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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Von dort aus fuhren wir nach St. Moritz.«
    »Und entdeckten Oberst Arbil. Er war der nächste Gimpel, was?«
    Er starrte mich ganz verblüfft an. »Arbil ein Gimpel? Wie kommen Sie denn auf die Idee?«
    »Durch die Polizei. Sie hat damals den Bericht von Interpol gefordert. Sie wußten doch, daß Sie überwacht wurden, nicht?«
    Er lachte. »Die Schweizer überwachen ständig irgendwelche Leute. Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Warum haben Sie sich dann aber nach Italien abgesetzt?«
    »Abgesetzt?« Jetzt war er verärgert. »Ich reiste ab. Wer erzählt hier eigentlich die Geschichte?«
    »Also gut. Erzählen Sie weiter.«
    »Die Sache verhielt sich so. Arbil war zum Bobfahren nach St. Moritz gekommen. Aber er kam nicht dazu. Kaum hatte er einen Blick auf Lucia geworfen, verliebte er sich auch schon bis über beide Ohren in sie. Wir konnten ihn nicht mehr loswerden. Und dann, nach ein paar Tagen, packte es auch Lucia, und plötzlich lag ihr gar nichts mehr daran, ihn loszuwerden. Statt dessen wollte sie mich loswerden.«
    »Und deshalb fuhren Sie ab?«
    »Wir sprachen uns aus. Lucia ist kein leichtes Mädchen, müssen Sie wissen. Sie steigt nicht gleich mit jedem ins Bett. Sie war einfach verrückt nach ihm. Sie bot mir ihren Anteil aus dem Münchner Geschäft an, wenn ich mich zurückzöge. Da wußte ich, daß sie nicht weiter mit mir zusammenarbeiten würde.«
    »Sie nahmen also das Geld an.«
    Er schüttelte den Kopf. »Lucia ist ein liebes Kind, aber …« Er stockte, als habe er vergessen, was er hatte sagen wollen.
    Seine Frau war wieder ins Zimmer gekommen. Sie beendete den Satz für ihn. »Es war nicht anzunehmen, daß sie rachsüchtig sein würde, verstehen Sie, aber es war besser, wenn sie in bezug auf das Geschäft den Mund halten mußte , in ihrem Interesse wie auch in unserem.«
    »Adèle meint die westdeutsche Einkommensteuer«, erläuterte er.
    Sie lächelte. »Gewiß, die Steuer. Niemand spricht gern von der Einkommensteuer, nicht wahr?«
    Das Mädchen brachte den Kaffee. Sanger holte Kognakgläser.
    »Wann haben Sie Lucia zum letztenmal gesehen?« fragte ich ihn.
    »An dem Tag, als ich St. Moritz verließ.«
    Seine Frau reichte mir eine Tasse Kaffee. Ihre Hand hielt in der Bewegung einen Augenblick inne, und sie wandte ihrem Mann den Kopf halb zu, als wollte sie seiner Erklärung etwas hinzufügen. Dann schien sie es sich anders zu überlegen. Ich nahm den Kaffee, dankte ihr und stellte ihn auf den kleinen Tisch neben mir. Sanger stand am andern Ende des Raumes und schenkte Kognak ein.
    Ich senkte meine Stimme, so daß er mich nicht hören konnte. »Sie müssen verstehen, Madame, daß ich in einer dummen Lage bin. Die New Yorker Redaktion übt eine Pression auf mich aus. Ich muß eine Geschichte über Lucia Bernardi schreiben. Sie haben gehört, daß Ihr Mann gesagt hat, ich sei ein Erpresser, und Sie haben gehört, daß ich es zugegeben habe. Die Sache gefällt mir gar nicht, aber ich kann nichts machen. Ich bin auf die Hilfe Ihres Mannes angewiesen.«
    »Ich bin sicher, daß er tun wird, was in seiner Macht liegt.«
    »Gewiß.« Er stellte ein Glas Kognak neben mich.
    Ich sah zu ihm auf. »Sind Sie sicher, daß Sie nicht wissen, wo sie ist, Mr. Sanger?«
    »Wenn ich es wüßte, würde ich es Ihnen sagen.«
    »Wirklich?«
    »Warum nicht?«
    »Wie wollen Sie mir aber helfen, wenn Sie es wirklich nicht wissen?«
    Er setzte sich mir gegenüber und nahm seine Kaffeetasse in die Hand. »Ich werde sie für Sie finden.«
    »Wissen Sie, wo Sie suchen müssen?«
    »Ich denke da an einige Orte.« Er trank langsam seinen Kaffee und stellte die Tasse dann wieder ab. »Ich werde Ihnen helfen, so gut ich kann«, sagte er. »Ich werde Ihnen helfen, weil das in meinem eigenen Interesse liegt. Aber es wird einige Zeit in Anspruch nehmen.«
    Ich überhörte den letzten Satz. Offenbar versuchte er, Zeit zu gewinnen. Wenn er nicht wußte, wo sie sich aufhielt, blieb ihm nichts anderes übrig, als mich hinzuhalten und das Beste zu hoffen.
    »Erzählen Sie mir von diesen Orten.«
    Er antwortete nicht gleich, sondern sah seine Frau an. »Liebling, erinnerst du dich noch, als du Lucia zum erstenmal sahst, und wir sie zum Essen bei Fouquet’s einluden? Erinnerst du dich daran, daß sie vom Skilaufen erzählte, und wieviel ihr daran lag?«
    Seine Frau nickte. »Ja, daran erinnere ich mich.«
    »Nun, als ich mich entschloß, nach St. Moritz zu fahren, kamen wir wieder darauf zu sprechen. Sie ärgerte sich, weil sie die

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