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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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Brown und Bill Bryson. Obwohl mir natürlich mein Doppelbett auf jeden Fall lieber war, beruhigte es mich sehr zu wissen, dass er – den Umständen entsprechend – relativ zufrieden war.
    Wir gingen rasch, Seite an Seite. Ich trug eine enge dunkle Jeans, hochhackige Sandalen von Topshop und eine hautenge schwarze Bluse. Er hatte wie üblich sein ausgeblichenes T-Shirt und eine braune Armeehose an. Am Knie war ein riesiges Loch.
    »Ist es dir nicht peinlich, so mit mir herumzulaufen?«, wollte Pete wissen. Ich spürte, wie sein Arm sich anspannte, als ich ihn näher an meine Rippen zog.
    »Nein. Natürlich nicht. Wieso sollte es?« Ich tat so, als wüsste ich nicht, was er meinte. Ich wollte wirklich, dass es ihm in meiner Gesellschaft gut ging. In letzter Zeit hatte er es nicht leicht gehabt. Und ich wollte nicht, dass er sich wie ein Ausgestoßener vorkam – ich wollte, dass er irgendwohin gehörte.
    »Na, weil ich obdachlos bin und scheußlich aussehe. Und es ist eben wirklich ein bisschen ungewöhnlich. Menschen wie du, na ja, sie geben sich eher nicht mit Leuten wie mir ab«, erklärte er leise.
    »Aber die Sache ist doch die: Menschen wie du und Menschen wie ich sind gleich«, wandte ich ein und lächelte ihn an, während die Sonne auf unsere Köpfe schien.
    Pete lachte leise und erwiderte mein Lächeln. »Da bin ich mir nicht mehr so sicher, Si, schon längst nicht mehr. Aber ich danke dir trotzdem.« Als wir an einer Mülltonne vorbeigingen, warf er seinen Kaugummi hinein.
    »Was willst du mir denn zeigen?«, fragte ich. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was es sein konnte. So mancher hätte es als Irrsinn bezeichnet, einen Obdachlosen, den ich kaum kannte, allein zu einem unbekannten Ziel zu begleiten. Doch ich hatte ein gutes Gefühl, was Pete anging.
    »Das kann ich dir jetzt noch nicht verraten. Aber ich verspreche dir, es ist nur zehn Minuten von hier entfernt.« Er wirkte aufgekratzt, und auf der grauen Haut seines Gesichts wurden Spuren von etwas sichtbar, das aussah wie Jugend. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, hatten seine Wangen einen rosigen Schimmer.
    In dem Wohlfahrtszentrum, zu dem er donnerstags ging, hatte er neue Kleidung bekommen, aber sein T-Shirt war trotzdem ziemlich abgenutzt, und aus irgendeinem Grund trug er weiterhin die kaputte Armeehose, obwohl er – das wusste ich genau – in seinem Rucksack eine bessere Hose hatte. Wenigstens trug er das fast neue Paar Merrells, das ich im Wohltätigkeitsladen entdeckt hatte – es sah so viel besser aus als seine alten Schuhe.
    »Also gut, ich nehme dich beim Wort. Übrigens, ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte ich und steckte die Hand in meine Handtasche.
    »Was denn?«
    Ich wollte ihn nicht darauf warten lassen; in der Hitze blieb es sowieso nicht lange frisch. Also gab ich ihm den in Folie eingeschlagenen Mittagsimbiss, und er öffnete die Verpackung mit seiner üblichen Begeisterung.
    »Oh, Sienna, Bagels mit Lachs und Rahmkäse … die liebe ich!« Er zog meinen Arm fest an seine knochige Seite. Die erste Hälfte eines Bagels verschwand rasch in seinem Mund, doch ein paar weiße Punkte aus Rahmkäse blieben an den Bartstoppeln hängen.
    »Danke«, sagte er. Er bedankte sich immer, obwohl es nicht nötig war.
    »Ich wusste, dass du sie magst, du hast es vor ein paar Wochen mal erwähnt.«
    Wir schwiegen, während er sein Essen im Gehen hinunterschlang. Die Leute guckten ein bisschen, aber ich ignorierte sie einfach, und Pete schien zum Glück nichts zu bemerken. Die Sonne tauchte alles in ihr Mittagslicht. Sie ließ die Menschen attraktiver aussehen, und sogar die Bäume wirkten groß und stolz. Obststände, die im Winter finster und trostlos aussahen, wirkten plötzlich hell und einladend. Alles war bunt, meine Augen vermochten es kaum in seiner Gänze zu erfassen.
    Wir liefen durch die Straßen Südwestlondons – ein höchst ungewöhnliches Paar. Der harte Kontrast zwischen seinen geschnürten Wanderschuhen und meinen hochhackigen Sandalen fiel jedem sofort ins Auge. An manchen Stellen drängten sich auf den Gehsteigen die Leute, die ihre täglichen Besorgungen machten; an anderen sah man nur einen Hund und seinen älteren Besitzer, die unterwegs zum Park waren.
    Wir kamen an Reihen hoher Häuser vorbei, die so schön waren, dass ich ein paar Organe bei eBay hätte versteigern müssen, um auch nur davon träumen zu können, so etwas einmal zu besitzen. Vermutlich hätte ich mir eine Katzentür in einem dieser Gebäude leisten

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