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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Kleider von gestern, warf die übrigen Sachen in eine Reisetasche und ging die Treppe hinunter. Das dauerte nicht länger als fünf oder sechs Minuten. Fünf Minuten später war die Rechnung ausgestellt und bezahlt.
    Es bestand keine Hoffnung, sofort vor dem Hotel ein Taxi zu finden. Ich überquerte die Straße und eilte den Quai Papacino entlang, eine lebende Zielscheibe. Eine Dampffähre lag vor Anker, am Heck ein großes Schild: ATTENTION AUX HELICES. Das war eine passende Warnung. Ich bog in eine Nebenstraße mit einem Einbahnzeichen ein, die vom Hafengebiet wegführte. Sie konnten mir in diese Straße nicht mit dem Auto folgen. An der Place Garibaldi nahm ich ein Taxi und fuhr in die Nähe des Bahnhofs, zum Hotel, in dem ich zuerst logiert hatte.
    Zum Glück war ein Zimmer frei. Ich murmelte etwas von einer Änderung meiner Pläne. Kurz danach war ich wieder als Pierre Mathis registriert. Ich nahm ein Bad, zog mich an, ging hinunter und fragte nach dem Weg zum nächsten Herrenbekleidungsgeschäft. Es war ein billiges Kaufhaus, das keine große Auswahl an Hüten hatte, und auch an Hutgrößen nicht. Ich nahm den ersten, der mir paßte, einen gewöhnlichen grauen Filzhut mit breiter Krempe und tiefschwarzem Band. Der Verkäufer sagte, er habe Klasse und sei der einzige seiner Art, den sie noch hätten. Offenbar war er darauf aus, das Ding loszuwerden. Ich sah schäbig und ärmlich aus mit dem Hut, aber ich tat, als gefiele mir das. Es gelang dem Verkäufer nicht, seine Verachtung zu verbergen. Ich verließ den Laden und ging in die Garage, holte den Wagen und fuhr, den Hut tief in die Stirn gezogen, nach Antibes. Es blieb mir noch viel Zeit, bevor ich Lucia traf, und ich zog es vor, sie außerhalb Nizzas zu verbringen. Ich mußte mir auch noch darüber klarwerden, wie ich das Interview hinkriegen konnte. Ich konnte dabei nicht ständig über die Schulter nach Verfolgern Ausschau halten, sondern brauchte Ruhe.
    Nach einem guten Mittagessen und einer Flasche Wein sah die Sache ganz einfach aus. Lucia wollte Informationen, und ich konnte ihr einige geben. Lucia wollte mich ausnützen, und ich war gewillt, mich ausnützen zu lassen. Ein offenes Wort konnte aber nichts schaden. Es war mir klargeworden, daß ihre Abneigung gegen das Interview nur vorgetäuscht gewesen war. Sie hatte Adèle Sanger hinters Licht geführt. Ich hatte nicht die Absicht, mich auch hinters Licht führen zu lassen. Ich wollte die Wahrheit hören.
    Nach dem Essen fuhr ich durch St. Paul nach Vence und dann durch eine Nebenstraße nach Cagnes hinein. Dank diesem Umweg kam ich zur Rue Carponière, ohne das Stadtzentrum durchqueren zu müssen. Ich parkte wieder vor Nummer 5 und ging zu Nummer 8 hinauf.
    Lucia wartete auf mich in der offenen Haustür. Sie starrte auf meinen Hut. Ich nahm ihn ab.
    »Warum tragen Sie dieses Ding? Sie sehen lächerlich aus damit. Als Sie aus dem Wagen stiegen, hätte ich Sie kaum erkannt.«
    »Das war der Zweck.«
    »Daß ich Sie nicht erkennen sollte?«
    »Daß andere Leute mich nicht erkennen.«
    »Warum? Was ist geschehen?«
    »Einiges.«
    Sie wartete darauf, daß ich weitersprach. Als ich schwieg, zuckte sie leicht die Schultern und ging in das Terrassenzimmer. Ich folgte ihr.
    »Sie haben am Telefon sehr geheimnisvoll getan«, sagte sie. »Was haben Sie über Skurleti herausbekommen? Was will er?«
    »Sie sehen.«
    »Woher wissen Sie das? Hat er es Ihnen gesagt?«
    Ich setzte mich, ohne eine Antwort zu geben, und zündete mir eine Zigarette an.
    Ungeduldig starrte sie mich an. »Nun?«
    »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie Lucia nenne? Es geht dann leichter.«
    »Wie Sie wünschen. Schließlich heiße ich so.«
    »Nun denn, Lucia. Bevor ich Ihnen noch irgend etwas erzähle, werden Sie mir einiges erzählen müssen. Das haben wir gestern so vereinbart. Erinnern Sie sich?«
    »Nicht genau. Wir haben so viel geredet.«
    »Gestern erwähnten Sie › die Italiener‹. Sie wollten mich glauben machen, daß es Ihnen so herausgerutscht sei. Aber das glaube ich nicht. Ich glaube eher, daß Sie mir einen Wink geben wollten.«
    Sie sah mich belustigt an. »Was für einen Wink denn?«
    »Daß Sie nicht annähernd so verstört und hilflos waren, wie Adèle Sanger geglaubt hat. Daß Sie der Situation nicht ausgeliefert waren, sondern sie beherrschten.«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Aus Freude an der Intrigue. Sie wollten mir etwas beibringen.«
    »Ich verstehe Sie nicht.« Jetzt sah sie nicht mehr belustigt

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