Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
beruhigte. Die Krämpfe schüttelten ihn heftiger und unbarmherziger. Er redete im Delirium, aber er redete nicht mehr vom Sudan. Er sprach von uns beiden und er sprach von mir und Asmodeo. Ich war erleichtert, dass sich Asmodeo zu dem Zeitpunkt nicht im Raum befand. Es war schon schlimm genug, mir die Worte von Johannes alleine anzuhören. Johannes hatte in der letzten Nacht nicht geschlafen. Er hatte mitbekommen, wie Asmodeo weggegangen war. Er hatte mich weggehen gehört. Und er hatte uns gemeinsam zurückkehren sehen. In inniger Umarmung, eingewickelt in eine Decke, als Liebespaar. Er wusste, was vorgefallen war. Er hatte seine Gesundheit verloren und jetzt hatte er mich verloren.
Nach einer Weile beruhigte er sich. Er glitt in einen ohnmachtsähnlichen Schlaf. Ich blieb an seinem Bett sitzen, kühlte ihn, strich ihm das feuchte Haar aus der Stirn, während meine Tränen auf ihn herabfielen.
4
Es war früher Abend als Johannes unvermittelt wach wurde und mich ansah - mit seinen wundervollen Augen, dunkel wie flüssige, herbe Schokolade.
Er lächelte. Es war das Jungenlächeln, das ich so sehr liebte.
„Lilith.“ Er versuchte, mir über das Gesicht zu streichen.
„Johannes“, antwortete ich unter Tränen, nahm seine Hand, küsste ihre Innenfläche und hielt sie an meine Wange. Seine Hand war wärmer als gewöhnlich, wenn auch nicht mehr heiß. Sie wirkte erschreckend zerbrechlich und die Haut erschien mir spröde und rissig.
„Mir ging es nicht gut?“, fragte er mit belegter Stimme.
Bestätigend schüttelte ich den Kopf.
„Ich habe die ganze Zeit über gewusst, dass du da warst. Das war ein sehr schönes Gefühl“, meinte er und in seinen Augen war nur Liebe und Zärtlichkeit.
„Du hattest Fieber“, antwortete ich.
Er zögerte. „Hoffentlich habe ich keinen Unsinn geredet“
„Nein“, ich lächelte tapfer. „Du hast überhaupt keinen Unsinn erzählt.“
„Was macht Asmodeo?“, fragte er nach einer längeren Pause.
„Asmodeo ist mit dem Hund am Strand spazieren. Der arme Mozart ist den ganzen Tag nicht aus dem Haus gekommen. Er hat immerzu vor deiner Tür gewacht.“
„Ich habe Hunger“, wechselte Johannes urplötzlich das Thema. Er setzte sich auf, wirkte energiegeladen. „Und ich möchte aufstehen. Wenn du mir vielleicht den Rollstuhl ans Bett stellst und mir frische Kleidung gibst, dann ziehe ich mich um und komme heraus auf die Terrasse.“
„Soll ich dir nicht beim Umziehen helfen?“, erkundigte ich mich, misstrauisch über seinen plötzlichen Elan. Ich hatte große Bedenken, ob er sich nicht zu viel zumutete.
Er wischte meine Sorgen mit einer Handbewegung weg und lächelte mich zuversichtlich an. „Das schaffe ich alleine. Die Wunde ist geheilt.“
Ich musterte ihn, bis ich sicher war, dass er zurechtkam. „Ich mache dir gerne etwas zu essen. Worauf hast du denn Appetit?“
Johannes dachte nach. „Wenn ich ehrlich bin, hätte ich Lust auf Miesmuscheln. Die sind schön leicht.“
„Weißt du was?“, sagte ich, „du ziehst dich an und ich fahre schnell zu dem kleinen Fischerhafen und hole uns ein paar Kilo. Ich bin im Nu zurück und dann mache ich dir die besten Miesmuscheln der Insel. Was hältst du davon?“
„Das klingt einfach unwiderstehlich“, meinte Johannes betont fröhlich, dann wechselte seine Stimmung und er wurde mit einem Mal sehr ernst. „Und Lilith?... Ich liebe dich, bitte vergiss das nie.“
Ich stand bereits in der Tür. Die Dringlichkeit, mit der er die letzten Worte sprach, ließ mich stutzen. Ich kam zu ihm zurück, blickte in seine Augen und ging in ihnen unter. „Du weißt, dass ich dich ebenso liebe, Johannes, unabhängig davon, was war, was ist und was sein wird. Das wird sich nie ändern.“
Johannes nickte, immer noch ernst. „Dessen bin ich mir sicher, Lilith. Und ich hoffe, dass du nie an meinen Gefühlen für dich zweifelst.“
„Kein Zweifel“, sagte ich lächelnd, und täuschte einen Boxschlag auf seinen Oberarm an, um die ernste Stimmung zu durchbrechen. „Und jetzt mach dich fein und freu dich auf deine Muscheln.“
Ich beugte mich zu ihm herunter und küsste ihn. Er hielt mich fest, drückte mich. Es tat fast ein wenig weh.
„Fahr vorsichtig“, bat er mich.
„Aber immer, mein Liebling!“, gab ich ihm zur Antwort.
Ich verließ ihn, holte mir meinen Helm und zog mir Schuhe an. Bald bog ich auf die Bundesstraße ein. Es war ein warmer, sonniger Sommerabend, Scharen von kleinen Vögeln waren auf den
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