Ein Zirkus für die Sterne
Direktor nickte und drehte sich wieder um. »Anthony, seine Frau Clia und sein Bruder Vito waren die Fliegenden Sciavellis. Die beiden Spielzeiten, die sie bei uns waren, sind die besten gewesen, die die Show je gesehen hat. Alles andere war nur Füllmaterial. Die Leute kamen nur, um die Fliegenden Sciavellis zu sehen.« O’Hara rieb sich das Kinn, während er weiter aus dem Fenster starrte. »Anthony und Clia waren ein vollkommenes Liebespaar. Wenn nicht wegen ihrer Nummer, so wären sie wahrscheinlich berühmt geworden, weil sie sich so sehr liebten.« O’Hara drehte sich um und zuckte mit den Schultern. »Es ist eine sehr alte Geschichte.«
»Vito hat sich in Clia verliebt?«
Der Direktor nickte. »Vito war der Fänger. Als Clia ihm also klarmachte, daß sie ihn nicht liebte und seine Annäherungsversuche beleidigend fand, schmiedete Vito einen Plan, um Anthony loszuwerden. So jedenfalls haben es sich die meisten Zirkusleute zusammengereimt. Die Sciavellis arbeiteten nie mit einem Netz. An jenem Abend waren sie mitten bei ihrer Drunter-und-Drüber-Routine; Vito hing an seinen Knien und bereitete sich auf den Abtausch vor. Clia hing erst an der anderen Stange, schwang einige Male hin und her, ließ die Stange los und packte Vitos Handgelenke. Dann, beim nächsten Schwung, kam Anthony, und im selben Moment, da er die Stange losließ und Vito entgegenwirbelte, ließ Clia los und flog auf die Stange zu. Das machten sie sechs oder sieben Male schnell hintereinander.«
Der Direktor wandte sich wieder dem Fenster zu. »Vielleicht war Vito durcheinander und hat die Signale verwechselt, vielleicht wollte er Clia umbringen. In jedem Fall, sie fiel. Ich erinnere mich noch, wie Anthony und Vito an ihren Stangen hingen, hin und her schwingend, wie sie auf das Sägemehl blickten, während die Menge zu Clias Körper lief. Sie kamen beide zusammen die Strickleiter herunter, dann ging Anthony ruhig auf Vito zu, packte ihn beim Hals und brach ihm das Genick. Vito starb auf der Stelle. Wir taten alles, was wir konnten, aber wir konnten nicht beweisen, daß Vito für Clias Tod verantwortlich war. Also wurde Anthony verurteilt und in diese Strafkolonie hier geschickt.«
»Mr. John, gibt er Ihnen die Schuld daran, daß er nach Doldra geschickt wurde?«
»Ich weiß nicht. Aber vor Gericht ist er durchgedreht – er schrie herum und bedrohte uns alle.« O’Hara seufzte.
»Mr. John, was wird mit uns geschehen?«
»Ich müßte raten.«
Tyli schnüffelte und hielt die Hände vor die Augen. »Ich wünschte, Entenfuß wäre hier – und Diane. Alle meine Freunde von der Kindershow …«
O’Hara ging zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Entenfuß und der Patch haben etwas ausgebrütet, um uns aus dieser Klemme herauszupauken. Ich wollte dir davon nichts sagen, weil es möglicherweise nicht klappt.« Er zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich macht das jetzt keinen Unterschied mehr.«
Tyli ließ die Hände sinken und sah zum Direktor auf: »Was wollte Entenfuß tun?«
»Dich adoptieren. Das würde mit einem Schlag die Probleme mit der Desertion und der Entführung lösen. Aber selbst wenn es ihnen gelungen sein sollte, jemanden mit der Befugnis zu finden, die entsprechenden Papiere zu unterschreiben, so haben sie es nicht rechtzeitig geschafft.«
»Mich adoptieren?« Der Direktor nickte und ging wieder ans Fenster. »Tyli Tarzak.« Nachdem sie den Namen ausprobiert hatte, um zu sehen, wie er ihr über die Zunge ging, entschied sie, daß er ihr gefiel.
14
Später an diesem Abend saßen Tyli und der Direktor wieder auf der Anklagebank. Der Polizeikapitän saß mit verschränkten Armen und grimmigem Gesicht an einem Tisch. Der Direktor runzelte die Stirn, als Entenfuß und der Patch in der Tür hinter dem Richterpult auftauchten. Entenfuß marschierte stracks auf die Besucherbänke zu und setzte sich neben Diane, das Gesicht eine undurchdringliche Maske. Der Patch sah zum Direktor hinüber, zuckte mit den Schultern und setzte sich neben Entenfuß. Im Saal wurde es still, und Richter Sciavelli erschien in der Tür und nahm seinen Platz hinter dem Pult ein. Wie es Brauch auf Doldra war, erhob sich niemand.
Der Richter legte ein Blatt Papier vor sich hin und wandte sich der Anklagebank zu. »Herr Tarzak und Herr Wellington haben mir Herrn Tarzaks Absicht, dich, Tyli Strang, zu adoptieren, erklärt.« Er sah auf das Blatt Papier. »Da allerdings die Adoption nicht vor dem Zeitpunkt der Anklagen durchgeführt
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