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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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daß sie keine Verleumdungsklage einfangen«, murmelte er.
    »Das tun sie immer, vor allem bei der europäischen Ausgabe.«
    »Ein französischer Staatsbürger könnte einem amerikanischen Magazin vor einem französischen Gericht ganz schön Unannehmlichkeiten bereiten.«
    »Weil es schreibt, daß Philip Sanger mit Patrick Chase identisch ist? O nein. Das ist bereits aktenkundig bei Interpol. Die Erklärung, warum Sie auch Patrick Chase sind, könnte üble Nachrede sein, aber falls sie das ist, werden sie sie weglassen.«
    Er schwieg einen Augenblick, dann schob er seinen Teller weg. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir jetzt zurückfahren?« fragte er. »Adèle wird sich schon Sorgen machen. Ich könnte sie anrufen, aber im Fernsprechamt hören sie mit.«
    Es folgte eine Pause. »Nicht daß ich irgend etwas Angenehmes mitzuteilen hätte«, fuhr er langsam fort, »aber sie wird das Schlimmste befürchten.« Wieder sah er mir in die Augen. »Wenn es nur um mich ging, würde ich mir nicht so viele Sorgen machen. Es ist ihretwegen.«
    Vielleicht sagte er die Wahrheit.
    Wir hatten den ganzen Tag während des Fahrens kein Wort gewechselt, und schweigend fuhren wir nach Mougins zurück. Ein paarmal musterte er das Handschuhfach, in dem der Fotoapparat war. Wahrscheinlich überlegte er, ob es der Mühe wert sein würde, Gewalt anzuwenden, um die Aufnahmen, die ich von ihm hatte, zu vernichten. Offensichtlich fand er es nicht der Mühe wert. Als ich vor der Auffahrt zu La Sourisette anhielt, stieg er aus und ging, ohne ein Wort zu sagen, ins Haus.
    Ich sah ihm nach und blieb noch ein Weilchen sitzen, als er schon verschwunden war. Ich hätte diese 50000 Dollar gern gehabt. Schade, daß ich sie nicht hatte nehmen können.
    Ich fuhr zurück zum Gasthof.
    Er hatte recht gehabt in bezug auf die Befürchtungen seiner Frau, aber unrecht, was die Art betraf.
    Sie saß an einem der Tische im Garten des Gasthofs und wartete auf mich. Vor ihr stand ein Glas.
    Als ich näher kam, stand sie auf. Statt der langen Hosen trug sie jetzt einen Rock, der sie jünger machte.
    Ich begann mit einer Höflichkeitsphrase, aber sie fiel mir ins Wort.
    »Ich muß mit Ihnen sprechen, Monsieur.«
    »Bitte, Madame. Es tut mir leid, daß mein Zimmer nicht sehr groß ist. Wir könnten in die Bar gehen.«
    Sie blickte sich kurz im Garten um. Der concierge konnte uns zwar von seinem Fenster aus sehen, aber es war niemand da, der uns hätte belauschen können. »Hier geht es schon«, sagte sie.
    Wir setzten uns. Ich hielt es für geraten, die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
    »Leider muß ich Ihnen sagen, Madame, daß unsere heutige Fahrt völlig ergebnislos verlaufen ist«, begann ich.
    »Oh, das wußte ich im voraus.« Sie lächelte schwach. »Aber mein Mann war wirklich der Meinung, daß eine Chance bestehe, sie dort anzutreffen. Ich konnte ihm nicht sagen, daß er sich irrte.«
    »Sie meinen, Sie wußten, daß die alte Äthersäuferin gestorben war?« Wie dumm von mir. Sie hatte ja erst gestern durch ihren Mann von der Existenz der alten Dame erfahren.
    »Ich will damit sagen, ich wußte, daß Lucia nicht in Peira-Cava ist.«
    »Weil Sie wußten, daß sie sich an einem anderen Ort aufhält?«
    »Ja.«
    »Und Ihr Mann wußte das nicht?« Der messerscharfe Verstand des großen Reporters bahnte sich einen Weg zu dem, was auf der Hand lag.
    Sie nickte. »Gestern abend«, sagte sie, »habe ich Sie etwas gefragt. Sie sagten, daß Sie nicht daran interessiert seien, Lucia der Polizei oder sonst irgend jemandem auszuliefern, sondern daß Sie nur ein Interview von ihr wollten. Dann könne sie wieder verschwinden. Ich habe Sie gefragt, ob Sie das tatsächlich ernst meinen. Nun – meinen Sie es ernst?«
    »Gewiß. Wissen Sie, wo Lucia sich aufhält, Madame?«
    Sie zögerte einen Augenblick, dann nickte sie. »Ja, ich weiß es. Sie hat sich an mich um Hilfe gewandt – an mich , die ich sie kaum kannte. Vielleicht mochte sie mich und vertraute mir, obgleich ich ihr nur zweimal begegnet bin und nur wenige Stunden mit ihr beisammen war.«
    »Wo ist sie, Madame?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber eher unentschlossen als ablehnend. Ich wartete. Sie nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Glas und starrte auf eine Schale mit Hyazinthen, die auf dem Nebentisch stand.
    Ich sagte: »Ihr Mann hat mir gestern abend erzählt, daß er sie nicht mehr gesehen hätte, seit er aus St. Moritz abgereist sei. Das stimmt doch nicht, oder?«
    Sie richtete den Blick

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