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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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der Magie übertrieben. Das würde auch erklären, warum er sich zurückzog.«
    Der Gesichtslose, dem ich begegnet war – derjenige, der mich so mühelos auf dem Dach in Soho herumgekickt hatte –, war jung gewesen, höchstens in den Dreißigern, da war ich mir sicher. Falls Woodville-Gentle sich schon in den siebziger Jahren, als sein Nachfolger kaum aus den Windeln heraus war, aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen hatte, würde das die zeitliche Lücke erklären. Nightingale stimmte mir zu.
    »Ich frage mich nur, wie die beiden sich trafen«, fügte er hinzu.
    »Da gibt’s tausend Möglichkeiten«, sagte ich. »Ein Verwandter, ein Schüler, vielleicht sind sie an der Bushaltestelle ineinander hineingerannt.«
    »Ich denke, Letzteres können wir streichen«, sagte Nightingale.
    »Aber einen Zipfel des Knotens haben wir jetzt«, sagte Lesley. »Und über Woodville-Gentle gibt es Arztberichte, es gibt den Immigrationsstatus dieser russischen Schwester, es gibt finanzielle Transaktionen aus dieser Wohnung heraus und die Spritzen. Jetzt, wo wir einen Namen haben, können wir eine Menge weiterer Schritte unternehmen.«
    »Aber nur sehr vorsichtige Schritte«, warnte Nightingale. »Für mich steht fest, dass die Dämonenfalle hinterlassen wurde, um Sie und Peter zu töten, falls Sie zurückgekommen wären. Folgen Sie ruhig der Papierspur, aber von jetzt an wird es keine Treffen mit potenziellen Kleinen Krokodilen mehr geben, ohne dass ich dabei bin. Haben Sie verstanden?«
    Erstaunlicherweise protestierten weder Lesley noch ich gegen diese strategische Wendung. Nichts mahnt einen Menschen so zur Vorsicht, wie dem Tod ins Auge geblickt zu haben. Mit der sicheren Gewissheit, dass sein Argument angekommen war, schickte Nightingale uns sodann nach Hause. Aber ich war noch nicht bereit für die friedliche Stille des Folly.
    »Gehen wir noch in den Pub?«, fragte ich im Lift. »Wir waren schon seit Ewigkeiten nichts mehr trinken.«
    Lesley tippte sich an die Mundöffnung ihrer Maske. »Dafür gibt’s vielleicht einen Grund.«
    »Nimm doch ’nen Strohhalm.«
    Da konnte sie natürlich nicht nein sagen.
    »Wohin gehen wir denn?«, fragte sie, während wir das Embankment entlangbrausten.
    »Ich dachte, in die AB-Kneipe.«
    Lesley zuckte zusammen. »Du … Mistkerl.«
    »Die wollen alle wissen, wie’s dir geht. Und früher oder später wirst du sie mit … wirst du ihnen begegnen müssen.«
    »Mit den Tatsachen konfrontieren müssen. Das wolltest du sagen, ja?«
    Ich nickte. »Ja. Und außerdem werden wir so den ganzen Abend freigehalten.«

13
Sloane Square
    Bei der Polizei zu sein bedeutet zu trinken. Außer natürlich, man heißt DC Guleed – in welchem Falle bei der Polizei zu sein bedeutet, dass man lernen muss, sich inmitten eines Haufens angetrunkener Kollegen zu amüsieren. Das fängt schon bei den normalen PCs an – wenn du zwölf Stunden lang von den lieben Mitbürgern auf Trab gehalten wurdest, brauchst du am Ende des Tages etwas, was dich wieder runterbringt. Wäre Hasch legal, dann wäre die erste Handlung der Uniformierten meiner Generation, sich nach Dienstende eine dicke Tüte zu drehen, aber da das nicht der Fall war, gingen wir stattdessen in den Pub. Erst nachdem ich mein erstes Pint geleert hatte, ging mir allerdings auf, dass ich wohl als Fahrer vorgesehen war, und so war es von diesem Augenblick an ich, der die Rolle des tugendhaften Abstinenzlers übernahm.
    Die AB-Kneipe, wie wir das Stammlokal der Belgravia-Belegschaft nannten, war ein klassischer viktorianischer Eckpub, der sein traditionelles Ambiente mit Zähnen und Klauen (und mit Hilfe der Tatsache, dass er an keiner Hauptstraße stand) verteidigte. Die Kundschaft bestand nicht komplett aus Polizisten, aber es wäre bestimmt nicht der beste Ort gewesen, um sich als Taschendieb oder Zechprellerzu versuchen. Die niederen Ränge erkannte man daran, dass ihre Anzüge aus dem Kaufhaus waren, während die höheren Dienstgrade maßgeschneidert antraten – nicht nur, weil sie es sich leisten konnten, sondern auch, weil das Risiko, irgendwelche Körperflüssigkeiten auf die Kleidung zu bekommen, bei ihnen deutlich geringer war.
    Am einen Ende des Tresens hielt Seawoll Hof und kippte seine Drinks stetig und in dem sicheren Wissen hinunter, dass Stephanopoulos, seine kompetenteste DI, den Fall schon schaukeln würde. Als er Lesley erspähte, winkte er sie zu sich. Ich wollte ihr folgen, aber er stoppte mich mit erhobenem Zeigefinger. Lesley war

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