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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Verdächtiges-Verhalten-Bingozettel.
    »Du meine Güte«, sagte er, »die Polente.« Dann bemerkte er Lesleys Maske und sah mit einer übertriebenen Kopfbewegung ein zweites Mal hin. »Junge Dame, meinen Sie nicht, dass Sie das Konzept der verdeckten Ermittlung vielleicht ein bisschen zu wörtlich nehmen? Kann ich Ihnen einen Tee anbieten? Varenka kann recht guten Tee kochen, vorausgesetzt, Sie trinken ihn mit Zitrone.«
    »Klar, ich würd ’ne Tasse nehmen«, sagte ich. Wenn er auf schmierigen Snob machen wollte, war ich mir nicht zu schade, den Cockney-Bullen zu mimen.
    »Setzen Sie sich, setzen Sie sich.« Er deutete auf zwei am Esstisch stehende Stühle. Er selbst rollte sich uns gegenüber und verschränkte die Hände, damit sie nicht zitterten. »Jetzt müssen Sie mir aber erzählen, weshalb Sie so bei mir hereinplatzen.«
    »Ich weiß nicht, ob Sie’s wissen, aber David Faber ist vorkurzem spurlos verschwunden, und wir ermitteln in der Sache.«
    »Ich muss leider sagen, dass ich noch nie von einem David Faber gehört habe«, erklärte Woodville-Gentle. »Ist er berühmt?«
    Ich schlug betont langsam mein Notizbuch auf und blätterte darin. »Sie waren gleichzeitig mit ihm am Magdalen College in Oxford, von 1956 bis 1959.«
    »Das stimmt nicht ganz«, sagte Woodville-Gentle. »Ich war erst ab 1957 dort, und mein Gedächtnis ist zwar nicht mehr ganz das, was es einmal war, aber ich bin mir recht sicher, dass ich mich an einen Namen wie Faber erinnern würde. Haben Sie ein Foto?«
    Lesley zog ein Foto aus ihrer Innentasche, einen modernen Farbausdruck eines Schwarz-Weiß-Fotos. Es zeigte einen jungen Mann mit Tweedjacke und authentisch gewellter Frisur vor einer nichtssagenden efeubewachsenen Ziegelmauer. »Klingelt da was?«
    Woodville-Gentle kniff die Augen zusammen. »Ich fürchte nein.«
    Hätte mich auch sehr gewundert, schließlich hatten Lesley und ich das Bild von einer schwedischen Facebook-Seite heruntergeladen. David Faber hatte es nie gegeben, und für einen Schweden hatten wir uns entschieden, weil es extrem unwahrscheinlich war, dass eines der Kleinen Krokodile ihn tatsächlich kannte.
    »Nach unseren Informationen war er in derselben Studentenvereinigung wie Sie.« Wieder blätterte ich in meinem Notizbuch. »Die Little Crocodiles.«
    »Dining-Club«, sagte Woodville.
    »Sorry?«
    »Man nannte das Dining-Club«, wiederholte er. »Nicht Studentenvereinigung. Ein Vorwand, um gut zu essen und sehr viel zu trinken, obwohl wir uns wohl auch mit etwas Wohltätigkeitsarbeit und dergleichen beschäftigten.«
    Da kam Varenka mit dem Tee – auf russische Art, schwarz mit Zitrone in Gläsern serviert. Nachdem sie uns bedient hatte, bezog sie hinter Lesley und mir Position, wo wir sie nur sehen konnten, wenn wir den Kopf drehten. Das ist ein alter Polizeitrick, und wir mögen es überhaupt nicht, wenn man ihn bei uns anwendet.
    »Leider gibt es in meinem Haushalt weder Kuchen noch Kekse«, sagte Woodville-Gentle. »So etwas darf ich auf ärztliche Anordnung nicht essen, und ich bin viel beweglicher und trickreicher darin, Dinge zu finden, die mir verboten sind, als man denken sollte.«
    Ich nippte an meinem Tee, während Lesley einige Routinefragen stellte. Woodville-Gentle erinnerte sich an die Namen mehrerer Zeitgenossen, die ebenfalls Mitglieder der Little Crocodiles gewesen waren, und einiger, die es gewesen sein könnten. Die meisten der Namen waren schon auf unserer Liste, aber es kann nie schaden, wenn man Informationen bestätigt bekommt. Er gab uns außerdem die Namen einiger Studentinnen, die er als »assoziierte Mitglieder« bezeichnete – auch nützlich. Nach fünf Minuten erklärte ich, ich hätte gehört, dass man vom Balkon aus einen tollen Blick habe, und fragte, ob ich mal schauen dürfe. Woodville-Gentle gestattete es großzügig, also stand ich auf und trat hinaus, nachdem Varenka mir gezeigt hatte, wie die Schiebetür funktionierte. Beim Aufstehen hatte ich mir scheinbar geistesabwesend über die Jackentasche getastet. Darin hatte ich eine Schachtel Streichhölzer, mit der ich einwenig klapperte. Ich war mir einigermaßen sicher, dass sie annahmen, ich wollte draußen eine rauchen. Das alles gehörte zu Lesleys listigem Plan.
    Die Aussicht war tatsächlich atemberaubend. An die Brüstung gelehnt konnte ich im Süden die Kuppel der St. Paul’s Cathedral sehen, dahinter die Themse und Elephant and Castle, wo das Gebäude, das im Volksmund zärtlich »Elektrorasierer« genannt wird, sich

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