächelns, während er an einem Teil seiner Einsätze knabberte.
    Dakota verteilte mehr Bier und als die Spieler erst einmal etwas angetrunken waren, fielen die Anspannung des vergangenen Abends vollends von ihnen ab.
    Sie spielten, bis Wally mit seinem Gähnen alle am Tisch angesteckt hatte und beschlossen dann, es gut sein zu lassen. Zu Dakotas Entsetzen verabschiedete sich Wally ohne eine Umarmung oder einen Kuss von ihm, verschwand in sein Schlafzimmer und schloss die Tür. Dort stand Dakota dann und fragte sich, ob er nicht trotzdem anklopfen sollte. Schon hob er die Hand, hielt aber inne, als er Schritte hinter sich vernahm. Als er sich umdrehte, sah er Phillip auf sich zukommen.

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