Ein Zirkus für die Sterne
Nachrichten, Pirat, ich mache sie nicht.« Warz senkte die Stimme. »Was mich angeht, so könnte das Pferdeklavier als allererstes verschwinden.«
Pirat runzelte die Stirn. »Bist du verrückt? Hast du ein Vakuum in deinem verbeulten Schädel? Die Kalliope loswerden?!«
Warz zuckte mit den Schultern und stieß sich ab. »Zarte Ohren und ein unseligerweise verfeinerter Musiksinn sind meine einzigen Entschuldigungen.«
Pirat schwebte durch die offene Luke. Inmitten eines Waldes von festvertäuten Wagen, Küchenwagen und Materialien für die Kindershow saß Dr. Weems an seiner Kalliope und fingerte eine lautlose Melodie auf den Tasten. Der Doktor blickte auf, als Pirat näher kam. »Ich habe nur auf Wiedersehen gesagt, Pirat. Ich hab’ so manches kleine Stück auf diesen Pfeifen gespielt.«
»Na, dann sag guten Tag. Mr. John will nicht, daß das Instrument über Bord geht.«
»Ist das wahr? Pirat, sag mir, daß es stimmt!«
Pirat nickte seufzend. »Nur … das sind vier Tonnen, die ich woanders abzwacken muß.«
Weems schlug die Hände zusammen und kratzte sich daraufhin das Kinn. »Pirat, weißt du, man könnte dieses Ding ein bißchen leichter machen, wenn man das Wasser aus dem Druckkessel abläßt.«
»Wasser? Das stimmt! Wieviel ist es?«
»Hundertzwanzig Gallonen. Warum?«
»Warum hast du nichts gesagt? Du weißt doch, wie dringend wir Wasser benötigen.«
Weems zuckte mit den Schultern. »Ich hab’ nie dran gedacht, daß man es trinken könnte. Das Zeug ist ziemlich übel – der Kessel ist nämlich aus Eisen.«
»Wir reinigen es. Hundertzwanzig Gallonen – das bedeutet einen Tag mehr für die Truppe! Mehr!«
Das Signal für die Sprechanlage summte los, und Pirat hangelte sich zur Luke. Er drückte auf den Knopf. »Pirat in der Eins.«
»Pirat, hier spricht Tölpel vor der Zehnten. Sie machen die Schotten zur Fähre dicht. Ich dachte, du solltest das wissen.«
Pirat schaltete ab und schob sich in den Gang. In kurzer Zeit befand er sich vor der Dockluke der Zehnten Fähre. Das Schleusenrad drehte sich, und als er einen Halt gefunden hatte, öffnete sich der Lukendeckel, und eine riesige Gestalt in einem Raumanzug tauchte auf. Der häßliche, helmlose Kopf gehörte Entenfuß. Herzblatt stieß sich ab und fiel dem Zeltboß um dem Hals. »He!« Er sah sich unter den lachenden Gesichtern um. »Was soll denn das?«
Diane kam neben Entenfuß geschwebt und pflanzte einen Kuß auf seine Wange. »Nur ein Empfangskomitee.«
Entenfuß zog die Augenbrauen in die Höhe und senkte sie in den finstersten aller finsteren Blicke. »Ihr … ihr Gauner habt gedacht, ich würde … springen ? Glaubt ihr, der Zirkus bedeutet mir nichts weiter als ein paar Meter Stoff?« Er stieß sich von der Luke weg, und die Wartenden stoben auseinander. Herzblatt hing an seinem Hals, und Diane blieb an seiner Seite. Sie blickte ihm ins Gesicht und sah die Tränen. Sie bogen in den Quergang auf die Familienquartiere zu. Mitten auf dem Gang hielt Entenfuß inne, legte den einen Arm um Herzblatt und den anderen um Diane. »Ich schwör’s. Ich schwöre, ich habe gesehen, wie der alte Lumpen zum Abschied gewinkt hat!«
Jingles McGurk betrachtete mit Abscheu sein leeres Büro. All seine Möbel waren losgeschraubt worden und mitsamt seinen sorgsam gehüteten Hauptbüchern, Aufzeichnungen, Protokollen und dem Computer-Terminal über Bord gegangen. Ein Gegenstand blieb noch zu entfernen – der schulterhohe Tresor, der in einer Ecke des Raumes auf das Deck geschraubt war. Anderthalb Tonnen – das Ding mußte raus. Doch zuvor mußte Jingles es öffnen, um der Lademannschaft zu ermöglichen, die Bolzen von innen durchzuschneiden.
Jingles stieß sich vom Schott ab und kam vor der bunt geschmückten Tresortür zum Stillstand.
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