Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition)

Titel: Ein Wispern unter Baker Street: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
Vom Netzwerk:
Farbe abzuschleifen. Ich zupfte ein Blättchen ab und sah, dass sie schon mindestens drei Farben durchgemacht hatte, darunter ein fieses Orange. Eine Klingel gab es nicht, nur einen metallenen Türklopfer in Form eines Löwenkopfs. Wir machten uns nicht die Mühe zu klopfen.
    Ich hatte erwartet, dass es drinnen aussehen würde wie hinter den Kulissen einer Bühne, aber stattdessen betraten wir einen typischen viktorianischen Hausflur mit abgetretenem schwarz-weißem Fliesenboden und einer Tapete, deren Gelb zu einer hellen Zitronenfarbe verblasst war. Dereinzige Unterschied war, dass der Flur nicht von vorn nach hinten ausgerichtet war, sondern von rechts nach links und so die beiden falschen Häuser verband. Links von uns war noch eine weitere Eingangstür, und an beiden Enden gingen gewöhnliche Zimmertüren ab.
    Ich ging nach links. Lesley nach rechts.
    Hinter meiner Tür befand sich ein Zimmer mit Erker, Gardinenstores und nacktem Holzfußboden. Es roch nach Staub und Maschinenöl. Die hintere Wand war grob verputzt, schmutzig und fensterlos. Am Boden bemerkte ich etwas Grünes und hob es auf – ein noch frisches Kohlblatt. Es war ein klassischer Fall vom Typ »Verschlossener Raum«: Das Geheimnis des verschwundenen Gemüses . Ich wollte gerade gehen und nachsehen, ob Lesley mehr Glück gehabt hatte, da bemerkte ich, dass in ein Fußbodenbrett ein eiserner Ring eingelassen war. Bei näherer Inspektion entpuppte er sich als Griff einer Falltür, die sich erstaunlich leicht hochheben ließ. Darunter lagen sechs Meter Abgrund und dann die Schienen. Vorsichtig legte ich mich auf den Boden und steckte den Kopf durch das Loch.
    Leicht beunruhigt sah ich, dass die zwei halben Häuser nur auf einigen uralten, rußgeschwärzten Holzbalken ruhten, die den Abgrund überspannten und von unten durch diagonale Balken gestützt wurden, die aus den Backsteinmauern des Tunneleinschnitts ragten. An dem Balken, der sich direkt neben der Luke befand, war eine längliche, flache Konstruktion aus Eisen, dunklem Holz und Messing befestigt. Nach einer Weile intensiver Betrachtung erkannte ich endlich, dass es sich um eine Art ausklappbare Feuerleiter handelte, die dort ordentlich zusammengefaltet ruhte.
    In bequemer Reichweite der Falltür befand sich einHebel aus lederumwickeltem Messing, wie man ihn bei alten Dampfloks und Oldtimern findet. Ich griff danach, um auszuprobieren, ob er sich bewegen ließ.
    »Was ist da unten?«
    Ich wandte den Kopf Lesley zu. »Eine Klappleiter, glaube ich. Ich will gerade sehen, ob ich sie ausfahren kann. Sie müsste direkt auf die Schienen hinunterführen.«
    Wieder griff ich nach dem Hebel, aber in diesem Moment ratterte genau unter mir ein Zug der Circle Line Richtung Bayswater Station vorbei. Es dauerte etwa dreißig Sekunden, bis er vorüber war.
    »Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«, fragte Lesley.
    »Ich glaube«, sagte ich langsam, »vielleicht sollten wir erst die BTP anrufen. Was meinst du?«
    »Ich denke, da könntest du recht haben.«
    Also stand ich wieder auf, schloss die Falltür und rief Sergeant Kumar an. »Wissen Sie noch, was Sie über geheime Zugänge gesagt haben – dass Ihnen die alle bekannt sind? Wie wär’s mit einer Wette?«
    Er fragte mich, wo. Ich erzählte es ihm.
    »Ich bin auf dem Weg. Und Sie machen keine Dummheiten.«
    »Was hat er gesagt?«, wollte Lesley wissen.
    »Dass wir keine Dummheiten machen sollen, bis er kommt.«
    »Dann sollten wir dich bis dahin irgendwie beschäftigen«, sagte sie und befahl mir, die Mordkommission darüber in Kenntnis zu setzen, was wir gefunden hatten, und nachzufragen, ob der Eigentümer des Lagerhauses an der Kensal Road schon bekannt sei.
    Drei Minuten später bekam Lesley einen Anruf. »Ja, genau«, sagte sie. Dann sah sie mich an. »Bisher nicht.« Zuletzt nickte sie. »Ich sag’s ihm.«
    Sie steckte das Telefon wieder ein und erklärte: »Das war Seawoll. Stephanopoulos ist auf dem Weg. Du sollst keine Dummheiten machen, bis sie da ist.«
    Oh Mann. Nur weil ich einmal eine der Hauptsehenswürdigkeiten Londons abgefackelt hatte, würde ich mir mein Leben lang solche Sprüche anhören müssen.
    Zehn Minuten später erschien Stephanopoulos mit zwei Reserve-DCs im Schlepptau. Ich empfing sie an der Haustür und führte sie herum. Düster starrte sie durch die Falltür, unter der gerade ein weiterer Zug durchratterte. So laut es war, der Raum bebte überraschend wenig.
    »Ist das jetzt ein Fall für uns, für Sie oder für

Weitere Kostenlose Bücher