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Eindeutig Liebe - Roman

Eindeutig Liebe - Roman

Titel: Eindeutig Liebe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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Bett. Sie trank ihren Tee mit einem Stück Zucker und tat auch ein paar Krümel davon in den Saft.« Er schnaufte wieder laut.
    »Das ist aber lieb, Pete. Du bist ja ein echter Fang!«, sagte ich mit einem Kloß in der Kehle, der so fest und schwer war wie ein Stück Brot. Ich hatte das furchtbare Gefühl, ich müsste ebenfalls weinen, aber das durfte ich einfach nicht. Ich musste jetzt stark sein.
    »Morgens sah Jenny immer wunderschön aus«, fuhr er fort. »Sie hatte diese echt lustige Angewohnheit, ohne Socken nicht schlafen zu können, aber ich musste mir im Bett immer die Socken ausziehen, weil sie fand, dass Männer in Unterhosen und Socken aussehen wie Schleiereulen.«
    Ich kicherte. Die Logik konnte ich tatsächlich nachvollziehen. »Erzähl mir mehr«, forderte ich ihn flüsternd auf.
    »Na, und das Zimmer da unten – das war unser Wohnzimmer. Wir hatten ein Kaninchen, für das Jenny sorgte. Eigentlich wollte sie immer Kinder, aber ich war ein blöder Kerl, der sich Kindern noch nicht gewachsen fühlte, und so kam sie eines Tages mit dem Kaninchen nach Hause. Meistens war es im Garten, aber abends durfte es mit aufs Sofa, und Jenny streichelte ihm die Ohren.« Wieder liefen ihm dicke Tränen über die Wangen. »Jetzt würde ich alles darum geben, sie wieder bei mir zu haben, auch mit diesem blöden Kaninchen – Derek, so hieß es.« Er lächelte und lachte ein bisschen, trotz aller Trauer.
    Ich wischte mir rasch eine Träne aus dem Augenwinkel. Reiß dich zusammen, Sienna. Sei stark.
    »Heute wäre ich froh, hätte ich Kinder mit ihr bekommen, Si. Gott, wie gern hätte ich Kinder mit ihr gehabt. Wenn ich die Zeit nur zurückdrehen könnte, ich würde ihr alles geben, was sie sich wünscht.« Er schluchzte lauter. Ein Postbote, der gerade vorbeiging, sah mich fragend an, doch ich signalisierte ihm, dass alles in Ordnung war, und er ging weiter.
    »Was war das für ein Zimmer?«, fragte ich und zeigte auf ein anderes Fenster, in dem eine schwarze Katze saß und das seltsame Paar auf dem Gehweg anstarrte.
    »Das war die Küche. Am Tisch dort machte Jenny stundenlang ihre Hausaufgaben. Sie arbeitete wirklich hart, meine Jenny. Und während sie dort saß, machte ich uns das beste Abendessen, zu dem ich imstande war. Ich kaufte nur das Beste, aus der Schickimicki-Abteilung im Kaufhaus.« Er schwieg kurz. »Beim Kochen ließ ich sie immer vom Holzlöffel probieren und gab ihr dann einen Kuss auf den Scheitel.«
    Ich konnte mir das alles richtig gut vorstellen. Da stand ich nun vor seinem Haus, das ich vorher noch nie gesehen hatte, und beobachtete Pete und Jenny hinter den Fensterscheiben. Sie waren so heftig ineinander verliebt, dass der Ausdruck dadurch eine ganz neue Bedeutung bekam. Ich musterte auch die anderen Häuser ringsum und fragte mich, welche Geschichten sie wohl verbargen, was die Wände dort alles gesehen hatten, wie viele Tränen auf den Teppich gefallen waren, wie viel Blut in ihnen vergossen worden war, wie oft sich Menschen in ihnen geliebt hatten.
    »Was ist denn hinter dem Haus? Ein Garten? Meinst du, wir können ihn uns ansehen?« Ich machte mich auf den Weg, immer an der Einfahrt entlang, und zog ihn mit.
    Er blieb stehen und verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. »Ich glaube nicht, dass ich das kann, Sienna«, meinte er.
    »Komm schon, Pete. Wenn jemand herauskommt, werde ich schon mit ihm fertig«, versprach ich, und er folgte mir widerstrebend.
    Wir stellten uns auf die Zehen und schoben die Köpfe über einen dunkelbraunen Zaun, der nach frischem Teeröl roch. Ein Eichhörnchen flitzte darüber hinweg wie ein Drahtseilartist auf Speed und hielt mit dem großen buschigen Schwanz das Gleichgewicht. Seine Augen schienen aus seinem Kopf hervorzuquellen.
    Im Garten wucherte das Gras; es war voller Unkraut und wuchs kreuz und quer, sodass es aussah wie ein ungekämmter Haarschopf. Ein geplatzter Fußball blich in der Sonne aus. Als Pete das sah, begann er richtig zu weinen.
    Ich strich ihm über den Rücken und ließ zu, dass er sich mit seinem kompletten Gewicht auf mich stützte, als wäre ich eine leblose Requisite. Ich wartete geduldig. Es würde eben so lange dauern, wie es dauerte.
    »Was ist hier passiert, Pete?«, fragte ich.
    Er rang um Fassung. »Hier habe ich sie gebeten, meine Frau zu werden.« Ich bemerkte, dass er das laminierte Foto von Jenny fest in der Hand hielt. »Und sie sagte Ja, immer wieder Ja, und zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wie ein König.

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