Eindeutig Liebe - Roman
ich würde dafür sorgen, dass alles perfekt war.
»Haben Sie überhaupt eine Ahnung, was Sienna für mich getan hat?«, fragte Pete. Er wirkte jetzt sehr bewegt.
»Nein. Nein, das weiß ich eigentlich nicht.« Wenn ich ehrlich war, war ich es irgendwann leid gewesen, zu hören, wie sie sich um diesen Kerl sorgte. Ich hatte ihr gesagt, sie habe auch ohne ihn schon genug zu tun. In den letzten Wochen war ich so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, dass mir völlig entgangen war, dass sie ihn weiterhin getroffen hatte.
»Sie hat mich von der Straße geholt, Nick. Sie hat mich mit einer Sozialarbeiterin zusammengebracht, und jetzt habe ich einen dauerhaften Schlafplatz. Vielleicht bekomme ich demnächst sogar wieder einen Job, und dann werde ich irgendwann wieder eine eigene Wohnung haben. Und das alles verdanke ich Sienna … Ich fühle mich schrecklich, weil ich ihr nie für das gedankt habe, was sie für mich getan hat. Als wir uns das letzte Mal sahen, haben wir furchtbar gestritten. Ich weiß nicht, was ich ihr sagen kann, um es wiedergutzumachen, aber ich musste einfach etwas für sie tun – so, wie sie etwas für mich getan hat … Passen Sie für mich auf sie auf, Nick«, bat er mich und wollte die Tür öffnen.
»Nein, gehen Sie noch nicht.« Ich wollte mehr wissen. Ich hatte gedacht, ich wüsste alles, aber hinter den Kulissen hatte sie diesen Mann vor dem Untergang gerettet. Vor einem Leben voller Entbehrungen und Hunger.
»Sie wissen, was Sie zu tun haben. Ich muss los«, verabschiedete er sich, stieg rasch aus dem Wagen und knallte die Tür hinter sich zu. Ich sah ihm nach, als er sich seine Tasche über die Schulter schlang und verschwand.
Sie liebt mich, dachte ich. Ich sackte auf das Lenkrad und fragte mich, was um alles in der Welt ich jetzt tun sollte. Das war etwas ganz Besonderes. Ich musste den richtigen Moment abwarten. Ich blieb noch eine ganze Weile im Auto sitzen. Ich überlegte sogar, den Kneipenabend mit den Jungs abzusagen und einfach nur irgendwohin zu fahren, wo ich nachdenken konnte.
Mir war bewusst, dass ich zu mitgenommen war, um zu fahren, aber es kam mir vor, als könnte ich fliegen.
Der Ruck leß alles aus mir heraussprüdeln
Sienna
Nick und ich saßen uns auf der Bank gegenüber. Ich erkannte nicht, wo wir uns befanden, ich wusste nur, dass wir uns irgendwo in London aufhielten. Ein heißer Abend kündigte sich an. Er hatte mich mit einem schwarzen Tuch vor den Augen hierhergebracht, und als er es mir abnahm, sah ich zu meinem Erstaunen eine ganz gewöhnliche Straßenszene vor mir, die nichts Besonderes an sich hatte, außer dass er hier war.
Doch ich stellte keine Fragen. Ich vertraute ihm und seinem Plan, wie er auch immer aussehen mochte. Nicks Augen hatten einen Ausdruck angenommen, wie ich ihn bei ihm noch nie gesehen hatte: eine Mischung aus Beklommenheit und Erregung, so als würde etwas ganz Großes bevorstehen. Und obwohl die Bank an einer schmutzigen Straße irgendwo in der Stadt stand, trug er ein Hemd, das ihn aussehen ließ, als mache er Werbung für Burberry. Noch nie hatte er so gut ausgesehen. In seiner rechten Hand hielt er eine Blume. Eine riesige Rose in einem derart schockierenden Rotton, dass alles ringsum nur noch schwarz-weiß zu sein schien – alles außer Nicks frischem Gesicht, in dem sich die Neonreklamen einer Ladenzeile spiegelten.
Mein Herz schlug immer schneller. Was war hier los? Ich versuchte, etwas zu sagen, doch Nick hob seine Hand an mein Gesicht und legte den Daumen auf meinen Mund. Dann zog er meine Unterlippe leicht nach unten. Ich hielt die Luft an. Der Verkehr ringsum war nur noch verschwommen zu erkennen, und auch die Passanten schienen einfach zu verschwinden, als er sich langsam vorbeugte, seine Hand wegnahm und den sanften Druck nun mit seinem Mund ausübte. Er küsste mich nicht richtig, aber fast. So nahe – Ich … hätte … einfach … dahinschmelzen … können. Dann begann er zu sprechen, während er gleichzeitig seine Lippen auf meinen Mund drückte. Mir wurde schwindelig. »Sienna, ich wollte dir nur sagen, dass ich …«
PIEP. PIEP. PIEP.
Nick und die Rose, die Bank und die Autos wurden plötzlich weggerissen wie ein Tischtuch unter einem Viergängemenü. Der Lärm war so durchdringend, dass ich aufsprang und mich hinüberrollte, um ihn zum Verstummen zu bringen. Ich war so schläfrig, dass ich kaum etwas sehen konnte, aber irgendwie fand ich dann doch mein Handy, das sich im Bettlaken verheddert hatte.
Weitere Kostenlose Bücher