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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Hörer und schrie hinein. »Ich brauche dich, Holger! Ich brauche dich! Ich muß irgend jemanden haben, mit dem ich reden kann. Holger – ich weiß nicht, was ich tun soll …«
    Wie ein heißes Eisen ließ sie den Hörer fallen, rannte zum Plattenspieler und drehte auf höchste Lautstärke. Dann warf sie sich auf das Bett und hämmerte mit den Fäusten in die Kissen.
    Holger Mahlert rief noch ein paarmal ihren Namen, ehe er auflegte. Entsetzt starrte er seinen Freund an.
    »Hast du das gehört?«
    »Ich bin zwar ein Idiot, wie du sagst, aber nicht taub.«
    »Monika ist in Not.«
    »Na na, das dürfte übertrieben sein.«
    »Du bist als Arzt eine Null! Du mußt doch die Verzweiflung in ihrer Stimme gehört haben! Sie braucht mich! Sie hat um Hilfe gerufen! Ich muß zu ihr!«
    »Wenn du aufstehen darfst …«
    »Morgen!«
    »Stell dich nicht so an. Du hast eine Wunde – und keine Hirninfektion.«
    »Ich hole Monika morgen von der Schule ab! So wahr ich hier liege!«
    »Und liegen bleibst! Ich binde dich fest, du Selbstverstümmler!«
    »Es geht um mehr als diese dumme Infektion. Monika ist in eine Grenzsituation geraten. Wenn ihr jetzt keiner hilft, stürzt sie ab!«
    »Du hast doch gar nicht die Kraft, sie aufzufangen. Noch nicht! Du kommst mit deiner Schwäche nicht mal bis zur Tür, geschweige denn mit dem Auto zur Schule. Sieh das doch ein, Holger! Aber bitte! Demonstrieren wir das mal!« Roßkauf riß ihm die Decke weg. »Los! Raus! Steh auf! Wandle! Denk an Lazarus, der auch sofort herumspringen konnte.«
    Holger Mahlert biß die Zähne zusammen, schob seine Beine über die Bettkante und stemmte sie auf den Fußboden. Dann sah er Roßkauf an.
    »Nein!« sagte Roßkauf. »Ich helfe dir nicht! Du bist doch so stark …«
    »Und wie!« Mahlert stützte sich ab, quälte sich hoch und stand. Er schwankte bedrohlich, seine Knie zitterten, er mußte sich am Bettpfosten festhalten und holte ein paarmal tief Atem.
    »Bis zur Tür sind es drei Meter fünfzig. Bis zu Monika einige Kilometer«, sagte Roßkauf ungerührt. »Hopp-hopp, du kühner Held!«
    »Rindvieh!« Mahlert machte den ersten Schritt. Sein Körper schien knochenlos zu sein, seine Muskeln waren weich wie Brei. Schon der zweite Schritt mißglückte, die Beine konnten den Körper nicht mehr halten. Roßkauf fing den Freund auf, bevor er hinstürzte und die Wunde wieder aufplatze. Mahlert klammerte sich an ihm fest und ließ sich zurück zum Bett schleppen.
    »Wunder gibt es nur in der Bibel!« sagte Roßkauf, als Mahlert schwer atmend auf der Matratze lag. »In der Medizin nennt man sie Spontanheilungen. Aber noch keine Stichwunde ist spontan verheilt. Und verlorenes Blut ist durch eine große Schnauze nicht zu ersetzen. Siehst du's endlich ein?«
    »Ich fahre morgen mittag zu Monika!« sagte Mahlert stur und legte die Hand auf seine Brust. Die Wunde brannte und stach. »Ich habe die ganze Nacht und den halben Tag Zeit, zu trainieren. Ich kann Monika nicht hängen lassen. Ich darf es nicht. Ich – ich habe Angst um sie.«
    Morgens gegen fünf Uhr wachte Peter Roßkauf von einem Geräusch auf und stürzte in Mahlerts Zimmer.
    Holger Mahlert tappte herum. Er schob einen Stuhl als Stütze vor sich her. Aber er stand aufrecht und ging. Sein Gesicht war schweißüberströmt und verzerrt.
    »Ich kann es!« sagte er. »Mensch, ich schaffe es! Bis Mittag kann ich vielleicht an einem Stock gehen.«
    Es war vorüber.
    Maria Barrenberg saß neben dem Champagner-Tischchen in einem Sessel. Die goldene Abendtasche lag, ein glitzernder Fleck, auf den dunklen Locken ihres Schoßes. Sie starrte Makaroff an, als sei er ein Tier, das sich in ihr Bett gedrängt und sie vertrieben hatte. Er lag auf dem Rücken, Schweißperlen glänzten in seinem dichten, schwarzen Brusthaar; zufrieden und gelöst rauchte er eine Zigarette. Auch eine marmorkühle Maria war eine herrliche Geliebte gewesen.
    »Wieviel Bilder hatte dein Film?« fragte sie plötzlich.
    »Sechsunddreißig. Ein normaler Kleinbildfilm.«
    »Du hast mir fünf Streifen gegeben. Fünf Streifen mit je sechs Bildern. Das sind erst dreißig.«
    »Gegen diese Rechnung läßt sich nichts sagen.«
    Der Bügelverschluß des Goldtäschchens knackte. Marias Hand umfaßte den Griff der Pistole. Er war warm, warm von der Hitze ihres Schoßes.
    »Du hast mich also doch betrogen!« sagte sie alarmierend ruhig. Jetzt hob Makaroff den Kopf und sah sie an. Er grinste und winkte ihr, mit der Zigarette zwischen den Fingern, zu.
    »Eine

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