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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einem gesprochen. Im Mädchengymnasium ›Geschwister Scholl‹ gab es in ihrer Abiturklasse einen kleinen Club von fünf Mädchen, die Hasch rauchten. Nicht aus Sucht, sondern aus Neugier und weil es eben ›in‹ war: die Visitenkarte moderner Intellektualität. Man konnte dann in der Disko mitreden. Man hatte einen Joint im Handtäschchen. Monika hatte einmal, zwischen den Regalen im Kartenzimmer, zwei Züge genommen. Es schmeckte süßlich, so kotzerbärmlich, daß sie nach Hause mußte und sich dort ins Bett legte mit der Erklärung, sie habe ganz verrückt ihre Tage …
    Nein, sie war nicht der Typ, der sich an so etwas gewöhnen konnte. Wo andere high wurden, fiel sie einfach um.
    Aber Freddys Schicksal beschäftigte sie sehr. Er hatte ihr leid getan, als er da auf der Straße lag, zusammengeschlagen, wie Müll hinausgeworfen. Und ihr Mitleid, als sie seinen fortschreitenden Zusammenbruch erlebte, hatte alle Vernunft zum Schweigen gebracht. Sie hatte mit Kemal, dem Türken, gesprochen, hatte ihm ›reinen Afghanen‹ abgekauft, ›drei wunderbare Nadeln‹, wie Freddy es genannt hatte – aber zugleich auch der ›Goldene Schuß‹, wenn Freddy sich die ganze Menge geschossen hätte … Erst jetzt kam ihr voll zum Bewußtsein, was sie getan hatte, und daß sie jetzt mitschuldig war am Untergang eines Menschen.
    War Freddy noch zu retten? War er vielleicht zu retten, wenn sie sich um ihn kümmerte? War es jetzt nicht ihre Pflicht, Freddy nicht allein zu lassen mit seinem Gift, seiner Hoffnungslosigkeit, seiner Lebensangst – der ständig wachsenden Gefahr des frühen Todes?
    Neben Monika schellte das Haustelefon. Sie schrak zusammen, riß den Hörer hoch und sagte tonlos: »Ja?«
    »Das Essen, Kikak!«
    »Ich will nicht, Papa.«
    »Ganz magere Lummerkoteletts. Keine Gefahr für deine Kurven.«
    »Trotzdem, Papa …«
    »Mama sagt, du wärst noch nüchtern. Das geht nicht! Komm runter!«
    »Gut Papa.« Sie seufzte, legte auf und wußte plötzlich, daß sie Freddy wiedersehen mußte. In der Disko ›Number Sex‹. Er hat vielleicht nie ein Elternhaus gehabt, dachte sie. Nie Geborgenheit, nie Liebe, war immer allein mit seinen Problemen, keiner hörte ihm zu, alles fraß er in sich hinein. Und so wurden die Drogen seine Familie, wurden die Träume seine Heimat, wurde die Spritze zum Wunderheiler, die ihn von seiner Lebensangst befreite, von der Leere um ihn herum.
    Monika lief noch einmal ins Badezimmer, versteckte dort das blutige Taschentuch, das sie Freddy auf die Stirnwunde gedrückt hatte, wusch noch einmal ihre Hände und ging dann hinunter ins Eßzimmer.
    Maria und Eduard Barrenberg saßen am Tisch, vor ihnen der Fleischteller und die Schüsseln. Eduard kaute mit gutem Appetit, nickte seiner Tochter zu und sagte:
    »Man soll sich ja spätabends nicht den Wanst vollschlagen, – aber es schmeckt vorzüglich, Kikak. Bring aus der Bar den Kognak mit.«
    Das ist es, dachte Monika. Das fehlt ihm. Wer hat jemals zu Freddy gesagt: Das schmeckt vorzüglich? – Der hat sich sein Essen immer zusammensuchen müssen wie ein streunender Hund. Aber das kann man ändern, Freddy! Ich will dir dabei helfen …
    Dann saß sie hinter ihrem Teller, stocherte im Blumenkohl herum, kaute lange an einem Bissen Fleisch, als sei es Kaugummi, und trank zwei Gläser Rotwein, den Maria immer in eine geschliffene Karaffe abzufüllen pflegte. Ein mittelroter Burgunder. Maria trank ihn nicht, sie zelebrierte ihn. Auch das Weingut gehörte einem Onkel.
    Es kam selten vor, daß bei Eduard Barrenberg spätabends – jetzt war es schon nachts gegen 23.30 Uhr – das Telefon klingelte. Wenn um diese Zeit jemand anrief, hatte das meistens nichts Gutes zu bedeuten. Niemand greift kurz vor Mitternacht zum Telefon, um einen Witz zu erzählen.
    Barrenberg, gerade jetzt bei seinem geliebten Nachtisch, der roten Grütze, angelangt, seufzte laut, und sagte: »Nee! Das bißchen Familienleben laß' ich mir nicht nehmen! Soll der sich dusselig klingeln!«
    »Wenn es aber wichtig ist, Eduard?« Maria blickte Monika an. »Man weiß doch nie – um diese Zeit?«
    »Theoretisch schlafe ich schon!«
    »Ich geh' ran, Papa!« Monika erhob sich. Freddy kann es nicht sein, das wußte sie. Sie hatte ihm keine Adresse genannt, schon gar nicht die Telefonnummer. Sie ging ins Nebenzimmer, das Mama ›Herrenzimmer‹ nannte, nahm den Hörer ab und meldete sich.
    Eine Männerstimme, angenehm im Ton, fragte zurück: »Frau Barrenberg selbst?«
    Aus einem Impuls

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