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Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Titel: Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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einschlafen wolle. Don Genaro schien belustigt. Seine Augen strahlten. Ich wollte weinen. Ich fühlte mich wie ein eingepferchtes Tier. »Mach ich dir Angst, kleiner Carlos?« fragte Don Genaro und schien wirklich besorgt. »Du siehst aus wie ein scheuendes Pferd.«
    »Erzähl ihm eine Geschichte«, sagte Don Juan. »Das ist das einzige, was ihn beruhigt.«
    Sie rückten von mir ab und setzten sich mir gegenüber. Beide sahen mich mit neugierigen, prüfenden Blicken an. Im Halbdunkel erschienen ihre Augen glasig, wie riesige dunkle Wasserlachen. Ihre Augen waren furchtbar. Das waren keine menschlichen Augen. Wir starrten einander einen Moment an, und dann wandte ich den Blick ab. Ich bemerkte, daß ich keine Angst vor ihnen hatte, und doch hatten ihre Augen mich so sehr erschreckt, daß ich zitterte. Ich empfand eine höchst unangenehme Verwirrung.
    Nach einem Augenblick des Schweigens drängte Don Juan Don Genaro, mir zu erzählen, was ihm passiert war, als er versuchte, einen Verbündeten mit Blicken zu bezwingen. Don Genaro saß in ein oder zwei Metern Entfernung mir gegenüber. Er sagte nichts. Ich schaute ihn an; seine Augen erschienen vier- oder fünfmal größer als normale menschliche Augen. Sie leuchteten und hatten eine unwiderstehliche Anziehungskraft. Das, was wie ein Licht von seinen Augen auszugehen schien, beherrschte alles um uns her. Don Genaros Körper schien geschrumpft zu sein und sah aus wie der Körper einer Katze. Ich bemerkte eine Bewegung seines katzenartigen Körpers und erschrak. Völlig automatisch, als hätte ich dies mein ganzes Leben lang getan, nahm ich eine »Kampfhaltung« ein und begann rhythmisch auf meine Wade zu klopfen. Als mir bewußt wurde, was ich tat, wurde ich verlegen und schaute Don Juan an. Er sah mich an wie immer. Seine Augen waren freundlich und beruhigend. Er lachte laut. Don Genaro machte einen schnurrenden Laut und ging ins Haus. Don Juan erklärte mir, daß Don Genaro sehr mächtig sei und nicht gern herumtrödelte und daß er mich mit seinen Augen nur auf die Probe gestellt hätte. Er sagte, daß ich, wie üblich, mehr wußte, als ich selbst glaubte. Er machte eine Bemerkung darüber, daß jeder, der mit der Zauberei zu tun hat, in den Stunden des Zwielichts furchtbar gefährlich sei und daß Don Genaro um diese Zeit Wunder vollbringen könne. Wir saßen ein paar Minuten schweigend da. Ich fühlte mich besser. Durch das Gespräch mit Don Juan entspannte ich mich und faßte wieder Vertrauen. Dann sagte er, er wolle etwas essen, und anschließend würden wir einen Spaziergang machen, bei dem Don Genaro mir eine Technik des Verbergens zeigen werde.
    Ich bat ihn, mir zu erklären, was er unter einer Technik des Verbergens verstand. Er sagte, er werde mir von nun an nichts mehr erklären, da das Erklären nur meinen Hang zum Sichgehenlassen verstärke.
    Wir gingen ins Haus. Don Genaro hatte eine Kerosinlampe angezündet und kaute an seinem Essen. Nach dem Essen gingen wir drei hinaus in den dichten Wüsten-Chaparral. Don Juan ging fast neben mir. Don Genaro ging uns ein paar Meter voraus.
    Es war eine helle Nacht, ein paar schwere Wolken hingen am Himmel, aber das Mondlicht war hell genug, um die Umgebung gut sichtbar zu machen. Irgendwann blieb Don Juan stehen und sagte, ich solle vorausgehen und Don Genaro folgen. Ich schwankte. Er stieß mich sanft vorwärts und versicherte mir, daß alles in Ordnung sei. Er sagte, ich solle stets bereit sein und auf meine eigene Kraft vertrauen. Ich folgte Don Genaro, und die nächsten zwei Stunden versuchte ich, ihn einzuholen, aber wieviel Mühe ich mir auch gab, ich konnte ihn nicht erreichen. Don Genaros Gestalt war immer vor mir. Manchmal verschwand er, als wäre er seitlich vom Weg gesprungen, nur um dann wieder vor mir aufzutauchen. Mir schien das Ganze ein seltsamer und sinnloser Marsch im Finstern zu sein. Ich ging mit, weil ich nicht wußte, wie ich zum Haus zurückkehren sollte. Ich verstand nicht, was Don Genaro tat. Ich glaubte, er wolle mich an irgendeine dunkle Stelle im Chaparral führen, um mir die Technik zu zeigen, von der Don Juan gesprochen hatte. Ab einem bestimmten Punkt aber hatte ich das eigenartige Gefühl, daß Don Genaro hinter mir war. Ich drehte mich um und erblickte in einiger Entfernung hinter mir eine Person. Die Wirkung war alarmierend. Ich bemühte mich, besser zu sehen, und konnte etwa fünf Meter von mir entfernt die Umrisse eines Mannes ausmachen. Die Gestalt verschmolz nahezu mit den

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