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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ausrufen
lassen.«
     
    Das Flugzeug war eine Turboprop,
dreißig Plätze maximal. Zu klein, um inkognito zu reisen. Ich zog den Strohhut
tiefer in die Stirn, während ich auf das Gate zuging. Hamid hatte bereits den
Asphalt überquert und stieg die Gangwaystufen hinauf. Als ich der Frau am Gate
meinen Boardingpaß hinstreckte, fragte ich, indem ich auf Hamid zeigte: »Dieser
gutaussehende dunkelhaarige Typ, der da gerade einsteigt — wissen Sie zufällig,
wo er sitzt?«
    Die Bodenstewardeß grinste und
zwinkerte mir zu. »Sie haben ihn also auch bemerkt. Vorletzte Reihe, und Sie
sitzen ganz vorn. Versuchen Sie, mit jemandem zu tauschen, sobald Sie auf
Reisehöhe sind.«
    »Danke.« Ich eilte nach draußen, eine
Hand auf dem Hut. Als ich zu der Maschine hinüberging, machte ich mich
möglichst klein; an Bord hielt ich den Kopf gesenkt. Mein Platz war in der
zweiten Reihe, und ich schlüpfte rasch hinein. Kringelte mich zusammen, die
Füße auf dem Nebensitz, wo Habiba hätte sitzen sollen, und zog mir den Hut ganz
ins Gesicht.
    Der Flug dauerte neunundvierzig Minuten
und verlief ohne besondere Ereignisse. Ich war als erste draußen und im
Flughafengebäude, wo ich in der nächsten Telefonkabinenreihe Posten bezog.
Hamid kam durch das Gate, blieb stehen und sah sich ungeduldig um. Ein Mann
trat auf ihn zu und streckte ihm die Hand hin. Sie konferierten kurz und gingen
dann den Ankunftskorridor entlang. Ich wartete kurz und folgte ihnen dann.
    Es heißt, Mitglieder der High Society
und Kriminelle erkennen ihresgleichen sofort. Vielleicht gilt das auch für
Ermittler. Alles an diesem unauffälligen grauhaarigen Mann in leichter
Sommerkleidung sagte mir, daß er Privatdetektiv war.
    Sie gingen durch einen Korridor zu der
Halle, wo die American-Flüge starteten, betraten eine Cocktaillounge und
setzten sich an einen Tisch gleich an dem Geländer, das den Servicebereich zur
Halle hin abgrenzte. Ich ging weiter zum nächsten Gate, wo gerade ein Flugzeug
ankam, und mischte mich unter die Wartenden. Hamid schien gereizt und sah sich
immer wieder nach einer Bedienung um; schließlich kam eine und nahm ihre
Bestellung auf.
    Ich versuchte gerade abzuschätzen, wie
nahe ich mich an sie heranwagen konnte, ohne entdeckt zu werden, als plötzlich
ein vertrauter Name über Lautsprecher ausgerufen wurde: »...Hy Ripinsky. Hy
Ripinsky bitte ans Telefon...«
    Kluges Bürschchen. Ich lächelte und
begab mich zu den Servicetelefonen, ohne Hamids Tisch aus den Augen zu lassen.
»Wo bist du?« fragte ich, als ich Hy an der Strippe hatte.
    »Im Ramada gleich beim Flughafen.« Er
gab mir die Nummer.
    »Ich rufe dich zurück.«
    Die Serviererin stellte jetzt Drinks
auf den Tisch. Sie bot ihnen Popcorn an, aber Hamid verscheuchte sie mit einer
Handbewegung. Ich ging zu einem Münztelefon, von dem aus ich die Bar besser im
Blick hatte, und führte meine Kreditkarte ein. Drückte die Nummer, die Hy mir
gegeben hatte, und beobachtete währenddessen, wie die beiden Männer miteinander
sprachen. Hamid gestikulierte unwirsch. Sein Gesprächspartner hörte zu und
antwortete ruhig und gelassen, so wie ich es selbst tat, wenn ich es mit einem
Klienten zu tun hatte, der unbillige Ansprüche stellte, den ich aber nicht
verlieren wollte.
    »Also, was tut sich, McCone?«
    »Hamid hat sich mit jemandem getroffen,
von dem ich mir zu neunundneunzig Prozent sicher bin, daß er Privatdetektiv
ist. Sie sind jetzt in der Halle, wo die Flüge nach San Francisco abgehen, also
will er vermutlich dorthin. Wie geht’s Habiba?«
    »Sie ist wieder in ihre Einsilbigkeit
verfallen.«
    »Beunruhigt es dich?«
    »Nicht besonders. Ich würde mich an
ihrer Stelle genauso verhalten.«
    »Und wie geht’s dir?«
    »Besser.«
    Hamids Tischgenosse redete jetzt, wobei
er seine Worte mit den Händen untermalte. Er deutete zu der Halle hinüber, wo
der American-Eagle-Flug angekommen war, dann in Richtung Rollfeld. Hamid
schüttelte den Kopf, sprach intensiv auf den anderen Mann ein und klopfte dabei
mit dem Zeigefinger auf den Tisch.
    »McCone?«
    »Sieht aus, als ob das Treffen nicht
besonders zufriedenstellend verläuft. Hamid ist ziemlich sauer.«
    Der Detektiv wartete, bis Hamid seine
Tirade beendet hatte, machte dann eine begütigende Geste und hob an, etwas zu
sagen. Hamid fiel ihm heftig ins Wort — ein Ultimatum, dachte ich. Der Mann
schüttelte den Kopf. Hamid stand auf, und jetzt drangen seine Worte bis zu mir
herüber: »Ich habe keine Zeit, mir Ihre Entschuldigungen

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