Eindeutig Liebe - Roman
Anzeichen dafür gegeben, dass sie solche Probleme hatte, aber bisher hatte sie die durch die wilde Liebe, die sie mir schenkte, immer ausgleichen können. Ich liebte sie. Ich sagte es ihr ständig, ich flüsterte es ihr nachts ins Ohr, ich schrieb es auf Klebezettel, die ich in ihr Lunchpaket schmuggelte. Ich liebte sie. Oder zumindest hatte ich das gedacht.
»Also verlässt du mich, einfach so?«
»Ja, einfach so«, gab sie zurück. Sie fauchte es mir fast ins Gesicht.
Ich setzte mich auf das Sofa und sah ihr dabei zu, wie sie systematisch das Wohnzimmer um mich herum durchsuchte. Aber wenn sie meine Radiohead-CD anrührte, dann …
Mein Zuhause. Mein Mädchen. Die beiden trennten sich voneinander, und ich fühlte mich hilflos.
»Chloe, du weißt, dass ich dich liebe. Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll. Ist da noch etwas anderes?«, fragte ich und versuchte, sie auf diese Weise zu beschwichtigen. Mir war klar, dass es nichts bewirkte, wenn ich wütend wurde. Ich musste meinen Stolz herunterschlucken und ihr das Ganze ausreden. Sie von der dämlichen Klippe weglocken, von der sie sich stürzen wollte.
»Du hast die Augen ja immer woanders, Nick, und deshalb ist es das Beste, wenn ich gehe.«
»Wie meinst du denn das?«, fragte ich verdutzt.
»Wenn wir in Restaurants gehen, starrst du die Kellnerinnen an, wenn wir in den Park gehen, siehst du anderen Frauen hinterher. Und dann sind da noch diese ganzen heimlichen Geschenke und Telefongespräche mit Sienna – und jetzt eben diese intime SMS … Du bist ein dreckiges untreues Schwein.«
Ihre Worte verletzten mich zutiefst. Ein dreckiges untreues Schwein … Keine Frau hatte je so etwas zu mir gesagt, nicht mal angedeutet. Ich rief mir unsere Restaurantbesuche in Erinnerung, die Tage in der Sonne. Hatte ich anderen Mädchen hinterhergeguckt? Bestimmt nicht … Außerdem konnte ich es nicht fassen, dass sie das Thema Sienna wieder aufbrachte – wir hatten das schon so oft durchgekaut, dass ich es nicht mehr zählen konnte. Ich war völlig durcheinander, bestürzt und wütend zugleich.
Als Chloe ihre Sachen aus dem Wohnzimmer eingepackt hatte, ging sie nach oben. Sie nahm sogar sämtliche DVDs mit, die wir uns zusammen gekauft hatten, aber ich wäre mir kleinlich vorgekommen, wenn ich etwas gesagt hätte. Eine ganze Stunde lang saß ich da und hörte zu, wie sie herumstapfte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Was zum Teufel sollte ich nur tun? Wollte ich, dass sie blieb? Wollte ich das? Wollte ich mir wirklich Dinge vorwerfen lassen, die ich nicht getan hatte? Wollte ich noch mehr absurde Streits und diesen hitzigen Sex wie bei verwirrten wilden Tieren?
Ich brauchte Sienna. Sie würde wissen, was zu tun war. Sie wusste immer, was zu tun war. Ich blieb weiter sitzen und zog meinen Kopf in den Schoß; ich hoffte, wenn ich einschlief und dann wieder aufwachte, würde ich feststellen, dass ich das alles nur geträumt hatte. Vielen herzlichen Dank, Amelia …
Nach einer Weile hatte sich an der Haustür einer ganzer Haufen Taschen gesammelt, genau genommen waren es vier. Absätze, Kleiderbügel, Flaschenhälse und eine Zahnbürste lugten aus ihnen heraus – es waren dieselben Gegenstände, die mir so lange Angst gemacht hatten, als sie langsam überall aufgetaucht waren …
Chloe kam ein letztes Mal die Treppe herunter. Ich ging ihr entgegen, um mit ihr zu sprechen. Sie sah noch immer wütend aus. Als ich versuchte, sie an mich zu ziehen, stieß sie mich wieder zurück und schlug mit rudernden Armen meine Hände zur Seite. Ich verlor endgültig die Beherrschung.
»Chloe, du machst mich wirklich stinksauer. Ich bin dir nie untreu gewesen. Also ist es so wohl am besten.« Die Wörter purzelten einfach aus meinem Mund.
Sie drückte noch einmal ihre Nase gegen meine und sprach mit einem zur Fratze verzerrten Gesicht ihre letzten Worte: »Ruf mich nicht an. Niemals.«
Na, das konnte ja interessant werden, wenn man bedachte, dass wir im gleichen Verlag arbeiteten.
Und das war’s. Sie klaubte ihre Taschen zusammen und knallte die Tür hinter sich zu. Dann hörte ich den Kies unter ihren Reifen, als sie von meinem Grundstück fuhr und auf die Straße bog.
Ich betrachtete den Kreuzkümmel und das Brot in der blauen Plastiktasche, die noch traurig in der Flurecke lag, und fragte mich, was um alles in der Welt ich tun sollte. Schließlich nahm ich das Handy und drückte mit dem Daumen die Zwei. Es klingelte zweimal, dann meldete sich ihre
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