Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
huschte über ihr Gesicht. „Das würde ich auch so sehen. Aber keine Angst. Du und ich, wir werden den Kampf gewinnen.“
Er untersuchte die klobige Kiste, die den Saum ihren Kleides eingeklemmt hatte. Mit ganzer Kraft warf er sich dagegen und befreite ihr Kleid. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich dir gesagt habe, dass du mit in den Kampf ziehen sollst.“
„Noch nicht, aber da du ja gerne mit Zeitplänen und dergleichen arbeitest, dachte ich mir, dass du bestimmt schon einen Plan hast.“ Millicent beugte sich vor und wischte mit ihrem Schürzenzipfel über das verschmutzte Schild auf der Kiste. „Hmmm. Ein Fahrrad für Jungen. Aus New York.“
Sie schob sich an Daniel vorbei und lief die Treppe hoch. Einen Augenblick später schallte ihre Stimme aus einem der oberen Zimmer. „Das ganze Haus muss von oben bis unten geschrubbt und neu organisiert werden. Bis ich damit fertig bin, kannst du den Laden unmöglich aufmachen.“
Daniel rannte hinter ihr her die Treppe hoch. Fassungslos blieb er im Türrahmen des zweiten Schlafzimmers stehen und stöhnte: „Bei Tageslicht sieht es sogar noch schlimmer aus.“
Millicent stand in einem schmalen Gang zwischen der Wand und einem gusseisernen Bett und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Boxen, in braunes Papier gewickelte Pakete und Päckchen und eine Ansammlung von anderen seltsamen Gegenständen lagen überall im Zimmer verstreut.
Ärger stieg in Daniel auf. „Das ist kein Ort für eine Dame.“
„Aber der Platz einer Frau ist an der Seite ihres Ehemannes.“ Millicent drehte sich um und schüttelte beim Anblick eines Paares völlig verdreckter Handschuhe den Kopf. „Da du ja bereits ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut und geführt hast, wirst du die Organisation übernehmen. Hier wird sicher alles bald ganz anders aussehen. Es geht schneller, als du denkst.“
„Geh zurück zu Arthur und Isabelle.“ Etwas geistesabwesend fuhr sich Daniel mit der Hand durch die Haare. Er hatte ihr einen florierenden Laden, ein schönes Zuhause und einen sicheren Zufluchtsort versprochen – und doch stand sie jetzt mitten im größten Chaos und war allen Ernstes davon überzeugt, dass sie ihm beim Aufräumen helfen würde. „Du gehörst hier nicht hin.“
„Wenn man es genauer betrachtet, dann hat dein Cousin diesen Raum tatsächlich für unsere Ankunft vorbereitet. Schau doch mal. Er hat alle Kisten und Päckchen an die Wand geschoben und die Wiege direkt neben das Bett gestellt.“ Sie kaute auf ihrer Unterlippe und eine zarte Röte stieg ihr ins Gesicht. „Ich habe ganz vergessen, dass er ja auch die Nacht hier verbringen wollte.“
„Er hat woanders geschlafen.“ Als er gestern Abend von der Pension zum Laden zurückgekehrt war, hatte er Orville mit zwei anderen Männern auf der Straße getroffen. Sie waren gerade dabei, die Koffer und das andere Gepäck in den hinteren Lagerraum zu verfrachten. Die letzte Kiste hatte den Boden kaum berührt, als Orville die Männer auch schon in den Saloon einlud, um ihren Durst zu stillen. Als Daniel ablehnte, hatte er beleidigt gewirkt. Um das Thema zu wechseln, fragte Daniel Millicent: „Warum bist du nicht bei Arthur und deiner Schwester?“
„Isabelle wird für ein paar Tage auf Arthur aufpassen. Dann kann ich dir hier helfen, und sie ist beschäftigt.“
Daniel wählte seine nächsten Worte mit Bedacht. „Normalerweise würde ich sagen, dass deine Schwester der Aufgabe sicher gewachsen wäre, aber in ihrer momentanen Verfassung ...“
Tränen standen in Millicents außergewöhnlich ausdrucksstarken Augen. „Arthur hat gemerkt, dass Isabelle weint. Da ist er auf ihren Schoß gekrabbelt und hat sie geküsst. Kinder sind sehr sensibel – er merkt, dass etwas nicht stimmt und bleibt immer in ihrer Nähe. Mrs Orion hat mir versprochen, dass sie immer mal wieder nach dem Rechten sieht.“
Langsam streckte Daniel die Hand aus und wischte Millicent die Tränen aus dem Gesicht. „Du trauerst auch. Geh doch zurück in die Pension und gib dir etwas Zeit. Ich werde mich hier schon um alles kümmern.“
„Aber ich tue das gerne. Ich möchte dir helfen. Je eher wir hier alles in Ordnung bringen, desto besser. Wenn wir erst einmal in unsere Wohnung oben einziehen können und alles eine Routine hat, wird es Isabelle bald besser gehen.“
„Millicent ...“
Sie wirbelte herum und verschwand. Über die Schulter hinweg rief sie: „Ich räume ein bisschen weiter auf, während du deine Schuhe
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