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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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doppelten Espresso.
    Ich freute mich zwar darüber, dass er für mich sorgte, aber so hatte es eigentlich nicht losgehen sollen. Eigentlich hatte ich mir das eher so gedacht, dass ich beim Aufwachen feststellte, dass mir – während ich noch friedlich schlummerte – ein Paar Flügel gewachsen waren. Und dann hätten mich diese Schwingen zum Fitnesscenter tragen sollen, wo ich zwei Stunden lang konzentriert trainierte, ohne einen Tropfen Schweiß zu vergießen.
    Ach je. Also würde ich erst mal frühstücken und danach loslegen.
    »Guten Morgen, Si«, sagte mein Dad und schob sich zögernd mit dem Tablett durch die Tür. Das machte mir ein wenig Angst, denn er war nicht nur Narkoleptiker, sondern außerdem war seine Hose ihm viel zu lang, und der Stoff bauschte sich an seinen Füßen. Ich hatte die Hose schon seit Wochen zu dem Schneider in der Nähe des Verlags bringen wollen und trat mich nun gedanklich dafür, dass ich nie daran gedacht hatte; ich fühlte mich schuldig, weil ich in letzter Zeit mit den Gedanken woanders gewesen war. Dad und heiße Getränke – das war einfach keine gute Mischung, eine Erfahrung, die auch Nick schon hatte machen müssen. Nick. Der Nick, in den ich nicht mehr verliebt war.
    »Wie war es denn gestern Abend?«, fragte Dad und setzte sich auf die Bettkante. Er versank fast in seinem roten Holzfällerhemd. Sein Gesicht sah heute ziemlich frisch aus; er wirkte richtig wach. Das war schön zu sehen. Seit einer Weile bekam er neue Medikamente, und ich hoffte, sie würden sein Leben ändern. Dennoch, immer wieder gab es ein neues Medikament oder eine neue Studie, aber bislang war noch nichts Weltbewegendes dabei gewesen. Demnächst hatten wir einen Termin im Krankenhaus.
    »Es war ganz toll, Dad, danke. Wir hatten viel Spaß zusammen«, erzählte ich – wobei ich gleich mehrmals gähnen musste –, winkelte die Beine an und begann die Leckereien zu verzehren, die ich mir eigentlich verboten hatte. Die erste Welle des schlechten Gewissens brach über mich herein. »Wir haben über alles Mögliche geredet und Wein getrunken. Außerdem war das Abendessen richtig lecker. Es war einfach toll.« Ein Croissantkrümel segelte von meinem Mund in Richtung Boden.
    Mein Vater lächelte, und ich fragte mich, ob er seine alten Freunde manchmal vermisste. Sie kamen zwar hin und wieder vorbei, aber es setzte ihnen ziemlich zu, dass er jedes Mal einschlief, wenn sie einen Witz erzählten. Wenn man es genau nahm, kamen sie in letzter Zeit auch deutlich seltener. Ich hoffte nur, dass es sich hier nicht um einen Fall von »Aus den Augen, aus dem Sinn« handelte.
    »Und, wann lädst du Nick mal wieder zu uns ein?«, fragte Dad, und seine Augen leuchteten hoffnungsvoll. »Es ist immer nett, wenn er vorbeikommt.«
    Das war schwierig. Ein bisschen so, als müsse man einem Kind erklären, was Scheidung bedeutet. »Tja, Dad, vielleicht kommt er jetzt nicht mehr so oft«, begann ich und zupfte an dem Croissant, bis ein paar Schokokrümel auf meine Beine rieselten. Ich pickte sie sorgsam auf, damit ich gleich nicht von Flecken aus weicher brauner Masse übersät wäre. Ich hatte den Eindruck, dass Dad wach genug war, um solch ein ernstes Gespräch zu bewältigen.
    »Wieso denn, Sienna? Du hast dich doch wohl nicht wieder mit ihm überworfen, oder?«, fragte er, und ich sah ihm schon an, dass er kurz davor stand, in Panik zu geraten. Die erste Welle der Kataplexie griff schon nach ihm; er suchte nach Halt, indem er sich vorbeugte und mit den Händen an der Kommode abstützte. Eine Parfümflasche schwankte kurz hin und her, dann stand sie wieder still. Vielleicht hatte ich unrecht gehabt, und er war heute gar nicht so wach …
    »Nein, nein, gar nicht«, versicherte ich ihm eilig, doch dann wusste ich nicht, was ich als Nächstes sagen sollte. Er hatte schließlich keine Ahnung, was ich Nick gegenüber empfand.
    Nick kam gut zweimal im Monat zu uns. Auf das Essen folgte normalerweise ein langes, ausgiebiges Gespräch über etwas, was mein Dad in einer Dokumentarsendung gesehen hatte; oder wir sprachen über etwas, was er gefunden hatte, als er Google auf der Suche nach neuen, umwerfenden Erkenntnissen durchforstete. Nicks Besuche waren sowohl für mich als auch für Dad immer etwas Besonderes gewesen – wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen. Doch nun war ich der Meinung, dass Nick uns zwar durchaus noch besuchen kommen durfte, aber eben nicht mehr so oft. Ich musste meinen Kontakt zu ihm wirklich ein

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