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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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vertauschten Blöcke heraus. Nichts war dahinter. Und auch nicht hinter dem anderen. Natürlich nicht, denn derjenige, der die Bücher vertauscht hatte, hatte das, was dahinter gewesen war, entfernt. Aber wenn er es eilig gehabt hatte? Ich räumte auch die Bücher zu beiden Seiten der Stelle aus, und da fand ich etwas. Eine 5-ml-Einmalspritze, leer und mit aufgesetzter Nadel. Ich drehte die Nadelab und schnupperte daran. Es roch leicht medizinisch. Also gebraucht. Stolz zeigte ich sie Lesley und Nightingale.
    »Sie war Pflegerin«, sagte Lesley. »Könnte auch was Legales sein, oder?«
    »Und deshalb hat sie es hinter den Büchern versteckt? Ist kein besonders gutes Versteck, es war also etwas, was sie manchmal schnell brauchte.« Ich schnupperte wieder, aber das brachte mich auch nicht weiter. »Ich frage mich, ob es ein Beruhigungsmittel ist. Vielleicht war die russische Schwester noch auf anderes aus als sein Wohlergehen?«
    Ich legte die Spritze wieder an den Platz, wo ich sie gefunden hatte. Lesley zeigte hinter mich, wo im Flur ein paar Leute in Schutzanzügen dabei waren, die Bücher systematisch von den Regalen zu heben und dahinter sorgfältig nach Leerräumen und Verstecken zu suchen.
    »Dir ist klar, dass die das auch gefunden hätten?«
    »Es ist nicht gut, wenn man sich zu sehr auf Spezialisten verlässt«, erläuterte ich.
    »Hört, hört«, sagte Nightingale.
    »Und wir sind wohl keine Spezialisten?«, fragte Lesley.
    »Wir?«, sagte ich. »Wir sind … unverzichtbar.«
    Ehe man uns in den Wohnbereich ließ, mussten wir warten, bis die Spurensicherung dort fertig war. Erstaunlicherweise hatte der aus alten Zeiten sozusagen vakuumverpackt hierherkatapultierte Nightingale größten Gefallen an den Fortschritten der Spurentechnik gefunden. Ihm war vielleicht nicht ganz klar, was es mit DNA auf sich hatte, aber das Prinzip von Spurenmaterial hatte er verstanden und akzeptierte das von den Technikern ermittelte Ergebnis, ohne sich groß mit Details abzugeben.
    Einmal hatte ich versucht, ihm das Konzept des genetischenFingerabdrucks zu erklären, und dabei festgestellt, dass ich das Meiste erst einmal selbst nachschlagen musste. Die biologischen Grundlagen kapierte ich, aber bei den verschiedenen Wahrscheinlichkeitsberechnungen gab ich auf – wie immer bei solchem Kram. Ich hätte einen wirklich schlechten Wissenschaftler abgegeben.
    Als die Spurentechniker draußen waren, führte Nightingale uns hinein, mahnte uns aber unter Hinweis auf einen Kreis aus blauem Polizeiklebeband um einen Brandfleck am Boden und diverse im Raum verteilte nummerierte Schildchen zur Vorsicht. »Ich habe Sie beide hierhergebracht«, sagte er, »weil ich möchte, dass Sie das hier miterleben, solange die Vestigia noch stark genug sind, um sie zu identifizieren.«
    Er befahl uns, die Augen zu schließen und an gar nichts zu denken, was natürlich unmöglich ist. Aber der entstehende Wirrwarr zufälliger Gedanken hilft am besten dabei, das Befremdliche zu bemerken. Die Vestigia waren ziemlich aufwühlend: etwa wie ein Kreischen; fast, aber nicht ganz menschlich. So, als ob vor dem Fenster zwei Katzen kämpfen, und einen Moment lang könnte man schwören, da schreit ein Mensch. Allerdings nicht, wenn man schon länger bei der Polizei ist – da lernt man das schnell zu unterscheiden.
    »Schreie«, sagte ich.
    »Ist das ein Geist?«, fragte Lesley.
    »Gewissermaßen«, sagte Nightingale.
    »Ein Dämon?«, wollte ich wissen.
    »Kein gefallener Engel im biblischen Sinne. Aber falls man darunter einen Geist versteht, der zur äußersten Böswilligkeit getrieben wurde, ja.«
    »Und wie macht man das?«, fragte ich.
    »Man foltert irgendeine arme Seele zu Tode. Und dann fängt man sie im Augenblick des Todes ein.«
    »Himmel«, sagte ich. »Geister, die zu Waffen gemacht werden.«
    »Das haben bestimmt die Deutschen erfunden«, sagte Lesley. »Oder?«
    »Nicht erfunden«, sagte Nightingale. »Allenfalls verfeinert. Wir glauben, dass die Technik schon recht alt ist; sie kam irgendwann im ersten Jahrtausend nach Christus in Skandinavien auf.«
    »Wikinger«, sagte Lesley.
    »Genau. Blutrünstig, aber in begrenztem Rahmen erstaunlich gelehrsam.«
    Irgendwie einleuchtend bei den langen Winternächten, dachte ich. Wenn man alle Varianten des Fressens, Saufens und Herumhurens durchhatte, bot es sicher eine gewisse Abwechslung, jemanden langsam zu Tode zu foltern.
    Nightingale drückte mir einen Stock in die Hand. »Bitte klopfen Sie vorsichtig

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