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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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länger nicht gehört. Nicht seit Mum den großen Krach mit Tante Doris hatte, die in den fünfziger Jahren auf Jamaika aufgewachsen war und es nicht so mit Political Correctness hatte. Wenn sie in dieser Hinsicht altmodisch waren, überlegte ich, dann waren sie es vielleicht auch in anderer Hinsicht – und womöglich konnte man das ausnutzen.
    »Sag ihm, wir wollen, dass eine Krankenschwester mitkommt. Zur Sicherheit«, trug ich Zach auf.
    »Was haben Sie vor, Peter?«, wollte Nightingale wissen.
    Ich drehte mich um und winkte Agent Reynolds näher.
    »Sind Sie ausgerüstet?«, fragte ich sie.
    Einen Moment lang sah sie verwirrt aus, dann nickte sie.
    Lesley knuffte mich gegen den Arm. »Nicht ohne mich.«
    »Okay, zwei Krankenschwestern«, sagte ich zu Zach.
    Um die Nachtsicht der beiden Bewaffneten und Nightingales nicht zu beeinträchtigen, hielten wir die Taschenlampen sorgfältig von ihnen abgewandt, aber selbst im Halbschatten konnte ich erkennen, dass ihm der Gedanke, Frauen in die Gefahrenzone zu schicken, gar nicht gefiel.
    »Sir«, sagte ich. »Es ist notwendig.«
    Er seufzte und nickte Zach zu. Der brüllte nach vorn, dass zwei Krankenschwestern mitkommen würden. Die Antwort verstand ich wieder nicht, aber nach einigem Hin und Her stieß Zach einen langen Atemzug aus und sagte, sie seien einverstanden.
    »Mit wem werden wir reden?«, fragte ich.
    »Ten-Tons«, sagte Zach. »Oder vielleicht Ten-Tons Tochter.«
    »Interessant«, sagte ich.
    »Mit der nicht rumgemacht wird, klar?«, sagte Zach.
    »Warum bitte sollte ich mit Ten-Tons Tochter rummachen?«, fragte ich.
    »Denk nicht mal dran.«
    »Okay, kein Rumgemache mit Ten-Tons Tochter. Hab’s kapiert.«
    »Was sollte das denn, bitte?«, fragte Lesley.
    »Keine Ahnung«, sagte ich wieder mal, aber im Stillen dachte ich, dass ich vielleicht doch eine hatte.
    »Na gut, bringen wir’s hinter uns«, sagte Zach. Er rief nach vorn, wir kämen jetzt, und marschierte los. Ich folgte ihm, und Nightingale bat mich, vorsichtig zu sein.
    »Das ist der Plan«, sagte ich.
    »Sie haben einen Plan?«, fragte Reynolds.
    »Oh, bitte«, sagte Lesley.
    Wir gesellten uns zu Zach. Als ich mit der Taschenlampe den Tunnel entlangleuchtete, glaubte ich in der Ferne bleiche Gesichter zu erkennen.
    »Vielleicht leuchtest du besser nach unten – vor deine Füße«, sagte Zach.
    »Warum?«, fragte Lesley.
    »Die haben empfindliche Augen.«
    Wenn man von der Polizei ist, ist es wichtig, immer den Eindruck zu erwecken, man wisse mehr über das, was wirklich vorgeht, als jeder beliebige Durchschnittsbürger. Um das zu erreichen, ist es vorteilhaft, tatsächlich mehr über irgendwas zu wissen, als die Leute glauben. Beispiel: Ich war mir recht sicher, dass ich wusste, wo die Siedlung des Stillen Volks sich befand. Lesley, Nightingale und ich hatten beschlossen, es Siedlung zu nennen, weil uns die demografischen Implikationen des Wortes Dorf nicht ganz geheuer waren.
    »Und wenn es eine Stadt ist?«, hatte Lesley bei der Vorbesprechung der Operation gefragt. »Oder eine Großstadt? «
    »Das wollen wir nicht hoffen«, hatte Nightingale gesagt.
    Ich hatte vorgeschlagen, in diesem Fall das Problem Tyburn zu überlassen. Nightingale fand das nicht sehr komisch. Er meinte, wir sollten wenigstens das Ausmaß des Problems herausfinden, bevor wir versuchten, es zu lösen. Ich verkniff mir die Antwort, dass es dem Stillen Volk mindestens hundertsechzig Jahre lang gelungen war, kein Problem darzustellen – zumindest nicht für die öffentliche Sicherheit. Historisch gesehen war das mehr, als man über den Ort sagen konnte, unter dem wir ihre Siedlung vermuteten.
    London war die erste Megalopolis der Welt. Gut, man kann da auch Beijing, Konstantinopel oder Rom anführen, aber was schiere, zügellose, unkontrollierte Expansion angeht, setzte London den Standard, dem alle späteren großen Städte folgten. Im 19. Jahrhundert bekam die Stadt Schlagseite nach Westen, als die Reichen versuchten, den Armen zu entkommen, und die Armen versuchten, den Ratten zuentkommen. Die Grundbesitzer, viele davon Adlige, kehrten sich in Scharen von ihrer mystischen Verbindung zur Scholle ab und ließen auf ihrem Ackerland neue Siedlungen erstehen. In Middlesex schossen über Nacht neue Wohngebiete aus dem Boden, und für all diese Villen, Bürgerhäuser und Hütten brauchte man eines – Ziegel. Millionen Ziegel. Glücklicherweise fand sich mitten in einer schwer trockenzulegenden Mulde westlich der Portobello

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