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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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zusammenzuarbeiten. Das mußten sie tun, nicht nur, um den unvermeidlichen Verdacht, daß die Story ein Schwindel sei, zurückzuweisen, sondern auch, um zu erklären, warum sie den Mann, der Lucia Bernardi interviewt hatte, nicht vorzuzeigen vermochten, damit die Polizei ihn befragen konnte.
    Es würde interessant sein, zu sehen, wie Sy mit diesem Problem fertig werden würde. Er konnte nicht gut behaupten, daß ich psychisch labil sei, ohne sowohl der Story als auch dem Magazin zu schaden. Ich nahm an, er würde den arglosen ehrlichen Mann spielen und sagen, daß er nicht wisse, was passiert sei; daß er mich am Flugplatz von Nizza erwartet habe und daß ich nicht erschienen sei. Den Zettel, den ich ihm geschrieben hatte, würde er ganz bestimmt nicht erwähnen. Er würde sagen, daß er nach meiner überstürzten Abreise aus Mougins natürlich gedacht hätte, die Geschichte habe eine unvermutete Wendung genommen, und ich jage hinter ihr her. Jetzt sei er ernsthaft um mich besorgt und würde sich über jede Hilfe von Seiten der Polizei und der Presse freuen. Im Büro befand sich eine Fotoserie von mir, die für Presseausweise bestimmt war. Diese würde zur Verfügung gestellt werden. Ich war darauf gar nicht schlecht getroffen. In Nizza gab es eine Anzahl von Leuten, die mich sofort erkennen würden.
    Die europäische Ausgabe von World Reporter wird in Frankfurt gedruckt und unverpackt per Luftpost versandt. Es war durchaus möglich, daß ein Mann von einer Nachrichtenagentur die Story in die Hand bekommen würde, bevor das Magazin selbst erschien; möglicherweise am Sonntag abend, wenn die Leute von der Luftfracht mit der Verteilung anfangen. In diesem Fall würden einige der französischen Morgenblätter in ihrer Montagausgabe das Wesentliche der Story bringen, und die Abendblätter hätten Zeit, um ins Detail zu gehen. Spätestens am Montag nachmittag würde ich Schlagzeilen machen.
    Wir waren beide jetzt Flüchtlinge, wie Lucia gesagt hatte. Bis Montag würde ich ein Versteck finden müssen, das so gut war wie das ihre. Ich konnte mir nur eines vorstellen.

Fünftes Kapitel
I
    Es war knapp vor zehn Uhr, und ich trank meine zweite Tasse Kaffee. Ich hatte vorgehabt, den Vormittag in meinem Zimmer zu verbringen und dann, auf dem Weg in die Garage, einen Hut zu kaufen. Skurleti war jetzt sicher dabei, die Häuser abzuklappern. Da ich ihm zwei Adressen in Cagnes gegeben hatte, war es möglich, daß er mich dabei erwischen würde, wie ich zu Lucia fuhr. Mit einem Hut, so dachte ich, würde er mich im Wagen kaum erkennen. Für den Fall, daß die Sonne aus dem Morgennebel hervorkam, würde ich mich auch noch hinter einer Sonnenbrille verstecken.
    Ich hatte seit der Schulmütze in England keine Kopfbedeckung mehr getragen. Eben als ich überlegte, ob ich einen Filz- oder einen Strohhut kaufen sollte, einen teuren oder einen billigen, einen hellen oder einen dunklen, läutete das Telefon.
    Das Geräusch ließ mich in die Höhe fahren. Der einzige Mensch, der wußte, daß ich hier war, war Lucia, und ich hatte nicht erwartet, daß sie mich anrufen würde. Überdies wußte sie nicht, daß ich mich mit meinem richtigen Namen hatte eintragen müssen. Sie würde nach Pierre Mathis fragen und dann feststellen …
    Ich griff hastig nach dem Hörer und sagte: »Hallo.«
    »Monsieur Maas?« Es war die Telefonistin vom Hotel. »Hier ist ein Anruf für …« Sie unterbrach und sagte dann entschuldigend. »Tut mir leid, aber der Anrufer hat nicht gewartet.«
    »Welcher Anrufer?«
    »Er hat seinen Namen nicht gesagt.«
    »Ein Mann oder eine Frau?«
    »Ein Mann, Monsieur.«
    »Was hatte er für eine Stimme? War es ein Franzose?«
    »O ja. Möglicherweise ein Marseillaner.«
    »Wollte er mich sprechen?«
    »Er fragte, ob Sie im Hotel wohnen. Ich wußte es nicht und sah deshalb auf der Liste nach. Als ich Ihren Namen fand, sagte ich, daß ich das Gespräch in Ihr Zimmer legen würde, aber er hat nicht gewartet. Falls er noch einmal anrufen sollte …«
    »Ja, natürlich. Vielen Dank.«
    Es lag auf der Hand, daß der Kollege aus Marseille den Auftrag bekommen hatte, alle Hotels anzurufen. Jetzt hatte er das gewünschte gefunden und sofort aufgelegt, um mich nicht zu warnen.
    Ich mußte von hier weg, und zwar schnell. Falls sie noch in Mougins waren, hatte ich genug Zeit. Waren sie aber schon in Nizza, dann wurde die Angelegenheit schwierig.
    Ich hatte mich noch nicht rasiert, nicht einmal die Zähne hatte ich geputzt. Ich fuhr in die

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