Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Zirkus für die Sterne

Ein Zirkus für die Sterne

Titel: Ein Zirkus für die Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry B. Longyear
Vom Netzwerk:
Gru­be war – oder ge­we­sen war –, doch die Mög­lich­keit der Ver­set­zung be­stand im­mer. Sie blick­te zum Wacht­turm hoch, der hin­ter dem Kar­ren­zug her­roll­te, und senk­te die Au­gen, zum War­ten ver­ur­teilt. Wäh­rend sie die Pro­zes­si­on aus quiet­schen­den Rä­dern und stau­bi­gen Fü­ßen ver­folg­te, be­merk­te sie, daß ein schwe­rer Um­schlag in den Stra­ßen­staub ge­wor­fen wur­de. Die vor­bei­mar­schie­ren­den Fü­ße be­deck­ten den Um­schlag mit Staub, so daß er nicht ent­deckt wer­den konn­te, als der Wacht­turm vor­über­roll­te.
    Lin­da ging hin­ter dem Turm über die Stra­ße, ließ ih­re Har­ke fal­len und bück­te sich, um sie wie­der auf­zu­he­ben. Beim Auf­rich­ten hob sie den Um­schlag auf und ver­deck­te die­sen Vor­gang mit ih­rem Kör­per. Sie ließ das Päck­chen un­ter ihr Hemd glei­ten, als sie die Stra­ße ver­ließ.
    Konn­te es ei­ne Nach­richt von Tom sein? Lin­da zwang sich, den Weg ins La­ger lang­sam zu­rück­zu­le­gen. Als die den mitt­le­ren Wacht­turm er­reich­te, dröhn­te Brumm­baß’ Stim­me los: »Was ist los, Lin­da?«
    Sie konn­te nie ganz si­cher sein, doch Lin­da hat­te den Ver­dacht, daß der Wäch­ter, den sie Brumm­baß nann­ten, von sei­ner Auf­ga­be als Auf­pas­ser ge­nau­so­we­nig be­geis­tert war wie sie. »Du siehst trau­rig aus.«
    »Na­tür­lich, Ge­ehr­ter. Ich bin trau­rig. Es liegt am Goa­tha.«
    »Stimmt schon, Lin­da, aber es ist ein so dürf­ti­ges Goa­tha. Man soll­te des­we­gen nicht so lei­den …« Lin­da lä­chel­te in­ner­lich, als Brumm­baß sich selbst das Wort ab­schnitt bei sei­ner Kri­tik am Goa­tha der Kai­ser­li­chen Fa­mi­lie. Selbst sie hat­ten al­so Angst, dach­te sie. »Darf ich jetzt ge­hen, Ge­ehr­ter?«
    Pau­se. »Was hast du von der Stra­ße auf­ge­ho­ben, Lin­da?«
    Lin­da fühl­te das Blut in ih­ren Adern er­star­ren. »Mei­ne Har­ke, Ge­ehr­ter … ich ha­be sie fal­len las­sen.«
    Pau­se. »Wei­ter­ma­chen, Lin­da.«
    Als sie die La­ger­gren­ze er­reich­te, war­te­te sie, im­mer noch den Rücken dem Wacht­turm zu­ge­kehrt, bis sie die äu­ßers­ten Ba­ra­cken zwi­schen sich und Brumm­baß ge­bracht hat­te. Dann aber fuhr sie so­fort mit der Hand un­ter ihr Hemd und zog den Um­schlag her­vor. Mit ei­nem Hemd­zip­fel wisch­te sie den Staub ab und las mit zu­sam­men­ge­knif­fe­nen Au­gen den Na­men: »Ei­sen­kinn Jill«. Lin­da fühl­te Trä­nen in den Au­gen bren­nen, als sie den Um­schlag zu­rück­steck­te und merk­te, wie sehr sie doch auf ei­ne Nach­richt von Tom ge­hofft hat­te. Aber das Päck­chen war für die­se her­ri­sche al­te Frau vom Zir­kus, die die Bal­lett­mäd­chen kom­man­dier­te. Lin­da strich ih­re Blu­se glatt, als sie in das Sicht­feld des La­ger­turms kam. Dann ging sie in den Schup­pen hin­über und leg­te ihr Werk­zeug weg. Im Schup­pen zog sie den Um­schlag her­aus und über­leg­te, ob sie ihn weg­wer­fen soll­te. Im­mer­hin wür­de es Schocks be­deu­ten, wenn man sie da­mit er­wi­sch­te. Sie sah noch ein­mal auf das Päck­chen, nick­te dann und stopf­te es un­ter ihr Hemd zu­rück. So we­nig sie auch für Jill üb­rig hat­te, das konn­te sie ihr nicht an­tun. Sie schüt­tel­te den Kopf bei dem Ge­dan­ken, daß ei­nem Mann ge­nug an dem al­ten Zir­kus­weib lie­gen moch­te, um die Schocks we­gen ei­ner Nach­richt an sie zu ris­kie­ren.
    Lin­da trat aus dem Schup­pen in die Son­ne hin­aus, dreh­te sich um und ging di­rekt auf ih­re Ba­ra­cke zu. Beim Ein­tre­ten sah sie die Frau­en vom Zir­kus wie ge­wöhn­lich um Ei­sen­kinn Jill ver­sam­melt und die Per­len der Weis­heit auf­le­sen, die das al­te Klatschmaul wag­gon­wei­se ab­lud. Lin­da trat nä­her, zog den Um­schlag her­vor und über­reich­te ihn. »Das ist für dich.«
    Wäh­rend die al­te Frau sich setz­te und den Um­schlag öff­ne­te, kehr­te Lin­da um und woll­te zur Tür ge­hen. »Schätz­chen?«
    Lin­da dreh­te sich um. »Ja?«
    Ei­sen­kinn Jill hielt ihr einen Pa­pier­schnip­sel ent­ge­gen. »Das ist für dich, von ei­nem ge­wis­sen Tom.« Mit zit­tern­den Hän­den griff Lin­da nach dem Fet­zen. Liebs­te Lin­da und Bob­by, mir geht es gut, und ich hab’ euch bei­de lieb. Tu, was

Weitere Kostenlose Bücher