Eine angesehene Familie
ein Hochzeitsdinner.«
Später stand er an dem großen Panoramafenster, blickte auf das verzaubert glitzernde abendliche Frankfurt und prostete der Stadt mit Champagner zu.
Das alles gehört mir, dachte er, von dieser Vorstellung zutiefst ergriffen. Ich beherrsche es: Dies – und alles drumherum … von den Alpen bis zur Nordsee, von der Ostsee bis zur Biskaya. Ich habe es in meinen Händen, und keiner weiß es. Ich sitze in ihrem Blutkreislauf, und jeder Herzschlag macht mich reicher!
Er hob noch einmal sein Champagnerglas, grüßte das Lichtermeer und trank. Dann warf er den Kelch gegen die getäfelte Wand, wo er mit einem schrillen Laut zerschellte.
Eduard Barrenberg!
Er starrte auf die Glasscherben, trat näher, zermalmte sie unter seinen Schuhsohlen und fragte sich, ob es nicht einfacher und eleganter sei, Barrenberg die gleiche Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, wie sie Kemal Özdogan genossen hatte.
Monika Barrenberg hatte sich gerade umgezogen und wartete in ihrem weißen kurzen Tennisrock und einer luftigen weißen Bluse am Rande des Spielfeldes III, als Holger Mahlert die Tennishalle betrat. Er blieb an der Tür stehen, atmete ein paarmal kräftig durch und versuchte dann, aufrecht und ohne Schwanken zu gehen.
Peter Roßkauf hatte ihn bis zur Halle begleitet und geführt: jetzt saß er in der ›Tennisschenke‹ bei einem Bier, starrte mißmutig in sein Glas und machte sich Vorwürfe, daß er Holger nachgegeben hatte. Er hatte einen Notarztkoffer bei sich und wartete jeden Augenblick auf eine aufgeregte Stimme: »Schnell einen Arzt!«
Mahlert winkte Monika zu und ging ihr mit ziemlich forschen Schritten entgegen. Aber als er zwei Meter vor ihr war, stach es entsetzlich in seiner Brust. Mit einer Reflexbewegung griff er an die dick verpflasterte Wunde und wußte, daß er jetzt trotz des braunen Make-ups, kreideweiß aussah.
Monika reagierte sofort. »Was hast du?« fragte sie. »Du wirst ja ganz blaß! Ist dir nicht gut, Holger?«
»Eine dumme Geschichte, Moni.« Er küßte sie auf beide Wangen und übersah dabei, daß ihre Augen unnatürlich weit und glänzend waren und ihr gesamtes Wesen von einer exaltierten, überdrehten Fröhlichkeit beherrscht war. Der kleine Schuß, den sie sich vor dem Tennisspiel gegeben hatte, tat seine Wirkung. Das Leben war so schön wie selten, der ganze Jammer über ihre Familie verwehte wie dünner Morgennebel nach dem Aufsteigen der Sonne.
»Ein Autounfall …« sagte Holger Mahlert.
»Mein Gott, der schöne Wagen ist hin?«
»Nur ein Scheinwerfer, vorn links.« Mahlert lächelte begütigend, obwohl ihm der stechende Schmerz schwer zu schaffen machte. »So ein blöder Kerl setzt an der Ampel zurück, weil er zu weit nach vorn gefahren ist, und – rumm – knallt er auf meinen Kühler. Ich falle nach vorn und pralle auf das Lenkrad. Rippenquetschung, natürlich. Als ich wieder ganz klar bin, ist der Bursche bei Grün abgezischt, ohne sich um mich zu kümmern.«
»Den kann man kriegen! Die Autonummer …«
»Ich war in diesem Augenblick durch den Aufprall so verwirrt, daß ich an eine Autonummer gar nicht gedacht habe. Hinter mir hupten sie wie verrückt, ich stand ja auf der Kreuzung, blockierte alles. Da bin auch ich weiter und sofort ins Krankenhaus. Röntgen, drei Rippenbrüche, Bandagen, Bettruhe.«
»Und statt dessen stehst du jetzt hier?!«
»Ich mußte dich sehen, Monika!«
»Du gehörst ins Bett!«
»Ich weiß. Aber –«
»Zurück ins Kissen!« Monika streckte den Arm aus. »Du fährst sofort nach Hause und legst dich wieder hin! Wenn du mir das am Telefon gesagt hättest …«
»Dann hätte ich dich nicht gesehen.«
»Doch! Ich wäre nicht zum Tennis gegangen. Ich wäre sofort zu dir gekommen!«
»Daran habe ich nicht gedacht«, sagte Mahlert. Er spürte, wie seine Knie nachgaben. Um das zu überspielen, stützte er sich auf die Lehne eines Stuhles, der am Rande des Spielfeldes stand. »Darauf habe ich nie gehofft …«
»Das wäre doch selbstverständlich gewesen, Holger.«
»Was ist heute noch selbstverständlich?!« Er blickte auf das Spielfeld, wo gerade ein Matchball das Spiel beendete. Die beiden Herren in Weiß kamen an das Netz, drückten sich sportlich die Hand, legten Frottee-Handtücher um ihren schwitzenden Hals und gingen schnell zu den Duschen. »Bist du jetzt dran, Moni?«
»Eigentlich ja. Aber ich kann verschieben, ich sprech mal eben mit meinem Trainer. Geh schon voraus in die ›Klause‹, ich komme sofort nach. Und
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