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Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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verzweifelte Lage zu schreiben, und verschwindet dann!« Seine Stimme war voll Verachtung als er fortfuhr: »Und was tut unsere ritterliche Polizei? Sie gibt bekannt, daß sie ein paar Fragen zu stellen habe. Was machen unsere Kollegen von der Presse? Sie machen Witze. Solche Witze sind nicht zum Lachen. Monsieur Maas hat Mademoiselle Bernardi gefunden, als die Polizei versagt hat. Monsieur Maas hat sich als scharfsinniger erwiesen als seine anmaßenden Kollegen. Wir hoffen von ganzem Herzen, daß er und die Frau, die er zweifelsohne schützt, gefunden und in Sicherheit gebracht werden, bevor man auch sie foltert und tötet. Vielleicht läßt sich die Polizei dazu überreden, für einen Augenblick ihre verletzte Eitelkeit zu vergessen und ihre Pflicht zu erfüllen – wenn sie überhaupt weiß, was das ist.«
    Natürlich hatte er das Herz auf dem rechten Fleck; aber er machte mich unsicher, und zwar in verschiedener Hinsicht.
    Kurz nach acht kam Lucia ziemlich aufgeregt an. Sie hatte Schwierigkeiten gehabt, World Reporter zu bekommen. Am Zeitschriftenstand auf dem Bahnhof war er schon ausverkauft gewesen. Es hatte einen wahren Ansturm auf das Blatt gegeben. Sie hatte nicht gewagt, einen Laden zu betreten. Schließlich hatte sie ein Exemplar an einem Kiosk in der Avenue de la Victoire ergattert. Ich las den Artikel, während sie Vorbereitungen für das Abendessen traf.
    Sy Logan oder jemand in New York oder beide zusammen hatten die Story sehr geschickt aufgezogen. Nach einer kurzen Rekapitulation des Geschehens in Zürich und der erfolglosen Suche nach Lucia hieß es:
    »Letzte Woche rief ein Mitarbeiter von World Reporter, der in Südfrankreich einer Sache nachging, die Pariser Redaktion an und teilte mit, daß er zufällig auf die Spur von Lucia Bernardi gestoßen sei. Sollte er ihr folgen? Da es sich natürlich auch um eine Mystifikation handeln konnte, war World Reporter verständlicherweise vorsichtig. Der Reporter wurde angewiesen, mehr in Erfahrung zu bringen. Am Donnerstag abend machte er in einem Haus in der Nähe von Nizza ein Interview mit einer Frau, die behauptete, Lucia Bernardi zu sein, sich aber weigerte, fotografiert zu werden, und auch die Anwesenheit von Zeugen nicht gestattete. Hier folgt nun der Wortlaut des Tonband-Interviews.«
    Es folgte eine Version des Interviews, geschickt redigiert und gekürzt auf zwei Spalten, ganz wie es World Reporter entsprach. Sie brachten ein Bild von Lucia im Bikini. Darunter stand:
    »LUCIA BERNARDI – Ist sie es, oder ist sie es nicht?«
    Der Artikel schloß mit einer scherzhaften Bemerkung:
    »Wenn die dunkle Dame des Interviews wirklich Lucia Bernardi ist, dann hat die Schweizer Polizei Stoff zum Nachdenken; wenn sie es nicht ist, dann hat Frankreich vielleicht einen neuen Kriminalschriftsteller.«
    Mit anderen Worten: World Reporter hatte die Sache so glatt und elegant erledigt, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war.
    Nice Soir zitierte den Artikel ausführlich und hob jene Stellen des Interviews hervor, die von der Zürcher Polizei bestätigt worden waren. Wie ich erwartet hatte, war auch mein Konterfei zu sehen, unter den fetten Lettern: MAINTENANT, C’EST ›CHERCHEZ L’HOMME‹.
    Ich las nicht, was sie über mich sagten.
    Lucia war aus der Küche zurückgekommen und schenkte sich ein Glas ein.
    »Haben Sie es gelesen?« fragte ich.
    Sie nickte. »Ich habe auf der Corniche angehalten und die Taschenlampe benutzt. Es tut mir leid, aber ich konnte es einfach nicht erwarten, zu lesen, was sie über die Aufzeichnungen sagten.«
    »Ich glaube, was gesagt wurde, genügt für unsere Zwecke.«
    »O ja. Farisi wird es verstehen.«
    »Und das Komitee.«
    »Ja, das Komitee auch.«
    Ich ging zur Kommode und holte den Revolver heraus. »Ich glaube, ich nehme ihn heute abend lieber mit.«
    »Wenn Sie glauben, ja. Aber Sie sagten doch, Skurleti habe Nizza verlassen. Das Komitee wird ihn nicht so schnell finden.«
    »Ich habe nicht an das Komitee gedacht. Ich habe an Skurleti gedacht. Vielleicht wählt er eine billigere Art, das zu bekommen, was er haben möchte. Ich werde allein dort sein. Was sollte ihn davon abhalten, ein paar Gangster hinzubestellen? Es gibt dort eine Menge netter, ruhiger Plätze, wo sie mich hinbringen könnten. Sie würden mich sicher bald weichkriegen.«
    Sie blickte mich jetzt neugierig an. »Glauben Sie das wirklich?«
    »Wenn ich ernsthaft darüber nachdenke, nicht. Ich glaube nicht, daß Skurleti die Dinge auf diese Weise

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