Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
dir zu.“
Völlig überrascht blickte ich Johannes an. Der zuckte beinahe entschuldigend mit seinen Schultern. „Clement konnte noch nie etwas für sich behalten.“
„Du hast mir wirklich alles vermacht?“ – ich war absolut überrumpelt. „Wieso hast du das getan? Ich brauche dein Geld nicht.“
„Was regst du dich auf? Erstens bin ich noch ziemlich gesund und habe wirklich nicht vor, bald das Zeitliche zu segnen. Zweitens hat Clement mehr als genug, der braucht mein Geld nicht. Und dann ist da noch eine weitere Kleinigkeit, aber die hat den Ausschlag gegeben.“
„Welche Kleinigkeit?“
„Die Kleinigkeit, dass ich dich liebe.“ Er befreite mich aus Clements Griff und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf die Wange.
„Aber…“, setzte ich an, doch Johannes unterbrach mich und schenkte mir ein Lächeln. „Kein aber , mein Testament ist, wie es ist, da wird nichts mehr geändert, Lilith. Finde dich damit ab!“
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Und vor Clement wollte ich ohnehin nicht darüber reden. Stattdessen ließ ich meine Augen über die Menge schweifen. Mein Blick kehrte zu Clement zurück, der mich seinerseits betrachtete.
„Apropos Verlobte, wo ist eigentlich Suzana?“, fragte ich ihn, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, denn langsam fand ich sein Interesse an mir doch seltsam beunruhigend.
„Suzana?“ - Clement wirkte irritiert. „Suzana ist nicht mehr hier. Sie hat mich verlassen.“
„So einfach?“, entfuhr es mir.
Clement zupfte sich in einer demonstrativen Verlegenheit am Ohrläppchen. „Einfach war unsere Trennung nicht. Aber sie war unvermeidlich. Dennoch werde ich Suzana nie vergessen. Ein Teil von ihr wird immer bei mir bleiben.“ Ohne zu wissen warum, lief es mir bei seinen Worten kalt den Rücken herunter.
Julian und Vanessa hatten sich bereits auf die Tanzfläche begeben. Eigentlich zog es mich auch dorthin, weil ich von Clement wegkommen wollte, doch der packte Johannes am Arm und hielt ihn fest.
„Ich habe mit euch beiden etwas Wichtiges zu besprechen.“
„Hat das nicht Zeit bis nachher?“, meinte Johannes. Ihm war nicht entgangen, dass ich weg wollte.
„Nachher fahren wir alle ins Spielcasino nach Wiesbaden. Dort können wir uns nicht ungestört unterhalten.“
Johannes überlegte, dann nickte er. „Na dann lass uns irgendwohin gehen, wo es ruhiger ist.“
Wir folgten Clement zu einer Treppe, bestehend aus beleuchteten Glasstufen, die in den ersten Stock führte. Je weiter wir uns von der Feier entfernten, desto stiller wurde es. Im Obergeschoss hörte man so gut wie nichts mehr von der Musik und dem Partygetümmel.
Clement öffnete eine doppelflügelige Tür. Wir betraten eine Art Salon, der mit erlesenem Mobiliar eingerichtet war. Aber das war es nicht, was meine Aufmerksamkeit fesselte. Es waren vielmehr die hohen Wände, die über und über mit Jagdtrophäen übersät waren. Unzählige leblose Glasaugen stierten mich aus allen vier Himmelsrichtungen an. Jedes erdenkliche Tier schien hier seine letzte Ruhestätte gefunden zu haben.
Der Anblick wirkte makaber, als würde man sich in einer riesigen Totenhalle befinden. Die Leichen waren allesamt hübsch hergerichtet, sahen lebensecht aus, und ich fühlte, dass man ihnen die letzte Würde genommen hatte, indem man sie selbst noch im Tode als Schauobjekte missbrauchte.
Clement bemerkte, wie ich mich umsah und die Trophäen studierte.
„Faszinierend, nicht wahr?“ – er hielt meinen Ekel für Bewunderung.
„Das ist…“ ich suchte nach einer unverfänglichen Umschreibung, „… beeindruckend.“
Die Köpfe der Tierkadaver schwiegen, doch ich konnte sie förmlich vor Schmerzen schreien hören.
„Jagen ist meine Leidenschaft. Aber ich gebe jedem die Chance, sich zu verteidigen, mich selbst anzugreifen. Erst wenn ich in Lebensgefahr geschwebt habe, habe ich mir die Trophäe wirklich verdient. Erst dann ist meine Beute es Wert, für immer bei mir zu bleiben.“
Johannes räusperte sich kurz, ihm war Clements skurrile Leidenschaft sichtlich unangenehm.
„Aber natürlich“, Clement riss sich von seinen Opfern los. „Ich wollte mit euch etwas besprechen.“
Er streckte seinen Arm aus und bot uns Plätze auf einer futuristisch geformten Couch an. Er selbst setzte sich gegenüber. Zwischen uns befand sich ein niedriger Tisch, auf dem das Modell einer Fabrikanlage aufgebaut war. Sie bestand aus mehreren Gebäuden. Der Hauptkomplex war mindestens fünf Stockwerke
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