Ein zahnharter Auftrag
Fußball spielten. Kinder waren laut, neugierig und unberechenbar. Sie stellten die falschen Fragen, wollten ständig spielen, essen oder im unpassendsten Moment aufs Klo. Kinder passten nicht in Dirk van Kombasts Welt. Zum Glück wollten da auch nicht viele hinein.
Dirk van Kombast war allerdings nicht entgangen, dass dieser Junge anders war. Seine Augen waren gelb. Es war kein helles Braun. Nein, sie waren richtig Quietscheentechengelb. Natürlich konnten es Kontaktlinsen sein. Dirk van Kombast selbst hatte an die zwanzig Stück, in azurblau, smaragdgrün, lagunentürkis, mokkabraun, karamellfarben und mintgrün – um nur seine Favoriten zu nennen.
Doch als der Junge ihn anlächelte, war Dirk van Kombast noch etwas aufgefallen: Einer der oberen Schneidezähne fehlte. Dafür waren die Eckzähne spitz und lang. Sehr spitz und sehr lang. Zu spitz und zu lang für einen Menschen.
Konnte es sein, dass ein kleiner Vampir an seiner Tür geklingelt hatte? Bei dem Gedanken rumorte es noch mehr in Dirk van Kombasts Magen. Vielleicht konnte er den Jungen festhalten und die feindliche Spezies aus nächster Nähe beobachten. Dirk van Kombast musste handeln. Sein derzeitiger Gesundheitszustand ließ langes Nachdenken im Stehen nicht zu. Er machte eine schnelle Handbewegung. »Hereinspaziert!«
Der Junge schoss an Dirk van Kombast vorbei und rannte durchs Wohnzimmer auf die Terrassentür zu.
»Warte!«, rief Dirk van Kombast. Er eilte dem Jungen nach. Mit gebeugtem Oberkörper und eingeknickten Knien kam er nicht ganz so schnell voran. Im Wohnzimmer musste er eine Pause einlegen. Er hielt sich am Bücherregal fest und kniff die Augen zusammen. Alles andere auch. Er atmete tief durch. Der Vulkan in seinem Inneren war kurz vorm Ausbruch.
»Hier raus?«, fragte der Junge und deutete zur Terrassentür.
Dirk van Kombast nickte. Langsam, Schritt für Schritt, näherte er sich der Terrassentür. Er öffnete sie und der Junge lief in den Garten. Dirk van Kombast lehnte sich an die Terrassentür. Seine Knie waren weich. Seine Hände feucht. Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn.
Der Junge blieb vor einem Baum stehen und sah nach oben. »Hilfst du mir?«, rief er Dirk van Kombast zu und deutete auf die Baumkrone.
»Ich ...« Dirk van Kombast schnappte nach Luft. In seinem Magen grummelte es. »... komme ...« Er verspürte wieder einen Druck im Darm. Er kniff die Hinterbacken zusammen. »... gleich«, rief er und krümmte sich. Er hielt es nicht mehr aus. In wenigen Sekunden würde es zu spät sein. Der Vulkan würde ausbrechen. Die heiße Lava ... na ja.
Dirk van Kombast drehte sich um und tippelte mit kleinen, schnellen Schritten, zusammengekniffenen Hinterbacken und gekrümmtem Rücken zur Toilette. Er schloss die Tür, riss sich die Hose herunter, setzte sich aufs Klo und ...
MAMMAMIA!
Rache ist
Verdauungsfördernd
S ilvania und Daka klebten mit den Ohren an der Haustür. Sie hörten ›uh‹ und ›ah‹. Ab und zu auch ein ›Puha!‹. Plötzlich ging die Haustür auf. Die Zwillinge taumelten vor Schreck. Vor ihnen stand Woiwo.
»Die Luft ist rein«, flüsterte er. »Der Komposttyp ist auf dem Klo.«
»Hört sich nach einer längeren Sitzung an«, fand Daka.
Woiwo nickte ernst. »Ultimo lang.«
»Trotzdem, beeilen wir uns«, sagte Silvania.
Die Mädchen schlichen schnell ins Haus. Ihre Mission zur Rettung der Vampirheit war noch nicht beendet. Der Trunk musste her. Rapedadi. Daka suchte in der Küche. Silvania suchte den Flur ab. Sie suchten in Schränken, auf Schränken, neben Schränken, unter Schränken. Sie bückten sich, legten sich auf den Fußboden und flogen an die Decke. Wo auch immer Dirk van Kombast den Trunk versteckt hatte, sie würden ihn finden.
Woiwo hing sich kopfüber an die Wohnzimmerlampe. Er bohrte in der Nase und schaukelte hin und her. Die Lampe quietschte leise.
Silvania kam mit hängendem Kopf ins Wohnzimmer. »Nichts«, sagte sie.
»In der Küche auch nicht«, sagte Daka. »Nur das hier.« Sie stopfte sich eine Salamischeibe in den Mund.
Woiwo grinste.
»Was ist daran so witzig?«, fragte Silvania.
Woiwo schob den Zeigefinger tief in die Nase. Silvania fürchtete, er würde am Auge wieder herauskommen. Woiwo drehte den Finger einmal nach rechts, einmal nach links. Er krümmte den Finger und zog ihn aus der Nase. Am Finger hing ein graugrüner, glibberiger, rosinengroßer Popel. Woiwo hielt sich den Popel vor die Augen, schielte und lächelte zufrieden.
Daka verzog das Gesicht
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