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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hängt.«
    Ich trat einen Schritt zurück, hievte
das Telefonbuch auf die Ablage und schlug es auf. Die Hälfte der Seiten war
herausgerissen, und auf der Innenseite des Deckels war mit Isolierband ein
Minikassettengerät festgeklebt.
    »Gefunden?« fragte die Stimme.
    »Ja.«
    »Spielen Sie das Band ab. Wenn Sie
damit fertig sind, werden Sie es löschen und mitnehmen.«
    »Wohin?«
    Klick.
    Ich hängte ein und stellte den Recorder
an. Dieselbe merkwürdige Stimme sagte: »Jetzt können wir unsere Unterhaltung
fortsetzen. Wenn Sie dieses Band abgehört und gelöscht haben, gehen Sie zu
Ihrem Wagen zurück. Um zwanzig vor sechs wird ein kleines Ablenkungsmanöver
steigen. Während die Polizei anderweitig beschäftigt ist, werden Sie und Hamid
losfahren.«
    Lange Pause.
    »Weiter!« sagte ich.
    »Schauen Sie nach rechts. Was sehen Sie
da?«
    Einen Bootshafen.
    »Überlegen Sie, was Sie sehen. Und
jetzt denken Sie an einen ertrunkenen Vogel, der im Wasser treibt. Einen
ertrunkenen Vogel.«
    Was sollte das — oh.
    In meinen Träumen hatte Mavis’
dahintreibende Leiche wie eine Fledermaus ausgesehen, aber das angemessenere
Bild wäre ein Vogel gewesen — weil ihr Name doch Singdrossel bedeutete.
    Mavis. Und der Bootshafen von Salt
Point.
    »Inzwischen haben Sie es sicher
kapiert, Ms. McCone. Tut mir leid, daß ich mich so kryptisch ausdrücken muß,
aber Sie werden ja sicher verstehen, daß ich auf äußerste Vorsicht angewiesen
bin.« Wieder eine Pause, als sammle er seine Gedanken.
    »Sie haben fünfundvierzig Minuten, um
mit Hamid dort hinzukommen. Achten Sie darauf, daß Ihnen niemand von der
Sonderkommission oder vom Department folgt. Ich habe das Tor so präpariert, daß
es nicht schließt; kommen Sie rein und bringen Sie Hamid auf die Jacht. Den
Namen wissen Sie ja sicher noch.«
    Die Freia.
    »Löschen Sie jetzt das Band, und gehen
Sie zu Ihrem Wagen zurück.« Der Hubschrauber, die Absperrungen: alles nur ein
Verwirrspiel. Der Anruf und die Kassette: seine Methode, Hamid und mich allein
zu sich zu lotsen.
    Und Adah? War sie wirklich am Leben,
oder war das nur eine weitere Lüge?
    Tun Sie, was immer er will.
    Ich spulte die Kassette zurück und
drückte die Löschtaste.
     
    Als ich hinter das Steuer des MG
schlüpfte, sagte Hamid: »Und was hat dieser Irre diesmal verlangt?« Seine
Stimme war fest, aber es schwang Angst darin.
    Meine Uhr zeigte fünf Uhr
achtunddreißig.
    »Ich habe Sie gefragt...«
    »Ich habe es gehört. Es hat eine kleine
Änderung gegeben. In circa zwei Minuten werden wir eine kleine Spazierfahrt
machen. Ich will, daß Sie sich umschauen und sicherstellen, daß uns niemand
folgt — weder FBI noch Polizei.«
    »O nein! Ich fahre nirgends hin
ohne...«
    Ich zeigte auf seine Handschellen. »Sie
haben wohl keine große Wahl, oder?«
    Hamid sah weg und rutschte tiefer in
seinen Sitz.
    Ich fixierte den Minutenzeiger, der
einen Strich weitergerückt war. Was hatte er mit Ablenkungsmanöver...
    Ein dumpfer Knall, wie von einer
Kartoffel, die im Backofen platzt.
    Hamid fuhr zusammen. Ich guckte an ihm
vorbei und sah gerade noch den Deckel eines Müllbehälters auf halbem Weg
zwischen dem Hubschrauber und dem St.-Francis-Jachtclub in die Luft fliegen.
Flammen schossen empor, und es regnete Müll auf die Promenade herab.
    »Was soll das?« fragte Hamid.
    Noch ein Knall, und ein zweiter
Müllbehälter explodierte.
    Ein Polizeiwagen fuhr an und kurvte mit
quietschenden Reifen um die Absperrung an der Webster Street. Ein
Pressekleinbus folgte ihm. Zuschauer quollen durch die Absperrung, während die
Uniformierten sie zurückzudrängen suchten.
    Auf dem Green loderte brennender Müll.
Das Dach des kleinen Navy-Schindelhäuschens fing Feuer. Ein Feuerwehrwagen, der
in der Webster Street postiert war, setzte sich mit blinkendem Warnlicht in
Bewegung.
    Ich ließ den MG an.
    Das Feuerwehrauto bog auf den
Boulevard, bahnte sich eine Schneise durch die Menschen, die die Fahrbahn
entlangrannten. Ich schoß in seinem Kielwasser aus der Parkplatzausfahrt. Im
Rückspiegel sah ich, wie uns ein Wagen der Sonderkommission zu folgen
versuchte. Die Fußgängerscharen hielten ihn auf, während ich das Steuer nach
links herumriß und an der Absperrung vorbei in die Fillmore preschte.
    »Schauen Sie aus dem Rückfenster«,
befahl ich Hamid.
    Er war blaß im Gesicht. Er nickte
wortlos und drehte sich um. Kaum Verkehr hier in der Seitenstraße. Kreuzung
Beach Street frei, Kreuzung North Point ebenso.
    Fillmore, zwischen

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