Ein Zirkus für die Sterne
für Sie, Mister Bolin, gut für Sie!«
Chu Ti Ping betrat das Büro ihres Vorgesetzten mit einem Armvoll Berichte. Lu Ki Wang, Produktionskontrolleur bei Nanking Industrie, war in letzter Zeit mit seiner Schreibtischarbeit in Rückstand geraten. Sie runzelte die Stirn, als sie bemerkte, daß das Büro leer war. Auch die Wände sahen anders aus. Das Foto vom Vorsitzenden Fan hing an der gewohnten Stelle, aber die anderen Bilder – die von Lu, wo er Teller auf einem Stock balancierte, oder die von den Rundaugen in den merkwürdigen Kostümen – waren weg. Sie trat an seinen Schreibtisch und fand einen Stapel leerer Bilderrahmen sowie eine Zeitung. Sie untersuchte die Ausgabe näher, entdeckte, daß es sich um eine englische Ausgabe handelte und daß etwas rot umrandet war. Chu Ti Ping war stolz auf ihre Englischkenntnisse, und so ging sie um den Schreibtisch herum, um den angestrichenen Teil zu lesen. Er lautete: »Luke Langzopf, wo bist du?«
Am Rande von Staunton, Virginia, fanden alle Eltern, die ihre rotznäsigen Bälger zur Reitstunde schleppen wollten, den Stall geschlossen und weder Pferde noch Trainer vor. In Süd-Wales versäumten vier Minenarbeiter – alles Brüder-, sich pünktlich zur Schicht zu melden. Bei einer häuslichen Kontrolle war alles leer. Aus einem Sanatorium für unheilbar Fettsüchtige in der Vereinigten Republik Deutschland verschwand plötzlich ein Patient, der nach einem Jahr Behandlung ein Gewicht von 249 kg erreicht hatte, nicht ohne eine beträchtliche Menge Wurst. In Ottawa verkündete der Sender CBC das Ende der beliebten Kindersendung »Kapitän Billy und seine Tanzenden Hunde«. Die Polizei in Las Vegas ließ verlauten, daß sie noch immer nach dem Nachtclub-Mimen Anton Etren fahndete, der mitten in der Vorstellung von der Bühne gegangen war, nachdem ein Zecher unter den Zuschauern angefangen hatte zu singen.
In Moskau stand Wachsergeant Atsinch Gorelow schwitzend vor dem Kommandanten der neuen Volks-Rehabilitations-Institution. Der Kommandant spähte unter dicken, schwarzen Augenbrauen hervor auf Gorelow. »Was soll das heißen, Kolya ist entflohen?«
Gorelow drehte die Handflächen nach außen. »Genosse Kommandant …«
»Stillgestanden!«
Gorelow knallte die Hände an die Hosennaht. »Genosse Kommandant, der Gefangene Sascha Kolya befand sich bei der Abendkontrolle nicht in seiner Isolationszelle.«
»Nicht in seiner Zelle? Wie ist das möglich, daß er nicht in seiner Zelle war? Hat einer von euch Schwachköpfen die Tür offengelassen?«
»Nein, Genosse Kommandant. Die Tür des Gefangenen war verschlossen.«
»Und von der automatischen Überwachungseinheit ist nichts aufgezeichnet worden?«
Gorelow leckte sich die Lippen. »Man sieht, wie der Gefangene ins Bett geht und sich die Decke über den Kopf zieht. Als er zur Abendkontrolle nicht aufgestanden war, ging ein Aufseher hinein, um nachzusehen. Die Gestalt des Gefangenen unter der Decke bestand in Wirklichkeit aus Zeitungspapier.«
»Eine Zeitung?«
»Jawohl, Genosse Kommandant! Sie war heute morgen in der Post. Ich habe sie im Vorzimmer.« Der Kommandant nickte, Gorelow eilte an die Tür, öffnete sie und nahm dem wartenden Unteraufseher die Zeitung ab. Gorelow knallte die Tür zu, eilte zurück zum Kommandanten und hielt ihm die Zeitung hin. Sie war zerknüllt, doch die Seiten waren glattgestrichen worden und in die richtige Reihenfolge gebracht. Der Kommandant begann zu blättern, aber er übersah die Zeile: Rascher Sascha, wo bist du?
Die Welt-Öko-Wacht meldete eine geringfügige Abnahme der Elefantenzahl im indischen Reservat wie auch leichte
Weitere Kostenlose Bücher