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Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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auf meinem Gebiet.«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Unser Gebiet ist das alles hier«, sagte Lesley. »Die ganze verdammte Stadt.«
    Was auch immer Effra erwidern wollte, es wurde durch die Ankunft unserer Getränke unterbrochen – drei braune und eine grüne Flasche.
    »Das Bier wird Ihnen schmecken«, sagte Oberon. »Es ist aus einer winzigen Brauerei in den Staaten. Der Wirt hier bekommt immer genau eine Kiste pro Lieferung.« Er drückteder Bedienung einen Fünfziger in die Hand. »Stimmt so. – Ist aber verflucht teuer.«
    »Und Sie sind der König der Feen?«, fragte ich ihn.
    Er grinste. »Nein. Mein Meister betrachtete sich als gebildeter Mann der Aufklärung, daher der Name Oberon. Damals war das so Brauch, viele meiner Freunde hatten ähnliche Namen – Cassius, Brutus, Phoebe, die wahrhaftig so schön wie die Sonne war, und natürlich Titus.«
    Ich hatte den atlantischen Dreieckshandel im achten Schuljahr durchgenommen und erkannte sehr wohl Sklavennamen, wenn ich sie hörte. Ich nippte an dem Bier. Es war vollmundig, nussig und hätte, fand ich, wahrscheinlich noch besser geschmeckt, wenn es Raumtemperatur gehabt hätte.
    »Wo war das?«
    »New Jersey«, sagte Oberon.
    »Und wann?«
    »Warum sind Sie hier?«, fragte Effra und bedachte Oberon mit einem Blick, den nicht einmal er ignorieren konnte. Ich verzog mitfühlend das Gesicht. Seine Lippen zuckten, aber er wagte nicht zu lächeln.
    Ich hätte das Thema gern weiterverfolgt, aber ich spürte, wie sehr Lesley sich beherrschen muste, um mir nicht eine Kopfnuss zu verpassen und »Bleib beim Thema!« ins Ohr zu zischen. Also zeigte ich Effra und Oberon je ein ausgedrucktes Foto der Statue und der Obstschale. »Wir versuchen herauszufinden, woher die hier kommen.«
    Effra kniff die Augen zusammen. »Die Schale sieht handgemacht aus, aber die Statue ist eine florentinische Aphrodite, eine Kopie aus dem neunzehnten Jahrhundert – das Original stammt von einem dieser schwulen Italiener,sein Name ist mir gerade entfallen. Nichts Weltberühmtes, ganz nett, aber nicht atemberaubend. Ich weiß noch, ich hab das Original mal in voller Lebensgröße in der Galleria dell’Accademia gesehen. Wie hieß der Künstler bloß wieder …«
    »Wie kommt’s, dass es dann Fleet ist, die sich in den Kunstgalerien rumtreibt?«, fragte ich.
    »Fleet ist die beim Radio. Ich bin die mit dem Bachelor in Kunstgeschichte.«
    »Nicht, dass das irgendwelche Bitterkeit hervorruft, nicht wahr«, warf Oberon ein.
    »Ich hab’s nur studiert, weil Mum darauf bestanden hat, dass wir alle einen Hochschulabschluss machen. Kunstgeschichte erschien mir am einfachsten. Und man hatte ein Auslandsjahr in Italien.«
    »Irgendwelche netten italienischen Flüsse kennengelernt?«, erkundigte ich mich.
    Effra grinste. »Nee. Aber unten im Süden braust in jeder zweiten Sandbucht ein Geist mit ’nem Body wie Adonis und einer Stimme wie Robert de Niro, wenn der Italienisch könnte, auf einer Vespa rum. Die Kirche wird’s nie schaffen, bis zur Stiefelspitze zu kommen – wie war das noch mal? Cristo si è fermato a Eboli .« Es war interessant, wie Effras Aussprache immer wieder unvermittelt die soziale Skala auf und ab sprang.
    »Weiter«, sagte Lesley.
    »Die Schale sieht aus wie die, mit denen die Beales gehandelt haben«, sagte Oberon. »Empire Ware, Empire Pottery oder so ähnlich. Es hieß, die Sachen seien unzerbrechlich und gut geeignet für Weltgegenden wie Darjeeling und das finstere Afrika.«
    »Sie sollten mit Hyacinth sprechen«, sagte Effra. »Sie verkauft manchmal solche Statuen.«
    »Und wo finden wir Hyacinth?«, fragte ich.
    Wie sich herausstellte, war Hyacinth das Gothic-Girl mit den Totenmasken. Es war nicht zu übersehen, dass sich die Haltung des Marktes uns gegenüber verändert hatte, während wir oben unser Bier getrunken hatten. Unter den Budenbesitzern hatte sich herumgesprochen, dass wir zu den Gesetzeshütern gehörten, und die Kundschaft, die inzwischen merklich zahlreicher geworden war, war offenbar ebenfalls informiert worden. Nicht dass jemand barsch oder rüde gewesen wäre – nein, wir bewegten uns einfach in einer Blase aus Schweigen, weil die Kunden hastig ihre Gespräche unterbrachen, wenn wir vorüberkamen. Übrigens haben wir gar nichts gegen barsches und rüdes Verhalten, denn wenn die Leute sich da so richtig hineinsteigern, vergessen sie oft, darauf zu achten, was sie sagen. Deshalb klatschten Lesley und ich Hyacinth auch erst mal unsere Dienstausweise

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